Dieses traumhafte Wetter muss genutzt werden und deshalb verbringen wir heute den Tag auf dem Bregenzer Hausberg, dem Pfänder. Ohne Mühe geht es mit der Seilbahn zur Bergstation, die Auffahrt ist in der Bodenseekarte inbegriffen. Von hier oben haben wir eine super klare Sicht auf den Bodensee und die Orte. Auf dem nahtlos blauen Himmel sind nur die Kondensstreifen der Flugzeuge zu sehen, tiefer im Tal hängen Wolken über den Ortschaften. Wir sind früh dran und daher ist noch nicht viel los, trotzdem vergeuden wir keine Zeit und stapfen auch gleich los. In nur wenigen Minuten erreichen wir nach einem kurzen steilen Anstieg durch den Wald die Pfänderspitze bei 1.064 m. Es gibt hier zwar ein Gipfelkreuz, aber das ist beim Anblick des 95 Meter hohen rot-weiß gestreiften Senders von Bregenz 1 irgendwie Nebensache. Es ist mucksmäuschenstill, nur Vogelgezwitscher ist zu hören. Verschlafen wirkt auch der Gasthof „Auf der Schwedenschanz“, nur das Pferd im Stall ist schon beim Fressen. Hier hängt die Speisekarte auf dem Busch, schaut echt lustig aus. In der Küche dürftet aber schon gewerkelt werden, denn aus dem Fenster kommt Suppengeruch. Wir lassen den Gasthof rechts liegen und wandern von dort bergab. In wenigen Schritten erreichen wir die Theresienkapelle, die 1930 erbaut wurde, zu Ehren der Kl. Hl. Theresia. Sie wurde nur 24 Jahre, weil sie an TBC erkrankte. Im Alter von 15 Jahren trat sie einst ins Kloster Lisieux mit dem Schweigegelübde ein.
Wir wandern weiter, kommen beim nächsten Gasthaus vorbei, der Pfänder Alp, das ist aber wirklich schon geschlossen. Wolfgang gibt dem Haflinger im Gehege eine Handvoll Gras und dann steigen wir weiter ab. Der Weg ist gesäumt mit Weidenröschen, die noch letzte hübsche pinkfarbige Blüten zeigen. Schon von weitem erblicken wir jetzt Hennen, die versuchen, aus dem Gatter auszubrechen. Siehe da, zwei haben es auch schon geschafft. Sie wollen noch mehr Freiheit, als sie ohnehin schon haben. In gesonderten Ställen relaxen nebenan vier Baby-Kühe, die Zuflucht im Schatten suchen. Mei, sind die süß! Wir spazieren weiter, die Straße entlang, müssen mal kurz ausweichen, weil die Straße mitten durch aufgegraben wurde. Die Gegend hier ist wunderschön, linkerhand die sanften, sattgrünen Wiesenhügel und auf der anderen Seite der Mischwald, wo am Rand Hollerbüsche wachsen und die schwarzen Beeren schwer zu Boden hängen. Nach wenigen Metern biegen wir von der Straße weg und erreichen einen mächtigen Bauernhof mit einem Garten, wie er im Lehrbuch steht. Die großen Himbeeren grinsen verlockend heraus, aber sie sind unerreichbar.
Der Weg führt Richtung Wald hinunter, vorbei an einer Kuhweide, wo der Blick der Tiere uns neugierig verfolgt. Wir kommen nicht weit, denn nach der nächsten Kurve entdecken wir eine große Fläche mit blühender Minze. Wolfgang kommt auf die Idee, dass wir uns die wie zuhause ins Wasser geben könnten. Gesagt, getan, da schmeckt ja das lauwarme Wasser in den Trinkflaschen gleich viel besser.
