Im Nu vergehen auch die letzten Wochen und Tage und nun ist es soweit. Unsere Rucksäcke sind gepackt und den letzten Abend verbringen wir noch bei Wolfgang´s Eltern. Bei einem gemeinsamen Essen und einem Glaserl Wein plauschen wir gemütlich, bis wir uns gegen 22:45 Uhr verabschieden und aufbrechen. Bussi links und rechts, knuddeln, Katze kraulen und dann stapfen wir beladen zur Straßenbahn.
Am Bahnhof ist nicht mehr viel los um diese Zeit und weil uns auf den kalten Bänken der Hintern abfriert, beschließen wir kurz zu McDonalds zu gehen. Wolfgang verdrückt knapp vor Mitternacht noch Pommes und Chicken Nuggets, schließlich haben wir ja nur vier Toasts als Abendessen verspeist.
Um den Angestellten den Feierabend zu ermöglichen, verlassen wir danach auch gleich wieder das Restaurant und verweilen die restliche Zeit im Aufenthaltsraum, bis unser Zug geht. Die Security wird auf uns aufmerksam und fragt, ob wir eh noch weiterfahren und die Nacht nicht hier verbringen. Nein, keine Sorge, wir freuen uns auf den Urlaub.
Dann ist es endlich soweit, wir besteigen den Nightjet 246 nach Bregenz und beziehen unsere Schlafkabine. Dort werden wir begrüßt mit Prosecco, Wasser und Orangensaft, aber das brauchen wir heute nimmer. Pünktlich um 00:56 Uhr verlässt der Zug den Bahnhof und wir schmeißen uns in die Betten nach der Ticket-Kontrolle. Zuvor schnell noch ein wenig gewaschen, die Ohrstöpsel rein und dann freuen wir uns auf den wohlverdienten Schlaf. So war das zumindest geplant, aber oft kommt es anders, als man denkt. An Schlaf ist bei mir nicht zu denken, denn das laute Rattern und Quietschen, wenn sich der Zug in die Kurve legt und vor allem das Herumkugeln beim Bremsen, das ist für Menschen mit leichtem Schlaf wirklich nix. Aber immerhin waren es letztendlich ganze 39 Minuten Schlaf laut meiner Garmin-Uhr.
Um 07:00 Uhr wird uns das Frühstück ans Bett, äh in die Kabine gebracht, das wir in der Nacht noch ausgewählt haben. Wir genießen unser Marmeladenbrot und den wirklich sehr leckeren Kaffee während wir aus dem Fenster schaun und die Landschaft genießen. Uns gefällt die Bergwelt mit den Wasserfällen, den schönen Dörfern und auf den Wiesen sind die Kühe auch gerade beim Frühstück. Das Wetter schaut freundlich aus, als wir um 07:49 Uhr in Feldkirchen einfahren.
Sandra und Georg erwarten uns schon am Bahnhof und helfen beim Verstauen unseres Gepäcks. Kurz nach 08:00 Uhr starten wir los, lassen das hübsche Feldkirch hinter uns und die Fahrt führt uns durch eine traumhafte Landschaft mit den schneebedeckten Bergen. Nach knapp zehn Minuten passieren wir eine Kuhherde und wir sind in Lichtenstein gelandet. Der Besuch ist kurz, denn nach fünf Minuten verlassen wir das Fürstentum schon wieder und erreichen die Schweiz. Die Urlaubsgefühle sind schon stark zu spüren, denn wir finden Gefallen an der Gegend und auch die Sonne gewinnt nun Überhand und lässt die Berge erstrahlen. Im Glarnerland fahren wir ein Stück direkt neben dem Walensee, auf der anderen Seite sind die Bauern mit ihren Mähmaschinen auf den steilen Bergwiesen fleißig am Werkeln. Georg hat eine beschwingte Jazzmusik eingelegt und wir haben Spaß miteinander. Der Schmäh rennt am laufenden Band und ein Wort ergibt das andere.
