Wie wir schon vermutet haben, bekommen wir kein neues Auto – denn dieser Hertz ist schon wieder nicht zuständig für Campervans. Wir erhalten aber die Auskunft, dass wir in einer der nächsten größeren Städte das Auto wechseln könnten. Doch das würde uns mindestens einen Tag kosten! Da wir aber keine kostbare Zeit verlieren wollen, beschließen wir, mit dem „Wrack weiterzufahren. Das Klappern der Seitentür, das uns schon seit Beginn der Reise nervt, ist durch den Unfall leider auch nicht besser geworden. Also was soll´s! Ein Vermerk in den Vertragsunterlagen und wir können weiter. Bloß weg vom Ort des Schreckens!

Es wird, wie sich später herausstellt, trotzdem noch ein wunderschöner Tag!

Unser erstes Ziel ist der Cape Hillsborough Nationalpark bei Mackay. Die Anreise ist ein wenig umständlich, denn mit unserem Auto dürfen wir nicht die direkte, unasphaltierte Straße nehmen. Die Umfahrung ist ein wenig schmal und kurvig, aber wir kommen trotz allem ans Ziel.

Entlang des 1,2 km langen Boardwalks spazieren wir durch Mangrovenwälder, die leider vertrocknet, aber dennoch sehr imposant sind. Mangrovenwälder stellen ein überaus komplexes Ökosystem dar. Sie haben sich hervorragend an die extremen Wachstumsbedingungen angepasst. Zweimal täglich wird ihr Nährboden von Meerwasser überspült, der dann bei Ebbe wieder trocknet. Diese Pflanzen sind in der Lage, mit ihren Wurzeln Salzwasser gewissermaßen zu filtern. Die feinporigen Wände der Wurzeln dienen dabei als Scheidewand. Sie lassen zwar Wasser in die Wurzeln eindringen, allerdings ohne das gelöste Salz. Aufgenommenes Salz kann konzentriert in einigen Blättern abgelagert werden, die dann vergilben und abfallen. Diese Blätter dienen Mangrovenkrabben als Nahrung oder werden von Bakterien, die am Boden leben, zersetzt und in wichtige Proteine umgewandelt. Der Weg endet in einem schönen Regenwald mit vielen unterschiedlich großen Grasbäumen. Diese Bäume sehen aus wie riesige Büschel Gras, gehören zur Familie der Liliengewächse und wachsen sehr langsam  nur wenige Millimeter im Jahr. Sie haben lange, aber schon vertrocknete Blütenstiele, die wie aufgestellte Lanzen aussehen.

Gegen Ende des Walks wachsen noch prächtige Cycaden und Liviston Palmen. Die Blätter der Liviston Palmen wurden von den Aboriginals zur Herstellung von Hüten und sonstigen Tragebehältern verwendet.

Gegen Mittag starten wir unsere Wanderung, einen Rundweg um die Halbinsel. Zuerst geht es entlang des Strandes mit muschelbedeckten Gesteinen und hunderten von winzigen Krebsen, die vor uns davonhuschen. Nach einer kleinen Steigung durch das Gebüsch, vorbei an beeindruckenden Papierrindenbäumen sind wir bald bei den verschiedenen Lookouts angelangt, von wo wir atemberaubende Ausblicke auf Strand und Regenwald haben.

Der Name Papierrindenbäume könnte für diese Gewächse nicht besser gewählt sein. Die grau- oder cremefarbene Rinde hängt in dicken Lagen vom Baum und wurde schon von den Aboriginals benutzt, um darin Essen oder andere Sachen einzuwickeln. Aber auch zum Schreiben oder Malen, als Decke in kalten Nächten oder als Totentuch fand diese Rinde des vielseitigen Baumes Verwendung. Aus seinem Holz wurden Kanus oder Speere hergestellt, aus seinen in Wasser eingeweichten Blüten gewann man einen erfrischenden Trank und die Blätter dienten der Zubereitung von Tee oder Ölen.

Nach fast zwei Stunden gelangen wir wieder zum Parkplatz und bereiten uns eine Kleinigkeit zu essen. Als wir schon beim Aufräumen sind, entdecken wir auf einmal Känguruhs, die die letzten grünen Grashalme mit Genuss verspeisen. Unsere ersten freilaufenden Känguruhs  die Freude ist riesengroß! Wir sehen ihnen eine Weile zu und knipsen auch eine Menge Fotos.

Während der Fahrt begegnet uns noch eines im Straßengraben. „Paß auf, mein kleiner Freund, damit dich kein Auto überrollt!“

Mit einem berauschenden Gefühl, etwas für den Körper getan und zudem noch ein tierisches Erlebnis gehabt zu haben, setzen wir unsere Fahrt in Richtung Eungella Nationalpark fort. Von Marian führt ein schmale Straße durch das Pioneer Valley, wo jährlich über 900.000 Tonnen Zucker in vier Mühlen produziert wird. Nach 10 km steilen Serpentinen erreichen wir dann den Eingang des Nationalparks. Der Name Eungella = „Land der Wolken wurde deswegen gewählt, weil meist Wolken den phantastischen Blick verderben, den man von hier oben in das gesamte Pioneer Valley hat. Kaum aus dem Auto ausgestiegen, werden wir schon von unzähligen Fliegen attackiert, die uns bis in die Ohren schlüpfen. Wir schlagen mit den Händen wie wild in der Gegend herum. Ich habe mir dabei selbst eine heruntergehauen!

