Neuer Tag, neues Glück und es ist leider unser letzter Tag in Barcelona. Der Wettergott meint es gut mit uns, es regnet nicht mehr und es stehen nur noch letzte Wasserlatschen auf den Gehsteigen. Mal schaun, was der Tag noch bringt. Schnellen Schrittes sind wir wieder bei der Metrostation und von dort fahren wir ins Zentrum. Das Pärchen, das gerade in die Dachwohnung eines Hauses einzieht, ist auch froh, dass der Regen mal ausbleibt und wir beobachten sie eine Weile, wie sie Sessel und Kisten mittels Flaschenzugs entlang der Fassade von unten nach oben transportieren.

Dann folgen wir der Ruta del Modernisme, das ist eine Route durch die Stadt zu 116 Werken der Stilepoche und wir müssen dabei nur der roten Blumen folgen, die im Gehsteig eingelassen sind. Wir landen am Rathausplatz und es schaut doch gleich alles viel schöner aus, wenn es mal nicht regnet. Daher werden auch die Fotos neu gemacht, bevor wir weiter stapfen. Streckenweise hüpfen wir in die Metro, um schneller vorwärts zu kommen. Hier begegnen wir einer Obdachlosen, die lauthalst buenos dias oder muchas gracias durch den Wagon schreit. Dabei versucht sie für fünfzig Cents Papiertaschentücher zu verkaufen.

Wir wandeln wieder auf den Spuren von Gaudí und unser nächstes Ziel liegt in der Carrer Nou de la Rambla, nämlich der Palau Güell. Diesmal passt das Wetter und die Dachterrasse steht für Besichtigungen offen, juchhu! Das Stadthaus wurde zwischen 1886 und 1890 aus Steinen aus dem Steinbruch der Familie Güell gebaut und mit vielen schmiedeeisernen Gittern und Verzierungen versehen. Ein interessantes Detail auf der Fassade ist das Gebilde, das die katalanische Flagge darstellt und von Phönix, als Wächter des Eingangs gekrönt wird. Markant sind an der Vorderfront die beiden Tore, einst Einfahrten für Kutschen und Pferdefuhrwerke. Da der Standort des Gebäudes sich damals mitten in einem berüchtigten Stadtteil befand, war es wichtig, nicht vor dem Haus aus- und einzusteigen.

Wir beginnen mit unserer Besichtigung im Untergeschoß, wo sich die Pferdeställe, die Lagerräume und die Unterkunft für die Knechte befanden. Mit einem Audioguide ausgestattet schlendern wir in die einzelnen Stockwerke von Raum zu Raum und erhalten dabei vom Mann im Ohr interessante Geschichten erzählt, während wir die Details betrachten. Prächtige Treppen führen von der Eingangshalle bis in die Beletage, wo die Familie wohnte. Im siebzehn Meter hohen Salon fanden viele Konzerte, Veranstaltungen und Gottesdienste statt, weil der Raum aufgrund einer Kuppel eine tolle Akustik aufwies. Außerdem konnten zwei schwere Türen geöffnet werden, hinter denen sich eine Kapelle befand und so erhielt der Raum einen religiösen Charakter. Bombastisch wirken die Räume durch aufwendig geschnitzte Kassettendecken mit goldenen Ornamenten und bunten Glassteinen. Die Möbel wurden ebenfalls von Gaudí entworfen und mit aufwendigen Einlegearbeiten aus Palisanderholz mit Rinderknochen, Messing und Schildpatt. Auch bei den Fenstern wurde nicht gespart, denn neben den bunten Bleiglasfenstern wurden auch Scheiben geschaffen, bei denen die Motive eingeätzt wurden. Die Initialen E und G für Eusebi Güell verfolgen uns schon von draußen und sind auf Wänden, Türen, Fenstern und Möbeln zu finden.