Wir nähern uns Zürich, das Land wird flacher, die schroffen Berge verschwinden mal kurz und das Umland wird von bewaldeten Hügeln geprägt. Darin sind Burgen teilweise versteckt und können von den Menschen, die gerade im Heißluftballon über uns schweben, von oben erspäht werden. Am Boden reiht sich eine Kuhweide an die nächste, Reiter erkunden die Landschaft hoch zu Ross und auch Spaziergänger sind zuhauf unterwegs. Die Bauern bestellen ihre Felder und über ihnen kreisen die Raubvögel in der Hoffnung aufgescheuchte Mäuse zu jagen. Lila Wiesensalbei und rote Mohnblüten verleihen den sattgrünen Wiesen schöne Farbkleckse. Die Getreideähren schimmern im Sonnenlicht, ach ist das schön.
Willkommen im Kanton Schwyz lesen wir auf einem Schild, sind sehr freundlich die Schweizer. Wir kommen zügig voran und erreichen Zürich und hier halten wir uns Richtung Basel. Es ist 09:30 Uhr, als wir die Stadt hinter uns lassen. Auf einer Raststation legen wir eine kurze Pipi-Pause ein, für die wir pro Person einen Euro berappen müssen. Wir legen danach unsere dafür erhaltenen Gutscheine zusammen und tauschen sie am Ausgang in einer Bäckerei für ein Schoko-Gipfl, übersetzt ein gefülltes Blätterteig-Tascherl. Waren schon tolle Produkte, die in der Shopping-Mall verkauft werden, aber wir haben doch keine Zeit und die Schweizer Preise wollen wir uns auch nicht leisten. Wir brauchen die Kohle noch für das ebenso teure Frankreich.
Etwa fünf Kilometer vor Basel gelangen wir mitten in einen Stau, aber ruck-zuck sind wir da durch und nun peilen wir unser nächstes Ziel an, nämlich Mülhausen. Die knapp vierzig Kilometer radeln wir auch schnell herunter und Punkt 10:42 Uhr erreichen wir dann die Grenze – Bonjour France!
Zwischen Belfort und Mülhausen überqueren wir die Europäische Wasserscheide Mittelmeer – Atlantik. Das Wetter ist uns immer noch wohlgesonnen, es hat 22° und es ist sonnig. Sonnengelb leuchtet auch der Ginster neben der Autobahn und der lenkt mal kurz ab von der Péage, die ab jetzt kommt. Wir sind nur wenige Kilometer gefahren, kommt schon die erste Stelle. In Frankreich gibt es leider keine Autobahn-Vignette, daher heißt es immer wieder „bitte anhalten, Ticket ziehen bzw. bezahlen“.
Kurz nach Mittag erreichen wir Besançon, finden auf Anhieb einen Parkplatz und spazieren dann durch die Gassen auf der Suche nach einem Bistro oder Café. Bei angenehmer Temperatur von 24,5° schlendern wir auf dem Kopfsteinpflaster und sammeln erste tolle Eindrücke von Burgund. Wir kommen aber nicht weit, denn schon bald entdecken wir das hübsche, kleine Café Morand. Bei typisch französischem Ambiente genießen wir verschiedene, leckere Tartines und Georg entscheidet sich für die Tarte salé avec trois fromages. Sandra und ich gönnen uns noch als Nachtisch Tarte au citron und Tarte rhubarbe. Mmmmh, c´est très délicieux – der Urlaub beginnt schon traumhaft, das kann so weitergehen!
