Bonjour Brüssel, heute ist Montag und das arbeitende Volk ist schon auf den Beinen. Wir rücken auch per pedes kurz vor 08:30 Uhr aus Richtung Bahnhof. Dabei kommen wir an der Kathedrale vorbei, die im Stadtzentrum auf einem Hügel liegt. Umgeben von einem hübschen Park mit Bänken unter Bäumen, die von Obdachlosen bevölkert sind. Auch an jeder Straßenecke sind sie anzutreffen mit ihren Bechern in der Hand. Schockierend für uns ist, dass da oft gutgekleidete Menschen betteln, von denen man es gar nicht ahnt, dass sie das notwendig haben.

Wir erreichen den Bahnhof und ziehen uns Tickets für den IC1530 Richtung Blankenberge. Die Zugfahrt geht durch flaches vorwiegend landwirtschaftliches Gebiet mit Feldern, Wiesen und Weiden. Die Pferde und Kühe lümmeln noch gemütlich auf den Koppeln. Die Bahntrasse ist grün gesäumt mit rosa Weidenröschen und gelben Wildblumen. Sanft schaukelt der Zug und ein leises Klappern begleitet die Fahrt durch kleine Ortschaften. In der Haltestelle von Gent herrscht mal kurzer Trubel und dann geht´s wieder ruhig weiter. Auch im Abteil wird nur geflüstert, die meisten Fahrgäste aber schlafen oder lesen.

Punkt 08:50 Uhr heißt es dann Welkom in Brugge. Wir nehmen den Bus ins Zentrum und sind schon nach wenigen Kilometern von der Stadt begeistert. Häuser aus roten Backsteinen mit schönen Treppengiebeln säumen das Kopfsteinpflaster. In der Altstadt verlassen wir den Bus und weil sich gegenüber am Rozenhoedkaai die Bootsanlegestelle befindet, bietet es sich an, gleich eine Grachtenfahrt zu unternehmen.

Schifferlfahren in Brügge

Auf den zehn Kilometern Wasserkanal durch die Stadt können per Boot die Hälfte befahren werden. Nachdem uns der Bootsführer eine Viertelstunde in der Sonne braten lässt, geht´s dann schmähführend am Ufer des Kanals Dijver los. Der Guide schippert entlang pittoresker Häuserzeilen, Kirchen und historischer Gebäuden und erzählt uns dabei informatives und witziges über die Stadt, Land und Leute. Einige der alten Häuser dienten als Filmkulisse, bei denen unter anderen Audrey Hepburn mitwirkte. Auch in Brügge gab es einst die Fenstersteuer, der Grund, warum viele zugemauert wurden. Brügge gehört seit 2000 zum UNESCO Weltkulturerbe und da darf nichts mehr verändert werden und deshalb müssen diese verschlossenen Fenster für immer zu bleiben. Im Kanal gibt es immer wieder kleine Springbrunnen und die sind notwendig, damit Sauerstoff ins Wasser gelangt und dieses nicht zu stinken beginnt. Am Ufer fühlen sich Ente, Schwan und Co pudelwohl und widmen sich der Fiederpflege. Wir fahren unter Brücken durch, die so niedrig sind, dass so mancher stattliche Mann seinen Kopf einziehen muss. Von den Decken der alten Steinbrücken hängen sogar Stalagtiten herunter und die vielen kleinen Brücken vermittlen das Flair, als würden wir durch Venedig schippern. Nach einer halben Stunde kommen wir wieder zum Ausgangspunkt und jetzt sind wir bereit nach den ersten Eindrücken die Sehenswürdigkeiten abzuklappern.

Als erstes schlendern wir entlang des Kais, wo die Backsteinmauern des Sint-Janshospitaal tief ins Wasser ragen. Erbaut wurde das ehemalige Krankenhaus im Mittelalter zur Versorgung der Kranken und Pilger. Heute beherbergt es ein Museum.