Den totale Kontrast zu den dunklen Räumlichkeiten bildet die rot geflieste Dachterrasse mit den zwanzig Belüftungs-Schornsteinen, die bunt dekoriert sind mit Bruchstücken aus Glas, Keramik und Fayence. In der Mitte der Terrasse befindet sich die fünfzehn Meter lange Nadel der Kuppel, die den Salon bedeckt und beleuchtet. Für eine kurze Zeit zeigt sich blauer Himmel und das nützen wir, um so viele Fotos wie nur möglich zu machen und ein wenig die Aussicht auf Barcelona zu genießen mit ihren Türmen von der Kathedrale oder den Torre Agbar.

Nieselregen vertreibt uns von der Terrasse und im Grunde sind wir auch am Ende der Besichtigung angelangt. Wir steigen die vielen Stufen hinunter, verlassen den Palau tief beeindruckt und gehen zurück bis zur Ramblas. Hier genehmigen wir uns als Mittagessen Paella, eine mit Seafood und eine vegetarische. Dazu gibt´s Bier und uns reißt es Mund und Augen auf, als uns der Kellner jedem eine Maß Bier vorsetzt. Normalerweise erhält man ein 0,4 l Glas, aber hier tickt man anders. Daher bestellen wir uns noch Knoblauchbrot, damit uns der Alkohol nicht so einfährt. Der Koch sollte vielleicht mal Nachhilfe in Valencia nehmen, um bessere Paellas zu kochen. Satt sind wir trotzdem geworden, was soll´s.

Wir schlendern die Ramblas wieder entlang und Gott sei Dank ist das schöne Wetter wieder zurückgekehrt. Am Passeig de Gràcia befindet sich unser nächstes Gaudí Haus, das wir besichtigen möchten. Das Casa Batlló ist in Privatbesitz und für die Erhaltung erhalten sie keinerlei Subventionen. Beim Kaufen der Tickets bedankt sich die Angestellte dafür, dass wir sie besuchen.

Das Haus wurde ursprünglich 1877 errichtet und Gaudí durfte es von 1904 bis 1906 umgestalten. Es ist dem Schutzpatron Kataloniens Sant Jordi (Heiliger Georg) gewidmet. Geschwungene Formen von unten bis oben und der Dachsims ähnelt wirklich einem geschuppten Rücken eines Drachen. Der Heilige Georg hat ja gegen Drachen gekämpft und das Kreuz auf dem Dach stellt seine Lanze dar. Um das Bild zu komplettieren, das Maul des Drachen symbolisiert die Galerie des Gebäudes im ersten Stock. Casa Batlló heißt übersetzt Haus der Knochen und die sind als Stützpfeiler zu sehen oder Schädelteile als Balkone. Die gesamte Fassade ist übersät mit hellen Mosaiken und lassen das Haus aus der Reihe fallen. Die Innenräume sind sehr hell gestaltet mit den typischen geschwungenen Formen bei Wänden, Säulen und Türen. Sie leiden zudem noch an der Beulenpest, nein, schaut wirklich witzig aus.

Tolle Kronleuchter oder fiktive Lampen hängen von den Decken.  Wir können uns gar nicht satt sehen an den schönen Holz- und Glasdetails. Die Wände des Innenhofs sind mit hell- und dunkelblauen Fliesen beklebt, die nach oben hin immer dunkler werden. Wir steigen wie in einem Irrgarten hoch und kommen dann zur Dachterrasse, wo sich wieder viele der bunten Kamine befinden. Auch die Schuppen des Drachens sind hier schön zu betrachten und jetzt der traumhaft blaue Himmel. Beim Hinuntersteigen durch´s Treppenhaus kommen wir an so manchem Appartement vorbei, das bewohnt ist. Muss ein gutes Gefühl sein, in so einem berühmten und ausgefallenen Haus zu wohnen.

