Das schwüle Wetter macht uns etwas zu schaffen. Der Himmel ist in graue Wolken gehüllt und verspricht nichts Gutes. Das heutige Ziel ist die Gruta das Torres im Westen der Insel. Unser Navi rät uns zur Strecke über die Südküste, na dann machen wir das mal.
Wir stellen uns die Frage, wann die Azoreaner uns den höchsten Berg Portugals zeigen möchten, denn auch heute ist nur der untere Teil sichtbar.
Rund um den Pico wurden nach den Vulkanausbrüchen von 1718 / 1720 kleine Parzellen angelegt, mit aufgeschichteten Wällen aus Lavagestein umgeben und dort Weinstöcke angepflanzt. Die Mauern schützen die Reben vor Wind, versorgen sie mit dem gespeicherten Wasser und spenden zugleich Wärme. Kein Wunder also, dass die Trauben einen tollen Geschmack entwickeln. In mühevoller Arbeit wird hier die Rebsorte Verdelho kultiviert und das ohne Unterstützung von Maschinen. Die Currais, wie diese parzellierten Weingärten heißenm, wurden 2004 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.
An der Küste reihen sich kleine Straßendörfer aneinander und wir finden Gefallen an den hübschen Häusern mit den bunten Gärten. Oleander & Co stehen in voller Blüte und setzen reizende Farbakzente zu den endlosen, schwarzen Lavamauern. Wir passieren das knapp 800-Seelen-Dorf Criação Velha, dem wir später einen Besuch abstatten möchten. Erst geht es mal direkt ins Hinterland zur Gruta das Torres, einem Lavaröhrensystem, das vor mehr als 1500 Jahren entstand. Wir freuen uns, dass auf dem Parkplatz fast keine Autos stehen, da können wir sicher mit der ersten Führung mit. Denkste, denn die ist reserviert für eine Busladung. So rücken wir unverrichteter Dinge wieder ab und fahren zurück ins kleine Dorf. Dort widmen wir uns erst mal der Kirche, die sich am oberen Ende einer Platanen-Allee befindet. Nichts Atemberaubendes und daher verlassen wir schon nach kurzer Zeit das muffig riechende Innere. Hinter der Kirche erstreckt sich hangaufwärts dem Pico entgegen die Ortschaft. Keine Menschenseele ist zu sehen, da schlafen noch alle, das bestätigen auch die gefüllten Brotsackerl, die noch an den Gartenzäunen hängen.
Dann ist es soweit, wir finden uns wieder im Besucherzentrum bei der Gruta das Torres ein. Nach einem interessanten Einführungsfilm über die Entstehung und die Geologie der Azoren werden wir mit Helm und Taschenlampe ausgestattet. Ein bisschen bescheuert sehen wir schon aus mit den Duschhauben unter dem Helm! So manch ein Besucher wird zudem noch darauf hingewiesen, ordentliches Schuhwerk anzuziehen, da es in der Grotte loses Gestein gibt und es an einigen Stellen zum Klettern wird. Während unser Guide die kleine 15-köpfige Gruppe die Treppe hinunterführt, erklärt er, wie sich die Besichtigung abspielt. Die Höhle wurde kaum verändert und auch nicht beleuchtet. Das heißt, wir stapfen hintereinander durch die Finsternis, das Licht der Taschenlampe am Boden, damit wir nirgends drüber stolpern. Für die einheimischen Touristen spricht er Portugiesisch, während wir uns inzwischen umsehen und Fotos machen können. Danach das Ganze nochmal in Englisch. Interessant und auch witzig bringt er uns die Entstehung der Lavagrotte näher. Solche Röhren entstehen, wenn ein Lavastrom nur an seiner Oberfläche abkühlt und erstarrt. Ein isolierender Mantel legt sich um die darunter weiterfließende Lava und wenn dieser dann verebbt, bleiben solche hohlen Röhren. Diese Tube hat eine Länge von mehr als 5 Kilometern mit mehreren Nebentunneln, die verschiedene geologische Strukturen aufweisen. Sie ist damit der größte Lavagang auf den Azoren.
Stück für Stück erkunden wir diese urige Höhle, dabei immer achtsam, wo man hintritt. Staunend bewundern wir die beeindruckenden Stalagmiten und Stalaktiten, manche glänzen im Strahl der Taschenlampen aufgrund der Mikroorganismen. Diese hübschen Flächen haben leider auch eine magische Anziehungskraft für Menschen, die ohne Verstand unterwegs sind. Sie haben ihre Namen in den Bakterienmatten verewigt und damit dieses Leben zerstört. Dafür wissen wir jetzt alle, das auch „RUBEN“, „AUGUSTO“ und „PEDRO“ hier gewesen sind.
