Nach dem Frühstück geben wir an der Rezeption Bescheid, dass uns das Auto wieder gebracht wird und das dauert. Ein Blick auf die Uhr zeigt, dass es schon nach halb zehn ist, als wir die engen Gassen von Sevilla durchfahren, um die Stadt zu verlassen.

Wir überqueren die Puente del Alamillo, eine 250 Meter lange Schrägseilbrücke über den Guadalquivir, die aussieht wie eine Harve.

Es dürfte heute ein schöner Tag werden, denn es hat bereits 18 Grad und es weht nur ein leichtes Lüftchen. Und das ist perfekt für unser erstes Highlight des Tages, nämlich die Ausgrabungsstätte Itálica, ca. 8 km von Sevilla entfernt.

Im Jahr 206 entstand diese römische Siedlung erst für Kriegsveteranen, dann nahm die Bedeutung der Stadt rasch zu. Die Familien der römischen Kaiser Hadrian und Trajan waren hier beheimatet.

Nach der maurischen Eroberung aber ging die Bedeutung verloren und die Stadt zerfiel. Erst im 18. Jhdt. wurde mit ersten Ausgrabungen begonnen, wobei heute große Teile unter der nahe gelegenen Stadt Santiponce liegen.

Als EU-Bürger haben wir kostenlosen Zutritt auf das Gelände und schon nach wenigen Schritten taucht vor uns das kolossale, ovale Amphitheater auf. Einst fanden hier etwa 25.000 Zuschauer Platz im größten spanischen Theater mit einer Länge von 160 Metern. In einigen unterirdischen Abschnitten können wir das Feeling der Menschen und Tiere von damals nachfühlen.

Dann setzen wir unseren Spaziergang durch die ehemaligen Straßen fort, wo wir wunderschöne und beeindruckende Mosaikfußböden der einstigen Wohnhäuser betrachten können. Seien es schöne geometrische Muster oder auch Tiere und Figuren, die mit den kleinen Steinchen zusammengefügt wurden, sie rufen alle Begeisterung in uns hervor. Berühmt ist dabei das Neptun-Mosaik mit vielen Tieren und Kampfszenen. Im Casa de los Pájaros wurden in 42 Feldern verschiedene, bunte Vogelmotive verlegt – wunderschön. Nicht weit daneben ein toller Boden in dessen Mitte das Haupt der Medusa und rundherum Blumen und Ornamente dargestellt werden. Wir besuchen Kaiser Trajan in seinem Tempel, oder besser, von dem was noch vorhanden ist. Mit Infotafeln und animierten Zeichnungen sind Tempel, Villen und Häuser dargestellt und beschrieben, leider aber nur in spanischer Sprache. So versuchen wir mit unseren wenigen Spanischkenntnissen in Kombination mit Englisch das Wichtigste herauszufinden.

Auch Reste von Statuen des Trajan, Venus und Diana begegnen uns auf dem Rundweg. Leider beginnt es zu nieseln und das mögen wir grad gar nicht.

Etwas abgelegen kommen wir zu Mosaiken, die überdacht und abgeriegelt sind, da an denen gerade gearbeitet wird. Im Casa del planetario sind Köpfe von sieben Planeten, wie Venus, Jupiter, Saturn oder Merkur auf dem Boden zu sehn.

Umgeben ist das Gelände mit alten, knorrigen Olivenbäumen und Rapsfeldern, die gerade in voller gelber Blüte stehen. Als wir uns dem Thermengelände nähern, stapfen Wildenten auf uns zu. Von einem Aussichtsplateau können wir auf die Innenräume der teilweise freigelegten Thermen sehen.

Itálica wurde 1989 zum Parque arqueológico umgewandelt und zum archäologischen Denkmalkomplex erklärt und seitdem geht die Arbeit unentwegt weiter.

Wir haben uns lange hier aufgehalten und daher landen wir zur Mittagszeit in einen Stau, als wir wieder Richtung Sevilla zurückfahren. Das arbeitende Volk verlässt die Stadt und ist auf dem Nachhauseweg, schließlich beginnt ja das Wochenende. Wir werden Zeuge, als uns auf einer Brücke ein Fahrstreifen weggenommen, mit Lichtern am Boden markiert und dann dem Gegenverkehr zugewiesen wird. Interessant, aber der Verkehr bleibt dadurch flüssig und in Nullkommanix sind wir aus der Stadt wieder draußen und fahren auf der Autovía Richtung Ronda. Laut unserem Navi sind es 01:50 Stunden bis zu unserem Ziel und die nützen wir, um die Umgebung zu betrachten.