Gestärkt stapfen wir nun durch die Altstadt und die prächtigen Patrizierhäuser mit den vielen Schornsteinen auf den Dächern, den Figuren und Stuckverzierungen ziehen uns schon bald in ihren Bann. Besançon liegt am Fluss Le Doubs und nahm schon im Mittelalter eine wichtige Rolle ein. Die Stadt musste viele Kämpfe überstehen, bis sie schließlich 1678 ein Teil Frankreichs und mit einer Befestigungsmauer umgeben wurde. Es wurden monumentale Gebäude errichtet und wir nutzen den Tag und klappern einige davon ab. Von der Rue de Granges erreichen wir den Place de la Révolution oder auch Anciennement Place du Marché genannt, weil hier Mittwoch, Freitag und Samstag der Markt stattfindet. Fleißige Müllmänner sind noch beschäftigt, die letzten Spuren davon zu beseitigen. Umgeben ist der Platz von prächtigen Häusern und ein toller Springbrunnen markiert den Mittelpunkt. Das Musée des Beaux-Arts et d´Archeologie ist auffällig, denn da hängt eine übergroße Uhr an der Fassade. Daneben befindet sich das langgezogene Gebäude Conservatoire National de Région, errichtet 1720 – 1726 und wurde einst als Weizenspeicher genutzt. Durch eine Unterführung gelangen wir zum Quai Vauban und stehen direkt am Ufer des Doubs. Der Kai wurde zwischen 1690 und 1695 zu Verteidigungszwecken erbaut. Schade, dass wir nicht genügend Zeit haben, denn hier wäre das Chillen am Ufer echt ein Highlight. Das zeigt uns die Entenfamilie, die sich hier sichtlich wohl fühlt.
Bevor wir den Rundgang in die Altstadt fortsetzen, halten wir noch den Pont Battant bildlich fest, an deren Ende sich die Èglise Sainte-Madeleine befindet. Für diese Kirche haben wir heute leider keine Zeit.
Wir spazieren nun die Grande Rue entlang und erhaschen durch offene Tore schöne Blicke in die dahinter liegenden Gärten. Durch so manch offenes Fenster offenbart sich eine atemberaubende Stuckdecke von der schwere Luster hängen. Überall sitzen die Menschen gemütlich und genießen Essen, Trinken und parlieren über Gott und die Welt. Die Stadt ist sehr sauber und reich geschmückt mit Blumen und Büschen und allerlei Zierde. Es herrscht reges Treiben in der geschäftigen Stadt und wir lassen uns in ihren Bann ziehen. Straßenmusikanten sorgen für eine tolle Wochenendstimmung in der sich alle sichtlich wohlfühlen. Hinter den Mamis tummeln sich die Kids mit ihren Rollern. Dann entdecken wir einen Sandkünstler, der einen schlafenden Hund auf den Gehsteig gezaubert hat. In den Gebäuden der Grande Rue haben sich viele Geschäfte eingemietet und während Sandra in einem Buchladen stöbert, widmen wir uns wieder etwas den prächtigen Häusern mit den imposanten Toren, Fenstern und schmiedeeisernen Balkonen. Bei unserem nächsten Besuch hier müssen wir uns auf jeden Fall die Pläne für die verschiedenen Rundgänge von der Tourist Info beschaffen, denn in das Kopfsteinpflaster eingelassene Symbole zeigen an, wo der Weg weitergeht. Vor den Sehenswürdigkeiten befinden sich Tafeln mit Fotos und lehrreichen Infos in mehreren Sprachen.
Am Place du 8 Septembre (Liberation du Besançon) befinden sich das Hôtel de Ville, das Rathaus und die Église Saint-Pierre. Das markanteste an der ursprünglich im 4. Jhdt. erbauten Peterskirche ist der hohe Kirchturm, der damals für den Stadtwächter als Ausguck diente. Das filigrane, goldene Metallkreuz strahlt in der Sonne und auf dem Platz vor der Kirche dreht sich ein hübsches Karussell.
Weiter des Weges entdecken wir am Gebäude Nr. 32 den Fontaine des Carmes, wo auf einem Sockel im Becken Neptune auf einem Fisch sitzt und seinen Durst stillt.