Als wir zu einer Stelle kommen, wo die Röhre sehr niedrig wird, erzählt uns der Guide, dass jedes Jahr acht Schweizerinnen hierher kommen, um bei kompletter Dunkelheit eine Stunde nur mit Musik zu meditieren. Wir haben keine Stunde Zeit, aber wir machen das Experiment, die Lichter für eine Minute auszuschalten, was uns endlos erscheint. Der Körper stellt sich sofort um und nimmt die Atmung oder das Plätschern der Wassertropfen als sehr laut wahr.
Spannend und interessant sind auch die verschiedenen Erscheinungsformen der Lava, die in verschiedenen Schichten übereinanderliegen oder über alte erstarrte Flächen und Steine darüber geflossen ist und dabei die urigsten Knäuel und Figuren geformt hat.
Schnell ist die etwa einstündige Tour zu Ende, sie war sehr unterhaltsam und spannend. Wir haben genug Zeit gehabt zu schaun, unsere Fotos zu machen und auch einiges (erlaubterweise) anzufassen. Aufgepasst, diese Führung ist ein Must-do auf Pico und das nicht nur als Schlechtwetterprogramm. Eine Vorreservierung ist notwendig und abschließend ein Tipp – bei der Tour zu Mittag sind weniger Touristen unterwegs.
Auf Empfehlung unseres Guides fahren wir nun weiter nach Madalena und suchen die neu eröffnete Cellar-Bar auf. Sie schaut von außen aus wie ein großer, verbogener Flaschenkorken. Leider ist sie geschlossen und so machen wir es uns bei einem Imbissstand am Strand gemütlich und essen hier eine Kleinigkeit.
Wir fahren ins Zentrum von Madalena und stellen unser Auto auf dem großen Parkplatz ab, der sich nicht weit von der Kirche befindet. Das weiß gekachelte Gotteshaus aus dem 17. Jhdt. zieht von außen so manchen Blick auf sich mit den zwei Türmen und ist vom Meer aus schon von Weitem sichtbar. Innen wirkt sie sehr elegant mit den schwarzen Basaltsäulen, den rotbraunen Holzbänken und dem goldenen Altarraum und Kanzeln. Wie wir es auf den Azoren schon oft gesehen haben, zieren auch hier in den Seitenaltären schöne blauweiße Fliesenbilder die Wände. Sakrale Musik erfüllt den Innenraum und begleitet uns auf dem Rundgang. Wunderschöne Margeriten zieren die Altäre und verströmen ihren Duft.
Madalena ist nicht wirklich ein Highlight, was Sehenswürdigkeiten betrifft, daher schlendern wir noch in den alten Hafen hinunter und sehen eine Weile den spielenden Jugendlichen zu. Hier gibt es einige Bars und Cafés, wenn wir das früher gewusst hätten. Naja, es ist mittlerweile eh spät geworden und daher fahren wir zurück zu unserem Appartement.
Doch der Tag ist noch nicht zu Ende, es steht noch etwas besonders auf dem Plan. Mehrmals in der Woche kocht der Hausherr und verwöhnt seine Gäste mit einem Mehrgänge-Menü und das zu einem echt tollen Preis. Zwischendurch springt auch sein Schwiegervater ein, der ihm um nichts nachsteht. Und heute sitzen wir im Wohnzimmer bei seinem Schwiegervater zusammen mit zwei belgischen Familien und lassen uns kulinarisch überraschen. Als Aperitif gibt es einen Kir Royal, als Vorspeise Brokkoli-Mus, danach köstlichen Fischeintopf mit Gemüse und Salat und als Dessert entweder Eis mit Früchten oder Schoko-Canache. Während wir das wunderbare Essen in vollen Zügen genießen, unterhalten wir uns vorwiegend auf Englisch mit den anderen Gästen und tauschen unsere Erfahrungen auf den Inseln aus. Bei einem Teil der Belgier und den Hausleuten kann ich dann wieder meine Französischkenntnisse auspacken. Darum, liebe Kinder, es ist nicht umsonst, wenn man in der Schule Sprachen lernt. So kann man auch auf die Azoren fliegen, obwohl man kein Portugiesisch spricht. Beim Flämisch-Niederländisch muss auch ich wieder aus der Konversation aussteigen. Mich freut es auf jeden Fall immer wieder, wenn jemand mein Französisch lobt, auch wenn ich das Gefühl hab, nichts mehr zu können.
Ein netter Abend geht zu Ende, aber das soll nicht der letzte gewesen sein!
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