„Das Wandern ist des Bauer´s Lust“, ja so wie es heute ist, genauso wollen wir es haben. Angenehme Temperaturen, schöne Landschaft und wir fast allein unterwegs. Bei der „alten Dampfsäge“, die eingehüllt ist vom rosa blühenden Springkraut, bieten sich dann zwei Varianten des Wanderweges. Wir biegen den Bergweg Richtung Hirschberg, der schnell ansteigt und schmal wird. Das Plätschern von Wasser ist zu hören und kommt immer näher auf uns zu. Wir müssen mehrmals das Bächlein überqueren und dann steigt der Wanderweg immer höher an. Über Wurzeln, Stock und Stein kämpfen wir uns weiter und eine halbe Stunde später kommt die Alpe Hirschberg in Sicht. Wir durchqueren noch eine Kuhweide, aufgepasst, dass wir in keinen Kuhfladen treten. Die Kühe liegen auf der Wiese und lassen sich von der Sonne wärmen. Das Empfangskomitee steht bereit, denn vor dem Gatter haben sich Ziegen in den Weg gestellt und sie lauern darauf, durch das Gatter schnell hindurch zu huschen, wenn wir es öffnen. Unachtsame Besucher müssen danach auf die Jagd gehen und die Tiere wieder raus schaffen, denn die Blumen und Graserl im Gastgarten schmecken doch viel leckerer. Tut das gut, wieder mal zu sitzen! Wir bestellen uns Älpler-Hugo, gespritzter Most mit Hollersirup, ist eine tolle Mischung. Zur Jause gibts Verhackertes und Bergkäse. Mmmh, lecker!
Wir setzen unsere Wanderung fort, wieder durch die Kuhweide den Abhang hoch und kommen zur Hirschberg-Kapelle. 1401 wurde erstmals von einem Einsiedler hier eine Kapelle zu Ehren von Johannes dem Täufer erbaut. Die kleine Holzkapelle ist einfach ausgestattet, aber sehr hübsch. Gänsehaut rinnt mir den Rücken runter, als ich den Zettel lese, der auf dem Altartisch liegt. Da haben Frauen ein Foto einer verstorbenen Angehörigen zur Kapelle gebracht und geschrieben, dass sie mit ihr die letzte Wanderung unternommen haben.
Wir steigen weiter zum Nordgrat hoch und erreichen das große Gipfelkreuz. Die 360° Panoramasicht ist umwerfend, die Namen der Berge kennen wir leider nicht. Einzig den Pfänder können wir aufgrund des Senders benamsen. Rund ums Gipfelkreuz sitzen Wanderer in der Weide, verdrücken ihre Jause und genießen wie wir die Aussicht. Die Wiese ist übersät mit Silberdisteln, die im Sonnenlicht schön glitzern. Rosa Besenheide und gelbes, niedriges Fünffingerkraut gefällt es auch hier in dieser Umgebung.
Wir halten uns nicht lange auf, da die Fliegen furchtbar lästig sind und wir machen uns an den Abstieg südlich des Hirschbergs. Auweh, das ist gar nix für mich, denn schon nach kurzer Zeit macht sich das Knie bemerkbar. Schau ma amoi, ob der Kniestrumpf was hilft. Nicht wirklich, aber hinunter müssen wir.
Es wird nach einiger Zeit wieder flacher und wir kommen aus dem Wald raus. Plötzlich sehen wir ein Tier in die Wiese huschen. Was war das? Ein Eichhörnchen auf jeden Fall nicht. Wir legen uns auf die Lauer, aber der Kleine lässt uns ganz schön lange warten. Da heißt es stillstehen und Ausdauer haben und siehe da, wir werden mit einigen süßen Fotos eines Wiesels belohnt.
Wir biegen weg Richtung Jungholz und wandern anfangs auf einer breiten Forststraße, die mit Kies aufgeschüttet wurde. Am Wegrand wachsen Schwalbenschwanzenziane, die wir zuhause auch haben, nur da sind sie schon vertrocknet. Dann steigt der Weg an, wir tauchen aus dem Wald heraus und müssen wieder auf die Straße. Wow, inmitten einer Kuhweide ist eine große Fläche mit Minze übersät – auf den lila Blüten Schmetterlinge, die ihre Freude haben.
Nach einigen Kurven kommen wir zum „Fesslhof“, wo aus einem riesigen Kuhstall plötzlich eine junge dreifarbige Katze auf uns zukommt. Schwanzerl aufgestellt und schon hat sie uns abgeholt. Wolfgang hebt sie hoch und sie schmust ihm ins Gesicht. Ihr Schnurren hört sich an wie ein Traktor. Nach kurzer Zeit kommt eine zweite, schwarz-weiße und sie ist ein wenig größer und auch sie schmiert uns um die Beine. Am liebsten würden wir sie gleich in den Rucksack einpacken und mitnehmen. Aber nach dem Spielzeug im Hof zu urteilen, gibt es hier Kids und die wären dann sicher sehr traurig.