Wir verlassen die Altstadt und eine unendlich lange Steigung später erreichen wir keuchend den Parkplatz vom Parc Güell, der hoch über der Stadt liegt. Auftraggeber war der Gartenliebhaber und Industrielle Eusebi Güell, der auf knapp zwanzig Hektar eine Gartenstadt erschaffen wollte. Es wurden aufgrund der schlechten Nachfrage nur drei der ursprünglich geplanten sechzig Villen gebaut, das Wohnhaus der Familie Güell, Gaudís Wohnhaus und das Wohnhaus eines Freundes. Gaudí versuchte, den Geländeverlauf so gut als möglich nicht zu verändern, sondern legte Brücken, Mauern und Laubengänge an. Da wir von hinten gekommen sind, erreichen wir als erstes einen schönen Laubengang, wo Musiker im Schatten sitzen und um die Gunst der Touristen buhlen. Wir finden Platz auf einer hübschen Steinbank und versuchen uns ein wenig zu erholen, bevor wir mit dem Spaziergang durch den Park starten.

Lauschige Wege führen durch das hügelige Gelände und während wir durch das Gelände schlendern, werden wir von Vogelgezwitscher begleitet. Die Abhänge sind bewachsen mit Rosmarin, Fackellilien, Clivias, Opuntien, Malven, gelb blühender Ginster, Olivenbäume und Oleander, die Kette ist unendlich lange, ein großer botanischer Garten. Auch ein prächtiger Baumbestand gedeiht bestens und wir fühlen uns wie in einem Märchenwald. Geschafft, wir erreichen den Mirador de Joan Sales und das sich der Tag dem Ende neigt, haben wir eine Wahnsinns-Aussicht auf Barcelona bei traumhaftem Abendlicht. Schöner geht´s nicht mehr, ein krönender Abschluss des Tages und ein versöhnender Abschied von Barcelona.

Viele Fotos später trotten wir gemütlich die Wege wieder den Hügel hinunter und kommen zum Mittelpunkt des Parks, zum dreitausend Quadratmeter großen Plaça. Den ovalen Terrassenplatz, der wellenförmig von einer 110 Meter langen Sitzbank umgeben wird, kann man aber nur mit einem kostenpflichtigen Ticket betreten. Alle dreißig Minuten dürfen höchstens vierhundert Menschen in den abgesperrten Bereich und wir müssten zu lange warten, bis wir ein Ticket kriegen und das dann auch einlösen können. Wir haben aber von der Abgrenzung aus auch einen Blick auf die berühmte Bank. Gaudí wollte Kosten sparen und verwendete für die Mosaike auf der Bank Abfälle von Keramikfabriken. Doch die viele Handarbeit war sehr zeitintensiv und kostete Unmengen.

In der Palmenallee wimmelt es nur so von grünen Kakadus, die liebestoll ihre Nester bauen. Wir gucken ihnen eine Weile zu und spazieren dann weiter. Wir kommen zum ehemaligen Wohnhaus Gaudís, in dem er von 1906 bis 1925 lebte. Heute ist in dem hübschen rosafarbigen Haus ein Museum eingerichtet. Gemütlich schlendern wir bei angenehmen Temperaturen den Rosenkranzweg entlang und erreichen den Haupteingang mit den breiten Stiegenaufgängen, die zum sogenannten Tempel führen.

Ein paar letzte Bilder und dann marschieren wir wieder Richtung Zentrum die Carrer de l´Escorial hinunter. Unsere Füße kochen gewaltig, als wir wieder unten sind. Rein in die nächste Metro und eine Stunde später sitzen wir schon in unserem Bezirk im Restaurant La Biennal und bestellen uns erst mal was zu trinken. Zum Bier aus einem Marmeladenglas gibt´s gebratenen Babytintenfisch, Garnelen und Chips, frittierten Brie und als Nachtisch gönnen wir uns noch Crema Catalana und Espresso. Zum Desinfizieren und um die letzten spanischen Euros loszuwerden, bestellen wir noch Mojito und Caipirinha. Alles Gute kommt von oben, aber diesmal kein Regen, sondern die Samen der Platanen und es dauert nicht lange, da juckt es uns in den Nasen und wir kriegen kaum Luft beim Atmen.

Bei fast nahtlos blauem Himmel treten wir den Weg zum Hotel an und das erste Mal seit wir in Barcelona sind, kommen wir auch trocken in unser Zimmer.


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