Geier kreisen in den Lüften und lassen sich von der Thermik treiben. Neben der Fahrbahn wachsen prächtige Rosmarinbüsche wie Unkraut, da könnte man echt neidisch werden. Die Olivenhaine werden weniger und die Landschaft sanft hügelig. Wir verlassen die Autobahn und fahren durch landwirtschaftliches Gebiet. Der Hund des Bauern treibt die Schafe und ein Stück weiter ziehen Pferde auf dem Acker einen Karren hinter sich her. Nach einer gefühlten Ewigkeit taucht wieder mal ein kleiner Ort vor uns auf, dann sehen wir wieder Grün-, Weide- und Anbauflächen. Kein Wunder, dass hier viele Ruinen zu finden sind, ist doch die Arbeit auf dem Acker mühsam und da zieht es die Jungen in die Städte und die Häuser werden ihrem Schicksal überlassen und verfallen. Vereinzelt bekommen wir aber auch imposante Finkas zu sehen, umgeben mit fruchtbarem Land mit Kuh- und Pferdekoppeln und auch Schweinegattern.

Knappe 40 Kilometer vor Ronda taucht vor uns auf einem Berghang das weiße Dorf Zahara auf. Auf der Kuppe sind noch Reste einer Burg und der Bergfried zu sehen und im Tal gibt es einen künstlichen Stausee. Leider haben wir heute keine Zeit mehr für einen Halt dort, aber wie wir schon mehrmals erwähnt haben, wir werden wiederkommen.

Zwanzig Kilometer später passieren wir das nächste weiße Dorf Sentenil de las Bodegas. Im Ortskern wurden einige Häuser unter einen Felsvorsprung hineingebaut und die Felsvorsprünge dienen als Dächer. Wie schon gesagt, das nächste Mal kommen wir auch hierher.

Diese Gegend hier findet vollen Gefallen, denn die Olivenhaine sind wieder da, Eukalypten Wälder, Oleander, gelb blühende Ginsterbüsche – die Landschaft ist sehr hügelig, Schafweiden und die kleinen Ortschaften. Außerdem wird das Wetter immer schöner, so wie wir es eigentlich bestellt hatten. Wir legen einen kurzen Stopp ein, weil direkt über uns eine Gruppe Geier kreist und schöner Stechginster gedeiht. Schnell werden ein paar Fotos davon geschossen, noch Pipi im Busch gemacht und dann geht´s auch schon weiter.

Wildromantisch sind die letzten kurvigen Kilometer, rund um die Berge bis nach Ronda. Wir erreichen das Stadtzentrum in Ronda Norte und finden auf Anhieb auch gleich einen Parkplatz. Schnell stopfen wir das Wichtigste in unseren Rucksack und dann stapfen wir auch gleich los. Am Plaza de Toros befindet sich die Stierkampfarena, die von 1783 – 89 errichtet wurde und somit die älteste des Landes ist. Auf dem Vorplatz trabt ein blecherner Bulle und zwei Bronze – Toreros posieren mit ihren Tüchern.

Von außen ist die Arena eher unscheinbar, hinter den Mauern bietet sich die aus Sandstein gebaute Arena in voller Pracht. Sie fasst 6.000 Zuschauer und der 66 Meter große Sandkreis ist weltweit der größte. Die Galerien sind zweigeschossig angeordnet und geschützt vor Regen und Sonne. Toskanische Säulen stützen das Dach aus Holzziegeln. Unter den Sitzreihen befinden sich die Boxen, wo die Stiere und Pferde warten, bis sie in die Arena eingelassen werden. Der Stier muss mindestens vier Jahre alt sein und darf vorher noch nie gekämpft haben. Bis heute ist in der Stierkampfarena in Ronda nur ein Torero ums Leben gekommen.