Der Große Markt von Brügge

Dann spazieren wir die Wollestraat entlang, wo ein Geschäft neben dem anderen liegt. In den alten Häusern gibt es Schokolade, Brüsseler Spitzen, Souvenirs, Antiquitäten und vieles, vieles mehr zu kaufen. Wir erreichen den Groten Markt, der dominiert wird vom 83 Meter hohen Belfried. Er diente in Kriegszeiten als Wachtturm und wurde auf den Komplex der Stadthallen aufgesetzt. Aufgrund von Bränden sind heute mehrere Baustile und Materialien sichtbar und der Turm erhielt anstelle einer hölzernen Spitze eine steinerne Krone aufgesetzt. Im Turm befinden sich große Glocken, die noch von einem Glockenspieler manuell betätigt werden.

Der Platz wird in der Mitte dominiert vom Denkmal zweier steinernen Volkshelden, die 1302 Brügge gegen die Franzosen verteidigt haben, Pieter de Coníck und Jan Breydel. Umgeben wird der große Platz von historischen Häuserzeilen, aneinandergereiht wie siamesische Zwillinge und mit ihren Treppengiebeln und farbigen Anstrichen sehen sie aus wie eine Kulisse aus Disneys Filmstudios. Einfach wunderschön!

Provinciaal Hof

An der Ostseite des Platzes befindet sich heute der imposante Provinciaal Hof mit der weißen Fassage und den hübschen gotischen Spitzen. Er war einst Versammlungsraum der Regierung, heute dient das Gebäude für Ausstellungen. Kaum vorstellbar, anstelle dieses Gebäudes stand einst die sogenannte Waterhalle, wo der Fluss Reie durch Brügge floss. Damit die Schiffe im Trockenen entladen werden konnten, wurde Ende des 13. Jhdt. die Wasserhalle gebaut, wo die Tücher gehandelt wurden. Hier wuselt es nur so von Menschen, die geschäftig herumhuschen, zu Fuß, mit dem Rad oder bequem in den City-Tourbussen. Schon im Mittelalter spielte dieser Platz eine wichtige Rolle für die Händler, die ihre Waren auf dem Marktplatz feil boten. Das mittelalterliche Flair ist heute noch zu spüren, denn Kutschen rumpeln über das Kopfsteinpflaster und es herrscht geschäftiges Treiben. Der Geruch der Pferdeknödel passt da auch bestens dazu.

Auch dem Admiral-Falter scheint unser Mittagessen zu schmecken

Wir möchten dieses Ambiente auch ein wenig aufsaugen und finden Platz im Restaurant Central”. Zum Trappisten Bier und Appelsap wählen wir aus der Tageskarte typisch belgische Gerichte. Wolfgang traut sich über die Schnecken mit Speck in dunkler Sauce als Vorspeise und danach macht er sich über das Flemish Stew her. Antonia und ich probieren nach der Tagessuppe den Waterzooi Eintopf mit Henderl, Gemüse und Kartoffel. Plötzlich setzt sich ein Admiral-Schmetterling auf unseren Tisch und spaziert zielstrebig auf mich zu. Die gelbe Sauce hat eine Anziehungskraft auf ihn, denn so schnell können wir gar nicht reagieren, schwups, sitzt er mitten im Essen von Antonia. Wir können den Kerl zwar retten und setzen ihn in den Blumentrog, aber ob er es trotzdem schafft, das wissen wir nicht. Zum Essen bekommen wir ein tolles Glockengeläut vom Belfried, da haut sich der Glockenspieler ordentlich ins Zeug. Auch für Unterhaltung ist gesorgt, denn am Nachbartisch sitzen sieben Japaner, die mit Essen und Trinken herumschütten. Sie bestellen sich das belgische Kwak Bier, ein bernsteinfarbiges Ale, das in einem Spezialglas serviert wird. Es ähnelt einem Reagenzglas und man sagt, dass es von den Kutschern früher in eine Haltevorrichtung eingehängt wurde und so auch während der Fahrt getrunken werden konnte. Zurück zu den Japanern, da serviert man ihnen ein so beeindruckendes Glas und was tun die Banausen, sie leeren den Inhalt in kleine Saftgläser um und mischen es mit anderen Bieren. Der Kellner ist entrüstet, schüttelt nur noch den Kopf und ruft “Sakrileg, Sakrileg”! Das Kwak Bier hat übrigens den Namen von seinem Schöpfer, der es  1791 erstmals braute.