Dieser Park lockt die Besucher vor allem wegen der seltenen Schnabeltiere (Platypus) an, scheue Tiere, die wie eine Kreuzung aus Fischotter und Enten aussehen  und diese wollen wir natürlich auch sehen! Die beste Zeit dafür ist in den frühen Morgenstunden oder am Abend. Es ist nach 05:00 p.m., also können wir vielleicht Glück haben. Und wir werden für unsere Standhaftigkeit gegenüber den Fliegen belohnt, denn in einem nahegelegenen Tümpel können wir gleich drei der kleinen Tierchen beobachten. Sie kommen für wenige Sekunden an die Oberfläche, um dann genau so schnell, wie sie aufgetaucht sind, wieder zu verschwinden.
Als 1798 ein äußerst merkwürdiges Tier ausgestopft nach England gelangte, hielt man es für eine geniale Fälschung. An ein Tier, laut Aussage des Besitzers in einem ostaustralischen Fluss gefangen, mit dem Schnabel einer Ente, dem Körper und Fell eines Otters, und dem Schwanz eines Bibers mochte kein Wissenschaftler glauben. Vier Jahre später jedoch konnte der Wissenschaftler Home einige gefangene Exemplare sezieren und präsentierte der Wissenschaft eine perfekte Überraschung, denn nicht nur das äußere Erscheinungsbild des Paradoxus, wie man ihn nannte, gab Rätsel auf; sein Geschlechts- und Verdauungssystem zeigten Übereinstimmung mit dem der Vögel, mündeten aber nur in einem Ausgang (Kloake); das Skelett deutete auf eine Verwandtschaft mit Kriechtieren, und die schwankende Körpertemperatur (25 bis 30°C) ließ ebenfalls auf kaltblütige Verwandte schließen. Aufgrund dieser Erkenntnisse hielt man es zunächst für ein Zwischenglied zwischen Vögeln und Kriechtieren. Später entdeckte man bei den Weibchen Milchdrüsen, was wiederum eindeutig auf Säugetiere hinwies. Die Verwirrung war komplett und erreichte ihren Höhepunkt, als man bei einem gefangenen Weibchen beobachtete, wie es ein weißliches Ei legte. Nach jahrelanger Diskussion, wo die zoologische Entdeckung denn nun einzuordnen sei, einigte man sich darauf, dass es wohl zu den Säugetieren zu zählen sei. Da es jedoch keine vergleichbaren Eigenschaften mit Säugetieren besaß, gab man ihm den Rang einer eigenen Ordnung  Kloakentiere – und nannte es Schnabeltier.

Das Schnabeltier ist hervorragend an das Leben im Wasser angepasst. Im Wasser dienen die kurzen, kräftigen Beine mit ihren Schwimmhäuten der schnellen Fortbewegung, an Land werden die Schwimmhäute zurückgefaltet und die Krallen zum Graben der Wohnhöhle eingesetzt. Diese liegt meist oberhalb des Wasserspiegels direkt am Flussufer. Zudem besitzt das Männchen für die Verteidigung einen giftigen Hornstachel an den Hinterfüßen. Augen und Ohren liegen in Vertiefungen und werden beim Tauchen durch Hautfalten geschlossen. Einziges Sinnesorgan zum Aufspüren der Nahrung, die aus Kleinkrebsen, Fröschen, Larven und Wasserinsekten besteht, ist der äußerst empfindliche, lederartige Schnabel, der nur äußerlich einem Entenschnabel gleicht.

Tagsüber verbringen sie ihre Zeit in ihren Höhlen und in der Morgen- und Abenddämmerung begeben sie sich zur Nahrungssuche ins Wasser. In der Paarungszeit gräbt das Weibchen einen bis zu 30 m langen Gang in seinen Bau, an dessen Ende ein bis drei Eier in eine mit Blättern und Gras gepolsterte Mulde gelegt werden. Der Eingang wird nach jedem Verlassen der Höhle mit Pflanzenteilen verschlossen. Nach ca. 2 Wochen schlüpfen die Jungen und verbleiben weitere drei bis vier Monate im Bau. Als Nahrung dient in dieser Zeit Milch, die sie aus den Milchdrüsenfeldern der Mutter aufnehmen (sie hat nämlich keine Zitzen).

Es ist neben dem Beobachten der Schnabeltiere auch lustig anzusehen, wie mehr als 20 Menschen in einer Reihe mit ihren Fotoapparaten lauern, um diese kleinen Geschöpfe auf Papier zu bannen. Und das ist wahrlich nicht leicht, denn sie sind sehr schnell!

Die Fliegen werden uns zu lästig, daher beschließen wir, die Nacht nicht hier zu verbringen und machen uns wieder auf den Weg.

Kurz nach der Ausfahrt des Nationalparks sitzen auf einer angrenzenden Wiese eine Menge von Gelbhaubenkakadus (weiß mit gelbem Schopferl) und kreischen um die Wette.

Eine Vielfalt an Natur und Tieren, die wir heute wieder erlebt haben  ein scenic day!

Wir fahren bis Mackay und verbringen dort auf einem Caravanpark unsere letzte Nacht für die nächste Zeit, denn morgen Nachmittag wollen wir bei meiner Cousine Sonja in Gladstone sein.

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