Nachdem wir uns erst von oben die Schleuße ansehen, betreten wir dann die Arena unterirdisch und klettern auf den Sitzreihen herum. Über der Hauptloge befindet sich die Königsloge, wo nur Angehörige des Königshauses Platz nehmen dürfen.

Unter den Sitzreihen in einem anderen Teil hat man ein Museum eingerichtet. Der Mann im Ohr erzählt uns Geschichten rund um den Stierkampf und die Toreros. Pedro Romero und sein größter Gegner Pepe Hillo sind heute zwei der größten Stierkämpfer. Romero, der Gründungsvater, legte die Regeln des Stierkampfes fest und die sind heute noch gültig. In Schaukästen sind Reitzubehör und Kleidung ausgestellt.

Nach dem Verlassen des Museums drehen wir eine Runde auf dem Sand. Der strahlend gelbe Sand ist besonders wasserdurchlässig und davon können wir uns jetzt überzeugen, denn es beginnt wieder zu nieseln. Trotzdem lassen sich die Touristen nicht abbringen, um sich als Torero zu üben.

Wir verlassen die Arena und spazieren Richtung Altstadt und zur Puente Nuevo. Nachdem das Wetter leider wieder immer schlechter und der Himmel immer dunkler wird, möchten wir die Chance noch nutzen, uns die Brücke von unten anzusehen, bevor es dunkel wird und uns Regengüsse zuschütten. Echt geil der Blick von oben in die 98 Meter tiefe Schlucht hinunter. Die Leute, die von unten auf die Brücke gucken, sehen aus wie Ameisen. Das Plätschern des Wassers ist zu hören, kein Wunder stürzt sich doch ein Wasserfall in die Tiefe der Tajoschlucht. Vierzig Jahre hat der Bau der Brücke gedauert, die die Altstadt mit der Neustadt verbindet (1793 wurde begonnen). Über einen kleinen Weg und unzähligen Stufen gelangen wir von der Altstadt über den Camino zur Puerta de los Molinos. Von dort hat man einen atemberaubenden Ausblick auf die beiden Stadtteile und das Brückenensemble. Beeindruckend und dramatisch, wie tief diese Schlucht ist und die Häuser oben, die auf der Kante gebaut wurden. Wir drücken den Knopf des Fotoapparates unaufhörlich, bis wir das Foto annähernd so im Kasten haben, wie es auf unserem Müller-Reiseführer als Titelbild drauf ist. Den blauen Himmel mit den Wolken müssen wir uns dazu vorstellen. Leider können wir den Ausblick nicht lange genießen, denn der Nieselregen wird immer heftiger.

Im Laufschritt, so schnell wir es schaffen und schnaufen können, laufen wir wieder hoch und „retten“ uns ins Innere der Kathedrale Santa María la Mayor. Die vordere Fassade neben dem Glockenturm besteht aus einer Loggia, die später dazu gebaut wurde, damit der Adel die Turniere und Kämpfe, die auf dem ursprünglichen Platz stattfanden von oben betrachten konnte. Errichtet wurde sie im 15 Jhdt. auf einer Moschee und nach dem Bau des Hauptschiffes wurde darauf verzichtet, die Seitenschiffe zu bauen. Erdbeben haben Teile wieder zerstört, die wiedererrichtet wurden. So vereint die Kathedrale mehrere Baustile, die mit einem Blick sofort ersichtlich sind. Pitschnass betreten wir das Innere, Weihrauch und Orgelmusik vermitteln uns aber schnell Wärme und Heimeligkeit. Wir machen es uns auf einer Bank gemütlich und betrachten in Ruhe den Innenraum. Vor uns ein hoher Sakramentsaltar und links davon ein riesiges Fresko von Christoph Kolumbus. Von der Decke hängt ein imposanter Luster und die Girlanden, die ihn umschließen bestehen aus 64.800 Glasplättchen. Auch der Altar ist in Licht gehüllt, Kerzen über Kerzen, bei 88 höre ich zu zählen auf. Wir erklimmen dann noch die ausgetretenen Stufen den Turm hinauf zu einem Plateau, wo man rundherum gehen kann … 70, 71, 72 … geschafft. Von hier haben wir einen weiten Blick auf die Häuser und Dächer der weißen Stadt, auf die Spitze des Glockenturms und auf das Rathaus. Das dreistöckige Gebäude war einst eine Kaserne und beeindruckt durch die Arkadenreihen, wo früher Läden, Getreide- und Kornkammern untergebracht waren.