Das nächste Highlight lässt nicht lange auf sich warten, von außen kaum wahrnehmbar, befindet sich am Place Granvelle 8 das Palais Granvelle. Mit dem Bau wurde 1532 begonnen und es spiegelt das Ansehen seines Erbauers, den Kanzler Nicolas Perrenot di Granvelle, wider, denn der dreistöckige Palast wurde mit einer tollen Renaissancefassade versehen.
Im Innenhof umgibt den Palast ein hübscher Laubengang mit Korbbögen und das Dach wurde mit bunten Schuppen-Schindeln gedeckt, die in der Sonne leuchten. Seit 2002 beherbergt das Gebäude das Uhrenmuseum, das Musée du Temps. Verlässt man das Palais auf der hinteren Seite gelangt man in einen lauschigen Park und auch hier könnten wir im Gastgarten eines Restaurants verweilen und einen Drink genießen, vorausgesetzt, wir hätten mehr Zeit. So bleibt der schöne Gedanke nur in unseren Köpfen und wir setzen unseren Spaziergang fort.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindet sich die kleine Église Saint-Maurice, die wir aber auch links liegen lassen, für heute muss ein Bild genügen. Einen kurzen Fotostopp legen wir beim Geburtshaus von Victor Hugo ein, das sich auch entlang unseres Rundgangs befindet. Der Besuch des Museums wird auch vorgemerkt, denn hier kann man in das Leben des berühmten Schriftstellers eintauchen und das braucht natürlich auch Zeit. Ein dreidimensionales Emblem auf der Fassade zeigt, dass Victor Hugo hier am 26. Februar 1802 geboren wurde. Gestorben ist er übrigens am 22. Mai 1885 in Paris.
Wir stapfen weiter in die Rue de la Convention, wo sich der Square Castan befindet. In einem Park erinnern noch acht korinthische Säulen an die römische Stadt Vesontio, die Julius Cäsar im Jahr 58 v. Chr. hier als Stützpunkt erbaute, für den Kampf gegen die Germanen.
So, nun sind wir an der Porte Noir angelangt, einem gallisch-römischen Triumphbogen. Er wurde unter Kaiser Marc Aurel um 175 als Ehrentor nach militärischen Erfolgen errichtet. Das Tor hat eine Höhe von knapp 17 Metern, von denen sich etwa ein Meter unter der Erde befindet. Alle Seiten waren geschmückt mit mythologischen Reliefs, die die Einnahme der Stadt Ktesiphon darstellen. Es weist sehr schöne religiöse Szenen und Kampfdarstellungen auf, aber auch Motive aus der Natur. Der ursprünglich freistehende Triumphbogen ist heute verbaut und über dem Hauptgesims fehlt die Attika mit der aufgesetzten Kaiserstatue. Seit 2011 erstrahlt der Bogen wieder nach einer ausgiebigen Restaurierung und er ist wirklich imposant.
Ehrfürchtig schreiten wir durch den Bogen und steigen die Straße hoch zur Cathédrale Saint-Jean. Unsere Augen brauchen eine Weile, weil der Innenraum sehr dunkel ist. Sie wurde 1127 bis 1161 errichtet und ist Johannes dem Täufer geweiht. Das Mittelschiff und die zwei Seitenschiffe wurden nach dem Brand von 1212 mit Gewölben versehen. Im Turm der Kathedrale befindet sich eine aus rund dreitausend Teilen bestehende astronomische Uhr, die zwischen 1858 und 1860 entstand. Und auch für diese Besichtigung haben wir heute, dreimal darf geraten werden, heute leider auch keine Zeit. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben und das soll keine Drohung sein, diese Stadt wird uns mit Sicherheit wiedersehen. Außerdem wollen wir das Gotteshaus ohne Verhüterli sehen, das es heute übergestülpt hat.
