Heute sind es die grau-rosa Galahs und die weißen Nacktaugenkakadus, die uns wecken. Direkt über uns ist eine Stromleitung und da gibt es Machtkämpfe, wer wo sitzen darf. Als wir beim Frühstück sitzen, versuchen wir heraus zu finden, was dahinter steckt. Man sitzt immer zu zweit und die beiden Nacktaugenkakadus sitzen am Mast direkt beim Licht. Man kann nämlich in das silberne vom Licht hinein sehen und da sieht man das Spiegelbild. Fliegt mal der zweit von dem Pärchen davon, muss der andere natürlich nach. Und schon ist der Platz frei für die Galahs, natürlich auch zu zweit. Da wird kokettiert und geschmust – bis wieder die weißen Kakadus anrücken. Ein ordentliches Gekreische reicht dann, um die andern zu verscheuchen. Die sind aber mutig und pirschen sich von der anderen Seite heran und vollführen Kunststücke, zum Beispiel mit dem Schnabel in die Stromleitung einhängen und sich dann wie im Zirkus auf einem Trapez herum drehen. Das ganze Schauspiel wird von den Nacktaugenkakadus beobachtet. Also werden kurzerhand die Galahs verscheucht und dann probieren sie das gleiche auch aus. Und siehe da, es gelingt. Wir beobachten das Spektakel lange und amüsieren uns köstlich dabei.
Leider müssen wir dann aufbrechen. Bei der Ausfahrt des Campingplatzes erspähe ich dann noch eine wunderschöne Sturts Desert Pie, das ist eine niedrige, rote Blume. Stolz ragen ihre Blüten der Sonne entgegen und der Wind schupft sie sanft hin und her.
Unser erstes Ziel ist der nur wenige Kilometer entfernte Mount Nameless, der mit 1.128 m der höchste Berg Westaustraliens ist. Die Anfahrt führt über eine unsealed Straße, die noch so halbwegs befahrbar ist. Was dann aber kommt, das übersteigt alles bisher da gewesene.
Eine drei Kilometer lange wildeste Schotterpiste mit Geröll, Schlaglöchern und Seitenhängen schlängelt sich in Kurven steil den Berg hinauf. Die Plagerei wird aber belohnt mit einer grandiosen Aussicht über die Hamersley Ranges und die Mine, wo Eisenerz abgebaut wird. Es ist schon ein Wahnsinnsgefühl, da oben zu stehen, weit und breit kein Mensch und alles liegt dir zu Füssen. Es ist hier schön zu sehen, dass das Sandgestein, wie Oblaten hauchdünn übereinander geschichtet ist. Die Natur bringt schon Werke zustande, dass man immer wieder nur staunen kann.
Wir sind gut wieder den Berg hinunter gekommen und fahren ins Zentrum von Tom Price. Auf einem Parkplatz kurz vor dem Ort hat man einen ausrangierten Minentrucker aufgestellt. Das ist vielleicht ein Monster, da ist unser Auto – das ja auch nicht gerade klein ist – wie eine Ameise. Im Ort erledigen wir dann unsere Post, die Einkäufe und statten dem Tourist Office einen Besuch ab. Zum Schluss genehmigen wir uns noch Fish & Chips, tanken das Auto nochmal auf und dann geht es ab on the road.
Das Fahren erweist sich als sehr mühsam, da es heute sehr windig ist. Der Himmel ist übersät mit Schäfchenwolken und es weht eine kühle Brise. Der erste Teil der Fahrtstrecke ist sehr schön anzusehen, da viele Wildblumen, vor allem die fliederfarbenen Mulla Mulla am Straßenrand wachsen und im Wind hin und her schaukeln. Nach etwa 20 Kilometer endet die asphaltierte Straße und wir stehen vor einer Piste. Jetzt sind wir aber ordentlich überrascht, denn damit haben wir nicht gerechnet. Mehr als 60 Kilometer müssen wir auf dieser Straße dahin radeln, die teilweise eine ordentliche Hochschaubahn oder Sprungschanze abgibt. Dann ist sie so plötzlich wieder asphaltiert, als wäre sie nie anders gewesen. Gestern haben wir am Campingplatz so gut es ging den Staub entfernt, denn bis ins Bett ist schon alles rot gefärbt! Alles umsonst!
Nach einigen kurzen Pausen kommen wir gut voran. Doch bei Nanutarra artet der Wind dann schon in einen ordentlichen Wüstensturm aus. Wir müssen unser Auto nachtanken und da heißt es Staub „fressen“ und die Augen zumachen.
Die ganze Fahrt über – wie auch schon die Wochen davor – werden unsere Fahrten begleitet von den sogenannten Birds of Prey. Zuhause freuen wir uns, wenn wir – wenn auch selten – einen Raubvogel am Himmel erspähen und hier sieht man sie überall kreisen. Besonders da, wo tote Tiere liegen und die gibt es natürlich am Straßenrand zur Genüge.
Kurz nach der Abzweigung bei Winning Richtung Exmouth beginnt eine große Schafherde und die lieben Tierchen meinen, auch auf der Straße etwas Gras zu finden. Mehrmals müssen wir abbremsen, weil gerade die Kleinen der Mama über die Straße nachlaufen.
Etwas Witziges haben wir heute auch mehrmals gesehen, nämlich Light Aircraft Landing Strips. Das sind auf dem Highway gekennzeichnete Abschnitte, die für die Flugzeuge der Flying Doctors dienen. Das muss man sich mal vorstellen, da fährst mit dem Auto so dahin und plötzlich kommt dir ein Flugzeug entgegen!
Gegen 18:30 Uhr erreichen wir den Lighthouse Caravan Park und wir schaffen es kaum, die Autotür aufzuhalten, weil es hier so stürmt. Als erstes packen wir mal Jacken und lange Hosen aus und gegessen wird heute im „Haus“.