Als wir den Weg aufwärts fortsetzen, blicken wir mehrmals nach hinten und sehen, dass die Katzen uns ein Stück nachlaufen und uns dann nachgucken. Eine Kurve weiter oben kommen wir dann zur Bergsennerei Hinteregg, wo der Senner Florian Lang zum Kasermandl Sieger 2018 gekürt wurde. Na dann gratulieren wir natürlich auch ganz herzlich. Bei diesen leckeren Almwiesen mit den vielen Kräutern müssen die Kühe ja gute Milch geben. Mich erinnert es an meine Kindheit, wenn ich sehe, dass die Wiesen auch übersät sind mit Wiesenchampignons. Die haben wir früher auf den Bauernwiesen in unserer Umgebung gesammelt.
Wir kommen nur langsam vorwärts, nicht nur weil es ständig bergauf geht, nein auf einer Weide kommt Wolfgang eine Kuh zugelaufen, die sich von ihm kraulen lässt und ihn von oben bis unten abschleckt. Die hat ihn wohl zum Fressen gern, da werd ich ja richtig eifersüchtig.
Wir erreichen das dritte Gipfelkreuz des Hochbergs (1.069 m), das sich inmitten einer Kuhweide befindet. Von hier sehen wir auf den gegenüberliegenden Hirschberg und rechterhand zum Sender beim Pfänder. Wahnsinn, das sind wir heute schon alles gegangen? Auf einem Bankerl machen wir es uns kurz gemütlich und essen unsere Jause in der stillen Umgebung. Nur das Geläute der Kuhglocken und das Surren der lästigen Fliegen ist zu hören.
So Aufbruch, damit wir wieder zum Ausgangspunkt kommen. Wir wandern ein Stück auf dem Jakobsweg München nach Einsiedeln und nehmen den Pfänder Höhenweg zurück. Eineinhalb Stunden liegen noch vor uns, wir sind schon müde, die Füße tun bereits furchtbar weh und den Knien geht’s auch nicht besser. So wandern wir von einem Bankerl zum anderen.
Vierzig Minuten noch und die Füße sind schwer … schnauf, schnauf, es geht wieder aufwärts und der Weg führt wieder aus dem Wald raus. Die Abendsonne ist noch sehr warm und verlangt uns vieles ab. Wann kommt denn das nächste Bankerl?
Es wird schon ordentlich anstrengend … dreißig Minuten noch …. und es immer noch kein Bankerl in Sicht. Das letzte Wasser in der Flasche ist schon sehr warm, aber mit der Minze drin noch sehr lecker. Gegenseitig spornen wir uns an, dass es nimmer weit ist. Dann endlich ein Bankerl.
Wir kommen zum Knotenpunkt, wo wir am Morgen in die andere Seite abgezweigt sind. Vor uns liegt eine saftige Wiese, übersät von vielen rosa blühenden Herbstzeitlosen. Schnell noch einige Bilder davon gemacht und dann geht’s weiter.
Endlich, der Fernsehsender kommt in Sicht, er ist zum Greifen nahe und die Füße lassen sich kaum mehr heben. Gleich haben wir es geschafft, nur noch ein paar Kurven. Die Schritte werden immer kleiner und dann müssen wir nur noch einen Berg hinter uns lassen. Als Belohnung präsentiert sich die Theresienkapelle jetzt in der schönen Abendsonne. Tja, jetzt geht’s wieder abwärts und für die letzte Schräge brauch ich die doppelte Zeit, da ich aufgrund der Knieschmerzen seitlich steigen muss. Die Aussicht auf einen Eiskaffee im Gasthaus Pfänderspitze lässt uns aber weiterkämpfen.
Geschafft! Es ist verdammt gut auf der Terrasse mit Blick auf den Wildpark zu sitzen. Für den haben wir aber keine Lust mehr heute, nachdem wir schon 17,9 Kilometer und 7 Stunden 18 herumgelatscht sind.
Die Seilbahn bringt uns wieder ins Tal, wir berappen stolze 21,60 Euro für den Parkplatz und dann rauschen wir direttissimo zum Ferienhaus. Nach einer langen Dusche werden dann die Füße noch verwöhnt mit Fußbalsam und dann ist nur noch relaxen angesagt.