Rathaus Brügge

Die nächsten Gäste stehen schon in der Warteschlange und daher räumen wir unseren Platz und stürzen uns wieder ins Vergnügen. Bevor wir in die nächste Gasse abbiegen, betrachten wir die Häuserfronten noch ein wenig genauer und entdecken hübsche Ornamente und Details, wie Schnecken oder Katzen, die auf den Giebeln sitzen. Sehenswert ist auch das Backsteingebäude der alten Post, das sich am Ostende des Platzes befindet. Von dort schlendern wir Richtung Stadhuis, das Rathaus aus dem Jahr 1376. Das imposante Gebäude wurde aus weißem Stein erbaut und die Fassade ist übersät mit Wappen und Nischen mit biblischen und weltlichen Gestalten. Linkerhand angedockt an das Rathaus ist das ebenfalls beeindruckende Gebäude der Stadtkanzlei (Oude Griffie). Heute beherbergt es das Archiv, wo alte Erinnerungen aufgehoben werden. Auf den drei Giebeln die goldenen Figuren von Justitia, Aaron und Moses. Aus Medaillons gucken dreidimensional bekrönte Figuren mit grimmigen Gesichtern heraus. Viele goldene Ornamente und ein schön gemaltes Stadtwappen von Brügge mit Löwe und Bär zieren die weiße Fassade. Auf der anderen Seite des Rathauses befindet sich die Heilig-Blut-Basilika, eine Doppelkirche mit der Basilius-Kapelle als Oberkirche. Da das Tor erst am Nachmittag wieder für Besichtigungen geöffnet wird, schlendern wir nochmal über den Platz. Am Burgplatz ist eine große Bühne aufgebaut und die Techniker prüfen mit Sprechproben die Akustik. Da wird heute Abend die Hölle los sein!

Wünderschöne Häuser in Brügge

Wir spazieren weiter Richtung Kanal und kommen zum Jan van Eyckplein, einem hübschen Platz, wo mittig der namensgebende Maler stramm von einem hohen Sockel auf uns herabschaut. Eine hübsche Häuserzeile mit dem Tolhuis, dem Pijndershuis und der Poortersloge umgeben das Monument. Dieser Teil der Stadt hat sich 1200 rund um den Fluss der Reie zu einem blühenden Hafen entwickelt, wo Waren geladen und gelöscht und Zoll erhoben wurde. 1477 wurde das Zollhaus (Tolhuis) erbaut und vier Figuren über dem Portal veranschaulichen die Zunft der Schiffslöscher. Die Händler wurden in der Poortersloge empfangen, einem beachtlichen Gebäude mit Turm, der vom Kanal weit sichtbar ist. Hier kommen die reichen Bürger zusammen, die das Stadtrecht besaßen, um den Geschäften nachzugehen. Von einer Nische schaut der Brügger Beertje van de Logie, ein Bär mit dem Wappenschild in den Pfoten auf die Fußgänger. Auf unserer Bootsfahrt haben wir schon gesehen, dass am Ufer direkt an der Siegelrei Promenade ein elf Meter großer Free Willy aus dem Wasser springt. Er wurde aus fünf Tonnen Plastikmüll erschaffen, der aus dem Wasser gefischt wurde und soll ein Zeichen setzen gegen die Verschmutzung der Meere.