„We are singing, nein, walking, noch besser running in the rain“ …. beim Verlassen der Kathedrale schüttet wie aus vollen Schaffeln und daher sprinten wir die Gasse hinunter und stürmen in das nächste Restaurant. Es ist halb fünf, Mittagessen haben wir noch keines gehabt und daher bestellen wir uns zum bewährten Bier das Menü. Die Gazpacho schmeckt schon mal lecker, obwohl heute eine warme Suppe besser gewesen wäre. Der Rest des Menüs ist keines Kommentares wert und deshalb wird der Name des Restaurants auch gar nicht erwähnt. Draußen spielt sich während des Essens der wahre April ab, mal Regen, mal Sonnenschein und es steigen Nebelschwaden hoch.

Als wir das Restaurant verlassen nieselt es nur noch leicht, aber es ist kühl geworden. Auf dem Rückweg zum Auto biegen wir noch in die Cafetería Colon ein und suchen uns aus der Vitrine Cheesecake und Schokopuddingkuchen aus. Wahrscheinlich ist aufgrund des Wetters der Gästestrom ausgeblieben und deshalb der Kuchen übriggeblieben, denn der junge Kellner meint es voll gut mit uns und schmeißt uns riesige Stücke auf unsere Teller. Wir schaffen es aber nicht, diese großen Stücke aufzuessen, zumal sie auch sehr deftig und süß schmecken. Das Café, benannt nach Christoph Kolumbus, ist ausgesprochen gemütlich und an der Wand befindet sich eine hübsche Karte mit Schiffen und dem Portrait des Weltumseglers und Entdecker Amerikas.

So – genug Sightseeing für heute, wir spazieren zum Parkplatz zurück. Da fetzt eine Katze um die Ecke und als sie uns sieht, biegt sie in einem Höllentempo auf die andere Seite ab, sodass es ihr die Beine ausreißt. Die hat sicher was gestohlen! Wir müssen im wahrsten Sinn des Wortes zum Auto schwimmen, weil die Löcher des Platzes mit Wasser voll sind. Es hat aufgehört zu regnen und am Himmel sind kleine blaue Flecken sichtbar, bilden wir uns zumindest ein. Viel haben wir von Ronda nicht gesehen, aber das holen wir beim nächsten Besuch nach.

Wir machen uns auf die Weiterreise zu unserem Hotel der Molino del Arco, das knapp 14 km von Ronda entfernt liegt. Dafür müssen wir ein wenig in die Pampas fahren, wo die Straßen immer enger und kaputter werden. Auch eine Flussdurchquerung müssen wir machen, weil der Regen einen Teil der Straße geflutet hat. Ich glaub, da müssen wir morgen Früh eine halbe Stunde früher wegfahren, damit wir rechtzeitig zum Flughafen kommen, denn schneller als mit 10 km/h können wir uns hier nicht fortbewegen. Gut, dass wir eine Vollkasko – Versicherung haben, denn ob wir da heil durchkommen, das ist fraglich. Da hätten wir ja einen 4WD gebraucht für diese Straße.

Wir erleben einen traumhaften Sonnenuntergang und können uns mit Schafen und Hühnern unterhalten. Es ist schon dämmrig, als wir beim Hotel ankommen, das idyllisch inmitten eines Olivenhains liegt. Das Landhaus mit einer Ölmühle stammt aus dem 17. Jhdt. und verfügt über 19 Zimmer mit traditioneller Einrichtung. Die Wände sind in Creme, die Türen und Fensterläden sind Olivfarben gestrichen und das harmoniert mit den alten, braunen Möbeln. Alle Zimmer haben Namen nach den Sorten der Oliven. Traumhaft schön ist dieses Hotel und es bietet auch viel Annehmliches, das wir leider nicht nutzen können. Morgen fliegen wir nach Hause zurück und wir sind nur zum Übernachten hier. Wir packen unsere Koffer und dann machen wir einen kurzen Abstecher ins „Wohnzimmer“, wo wir uns dann noch einen Schlummertrunk, einen Sherry gönnen. Danach gibt es noch eine lange Dusche und dann heißt es, ab in die Federn.

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