Der Plastikmüll-Wal von vorne
und von hinten

Nicht weit entfernt befindet sich unser nächstes Highlight, nämlich das Museum Choco-Story, das die Geschichte der belgischen Schokolade näherbringt. Mit dem Bezahlen des Eintritts erhalten wir als Einstimmung gleich eine Tafel Schokolade. Der Rundgang führt über vier Etagen wo wir mit einem Film, Fotos, vielen Ausstellungsgegenständen und Kostproben einen Einblick über die Entwicklung der heutigen Leckerei erhalten. Begonnen hat alles in den Tropen in Zentralamerika, wo die Kakaobäume wachsen. Die Atzteken und Mayas stellten einen Trank her, den sie den Göttern darbrachten. Dann wurden die Kakaobohnen als Medizin und als Währung genutzt und jetzt ist Schokolade ein Genußmittel für Jung und Alt auf der ganzen Welt. Heute schmieren wir uns Schokolade auch ins Gesicht, um eine schönere Haut zu kriegen. Mit lustigen Comics werden Fragen über die Schokolade gestellt und so spielerisch die aufregende Geschichte der Schokolade vermittelt wird. “Bewirkt Schokolade einen hohen Cholesterinspiegel?“ – Neeeein, im Gegenteil, er reduziert ihn sogar. Daher probieren wir von jedem Spender die verschiedensten Schokolinsen, von ganz bitter, über süß, bis zu den weißen. Auf einer Infotafel wird veranschaulicht, welchen Anteil an Zucker und Kakaobutter die einzelnen Sorten haben und ab jetzt essen wir keine weiße Schokolade mehr! Im letzten Raum präsentiert uns ein Chocolatier die Entstehung einer Praline und wie einfach man zuhause auch Partyschokolade mit getrockneten Früchten und Nüssen herstellen kann. Er lässt und dann auch gegen Einwurf kleiner Münzen reichlich davon probieren. Das Geld wird benötigt, weil er nächstes Jahr mit seinen Kollegen nach Brasilien fliegen möchte, um sich auf einer Farm die Verarbeitung anzusehen. Witzig und informativ ist dieses Museum gestaltet und wir haben echt Gefallen daran gefunden. Uns wurde auch eingebläut, dass die beste Schokolade die belgische ist. Zwecks Qualitätskontrolle erstehen wir im Shop dann noch einige Leckerlis, die wir vor der Tür dann gleich vernaschen.

Schokowahnsinn

Langsam stapfen wir zurück zum Burgplatz und jetzt ist die Heilig-Blut-Basilika (Basiliek van het Heilig Bloed) offen. Wir steigen die ausgetretenen Steintreppen hoch und betreten ehrfürchtig den Innenraum. Wow, ist das hier schön, umwerfend. Bunt bemalte Wände und Fensterscheiben und der goldene Altar vermitteln einen gemütlichen Eindruck. Während wir den Duft des Weihrauchs einsaugen, betrachten wir die Bilder und lassen alles auf uns wirken. Leise, sakrale Musik begleitet unseren Rundgang durch die Kapelle. Den Namen hat die Kapelle aufgrund einer Ampulle, die die Stadt 1149 von Dietrich von Elsass bei seiner Rückkehr aus einem Kreuzzug mitgebracht hat.

Der Kirchenraum der Heilig-Blut-Basilika in Brügge

Angeblich befindet sich in der Reliquie ein Tropfen des Blutes von Jesu Christi. Daher wird sie seit 1291 jedes Jahr zu Christi Himmelfahrt in einer Prozession durch die Stadt getragen. Bei diesem Spektakel werden Szenen aus den Testamenten nachgespielt und geschichtliche Ereignisse dargestellt. In historischen Gewändern laufen Bruderschaften und Handwerksgilden durch die mittelalterliche Stadt. Heute sitzt in der rechten Seitenkapelle für eine halbe Stunde ein Geistlicher – vor ihm die Reliquie. Gegen eine Donation darf der Besucher einige Sekunden seine Hand auf das Gefäß legen. Wir sparen uns dieses Geld, werfen es in der Unterkirche in die Box und erstehen dafür ein Kerzerl zum Gedenken an Antonias verstorbene Oma.

Die romanische Kirche ist das älteste Gebäude der Stadt und stammt aus dem 12. Jhdt. Wieder draußen lassen wir noch unseren Blick über die reich verzierte Fassade schweifen, wo sich unter anderen Figuren der goldene Dietrich von Elsass und sein Sohn Philipp vom dunklen Gestein toll abheben. Auf der Fassade finden wir auch einen Landsmann von uns, nämlich Albrecht VII., Erzherzog von Österreich, der Sohn von Kaiser Maximilian II. Auf dem Platz werden die Menschen immer mehr und der Gesang immer lauter und komischer. Wir hören uns einen Act an und haben das Gefühl, dass die Typen auf der Bühne ein wenig eingeraucht sind. Daher passieren wir den Torbogen bei der Stadtkanzlei und spazieren die Blinde-Ezelstraat entlang. Immer wieder kommen wir zu kleinen Plätzen, wo die Leute gemütlich sitzen, überqueren Brücken und haben schöne Blicke auf Häuserzeilen und Balkone.

Auf dem Weg zur Liebfrauenkirche legen wir einen kurzen Stopp in der Gruuthusestraat 2 ein, weil da die Oma Jacqueline Van Cappel vor der Haustür auf einem Sessel sitzt und klöppelt. Wir sehen ihr eine Weile zu und unterhalten uns mit ihr – auf Deutsch. Bevor wir uns verabschieden, kaufen wir ihr noch ein kleines Platzset ab.

Klöpplerin Jacqueline Van Cappel

Das gegenüberliegende Gruuthuse-Museum ist aufgrund Renovierung geschlossen, aber wir können im Innenhof das Gebäude von außen betrachten. Wenige Schritte daneben liegt die Onze-Lieve-Vrouwekerk aus dem 13. Jhdt. Ungewöhnlich für die damalige Zeit ist, dass die Liebfrauenkirche aus Backsteinen mit einem über 115 Meter hohen Turm erbaut wurde. Sie ist eines der ältesten Bauwerke in Flandern und wurde mehrmals erweitert. Wir öffnen die schwere Holztür und Kirchenmusik erfüllt den Raum. Der Innenraum ist sehr hell in Weiß und Schwarz gehalten und der Backstein nur noch im Kreuzrippengewölbe sichtbar. An einigen Stellen wurden alte Fresken freigelegt und es wird gerade noch fleißig renoviert. Es riecht nach Farbe und einige Bereiche der Kirche sind für die Besichtigung gesperrt, dafür können wir einem Restaurateur beim Pinseln zusehen. Die Kirche beherbergt Grabmäler und eine reichhaltige Kunstsammlung. Besonders erwähnenswert ist die weiße Madonna von Michelangelo aus dem Jahr 1503, die er ursprünglich für den Altar des Doms in Siena hergestellt, sie dann aber an Kaufleute von Brügge verkauft hat. Die Madonna empfängt heute keinen Besuch mehr, da das Museum bereits geschlossen ist. Na dann, vielleicht ein andermal.

Bonifatius Brücke

Wir gehen zurück, durchqueren den Innenhof vom Gruuthuse-Museum und biegen dann um die Ecke und stehen vor der Bonifatiusbrug. Die steinerne Rundbrücke sieht richtig hübsch aus und passt super in dieses mittelalterliche Ambiente. Mit wenigen Schritten überqueren wir die schmale, rumpelige Brücke und müssen lange warten, um ein Foto machen zu können, wo nicht ganze Busladungen Leute draufstehen. Umgeben ist sie von Häuschen aus Stein und Holz und von hier haben wir auch einen guten Blick auf die Liebfrauenkirche.

Wir sind verliebt in das mittelalterliche Brügge mit den hübschen Plätzen und Gassen und weil das Wetter noch so schön ist, beschließen wir uns ein gemütliches Platzerl zu suchen, um noch eine Kleinigkeit zu essen. Und was würde sich da besseres anbieten, als eine Brauerei. In der Kartuizerinnenstraat 6 befindet sich die Bourgogne des Flandres Brewery und wir haben das Glück, dass gerade ein kleines Tischerl auf der Terrasse frei wird. Hier sitzen wir direkt am Kanal, wo die Boote an uns vorbeifahren und die Menschen auf der Brücke oberhalb spazieren. Wir zwei bestellen uns Biere aus der Brauerei und Antonia grünen Tee. Dazu ordern wir als Fingerfood verschiedene Hartkäsesorten, Speck und Chorizo. Diese Brauerei kann man auch besichtigen und dem Bierbrauer über die Schulter zusehen, wofür es heute aber schon zu spät ist. Egal, wir genießen das Sitzen hier, die tolle Jause und das angenehme Wetter.

Kleine Stärkung direkt am Kanal in der Bourgogne des Flandres Brewery

Ausgeruht und entspannt stapfen wir jetzt weiter, verlassen die Altstadt und sind unterwegs Richtung Bahnhof. Dabei nehmen wir natürlich noch Sehenswürdigkeiten mit, die auf der Strecke liegen. Wir nähern uns dem Smedenpoort, das ist eines der vier übriggebliebenen Stadttore. Dieses prächtige Tor datiert ursprünglich von 1297 bzw. 1367 und auf den Überresten wurde dieses schmucke Bauwerk errichtet. Eine Zwillingsbrücke führt über den Kanal und in dem kleinen Türmchen auf dem Dach hängt noch die Glocke, die einst das Schließen des Tors ankündigte. Wir durchqueren das Tor auf der einen Seite und auf der anderen Seite wieder retour und schlendern dann entlang des Wassers parallel zur Hendrik Consciencelaan. Beide Ufer sind üppig bewachsen mit altem Baumbestand wie Platanen, Paperbark-Bäume, Weiden, Bambus und anderen prächtigen Bäumen und Stauden. Pinke Blüten des Blutweiderichs säumen den Wasserrand und im Nass tummeln sich Wildenten, Pommernenten, Blässhühner, Schwäne und viele andere. Unter dem Blätterdach stehen in regelmäßigen Abständen gemütliche Bänke zum Ausruhen. Wir merken schon den anstrengenden Tag in unseren Beinen, daher nutzen wir immer wieder die Gelegenheit uns niederzulassen.

Minnewaterbrücke

An der Straße König Albert I-Laan kommen wir zur UNESCO-Rotonde, einem großen Kreisverkehr mit Fahnen der EU und den Mitgliedstaaten. Von hier ist es nicht mehr weit zur Minnewaterbrug, wo sich ein alter Pulverturm befindet. Minnewater ist der beliebteste und meistbesuchte Ort von Brügge. Es ist die Stelle, wo früher das Flüsschen Reie in die Stadt hereinkam. Im 13. Jhdt. werden Wehre und Schleußen gebaut, um die Wasserschwankungen in den Griff zu kriegen und so entstand der kleine Stausee. Wir finden hier ein Paradies für Spaziergänger, Jogger und Radfahrer vor, eine Oase der Entspannung, wo man dem quirligen Leben von Brügge ein wenig entgehen kann. Im Mittelalter war der Aberglaube verbreitet, dass unter der Brücke ein Wassergeist haust. Aber Minne bedeutet auch Liebe und daher heißt Minnewater auch See der Liebe. Kein Wunder, dass dieser bezaubernde See diesen Namen trägt, denn auch wir genießen dieses schöne Ambiente. Auf der anderen Uferseite thront hübsch am Wasser gelegen das „Restaurant Kasteel Minnewater“, das einem kleinem Schlösschen gleichkommt. Am Ende der Straße Begijnenvest steht das hübsche Sashuis, es war im 16. Jhdt. das ehemalige Schleusenhaus, wo sich die Wärterwohnung und der Mechanismus zur Bedienung der Stauscheiben befinden. Wow, ist das ein kitschiges Foto, das Backsteinhäuschen mit Treppengiebel und Türmchen, glühend rostfarben von der angestrahlten Abendsonne und als Hintergrund der blaue Himmel.

Sashuis

Gegenüber vom Schleusenhaus gehen wir durch einen Torbogen und befinden uns im Begijnhof. Hinter einer Backsteinmauer liegen mehrere Gebäude nebeneinander, hier haben zur Gründungszeit 1245 Beginen gelebt.  Seit 1937 ist der Begijnhof die Heimat von Benediktinerinnen. Kopfsteinpflasterwege führen entlang weiß gekalkter Häuserzeilen. Auf jeder Fensterscheibe klebt ein Schildchen mit der Aufschrift “SSST” und ein Finger deutet auf verschlossene Lippen. Plötzlich klopft es an einer Scheibe und als wir hinsehen, schickt uns eine Nonne ein Küschen mit der Hand. Im Innenhof stehen die hohen Bäume windschief und die Blätter rauschen im leichten Lüftchen. In der Wiese wächst gelbes Jakobs-Greiskraut. Für die Besichtigung der kleinen Kirche ist es schon zu spät, flink huscht eine Nonne heraus, versperrt das Tor und schon ist sie wieder verschwunden. Wir verlassen die friedliche Oase und marschieren weiter zum nahegelegenen Bahnhof, wo wir um 19:58 Uhr den Zug zurück nach Brüssel besteigen. Kurz bevor wir ankommen, kommt noch die Durchsage, dass Dienstag und Mittwoch gestreikt wird und man auf der Homepage nachlesen soll, bevor eine Reise angetreten wird. Für heute sind wir genug gereist, es ist ein toller Tag gewesen und wir sind ordentlich müde. Wir freuen uns auf morgen, wenn wieder viel Interessantes auf uns wartet.

Innenhof des Begijnhof in Brügge

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