Wenige Schritte davon entfernt befindet sich hinter einer hohen Mauer verborgen das Hôtel Boistouset aus dem 18. Jhdt. und ist seit 1942 ein geschütztes Baudenkmal. Es wurde für den Domherrn François Boistouset errichtet und weil´s so schön ausschaut, ist es auch ein Foto wert.
Dann ziehen wir weiter durch die Straßen und im Vorbeihuschen entdecken wir viele kleine Lädchen und Boulangérien, aus denen der süße Duft herausströmt und wir hätten echt Lust, darin ein wenig herumzustöbern. Aber der Spruch des Tages heißt „wir haben leider keine Zeit“.
Die einzigartige und historische Architektur hat Besançon 1986 die Auszeichnung Stadt der Kunst und Geschichte verschafft und seit 2008 zählt sie zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Hoch zufrieden verlassen wir kurz vor 15:00 Uhr Besançon wieder mit einem letzten Blick auf die Zitadelle und die Stadtmauer und setzen unsere Fahrt fort zu unserem eigentlichen Ziel, das knapp neunzig Kilometer entfernt liegende Saint-Jean-de-Losne. Wir folgen noch ein Stück dem Fluss Le Doubs und da schlagen unsere Herzen schon höher beim Anblick der Hausboote. Das Ufer des Kanals ist gesäumt mit gelb blühendem Ginster, lila Natternkopf und Hundsrosen in allen Rot- und Rosatönen.
Die letzte Stunde Fahrt führt uns durch kleine, verschlafene Dörfer, vorbei an weiten Flächen mit Getreide, Raps und Wiesen. Dann haben wir es fast geschafft. Bevor wir zur Schiffsanlegestelle fahren, plündern wir noch einen nahen gelegenen Supermarkt und versorgen uns unter anderem mit Brot, Obst, Bier und Wein.
So, wir erreichen Saint-Jean-de-Losne, werden beim Vermieter „Le Boat“ vorstellig und übernehmen unser Hausboot. Während wir Mädels Koffer, Säcke, Kisten und allerlei Krims-Krams auf´s Boot laden, erhalten die Männer eine kurze Einweisung. Zum Abschluss dürfen Kapitän Wolfgang und sein erster Offizier Georg noch eine Ehrenrunde im Hafenbecken drehen. Wolfgang besteht mit Bravour die „Prüfung“. Bevor wir ablegen überraschen uns Sandra und Georg noch mit Matrosen-Shirts, Kappen mit unseren „Offiziersgraden“ (Captain, Crew sowie Drunken Sailor) und Tattoos, damit wir richtige Matrosen werden.
Nach der Zimmereinteilung heißt es Leinen los und wir starten leicht nervös nun allein die Fahrt hinaus auf den Kanal der Saône. Es ist 18:30 Uhr, Leinen los, wir fahren ab. Wolfgang steuert vorsichtig das Boot aus dem Hafen und wir kappen das erste Bier – so lässt sich´s leben! Die lange Fahrt ist vergessen, jetzt sind wir im Urlaub angekommen. Die rote Abendsonne taucht das Wasser und die Umgebung in ein schönes warmes Licht, das eine romantische, friedliche Stimmung zaubert. Das Ufer ist bewachsen mit gelben Wasserlilien, Schilf, gelbe Teichrosen und Gräsern. Enten und Vögel tummeln sich im Wasser und wir erblicken einen ersten Silberreiher und nicht weit daneben breitet ein schwarzer Kormoran seine Flügel aus, um sie zu trocknen. Eine Schwan-Mama zieht langsam ihre Kreise, immer ihre Jungen im Blickfeld. Ach, sind die süß. Fischer sitzen nahe am Wasser gemütlich in ihren Sesseln, halten die Angeln und warten, dass ein Fisch anbeißt. Zelte und Camper-Vans parken in den Wiesen und die Menschen winken freundlich zu uns herüber. Das Tuckern des Bootes ist sehr beruhigend und lässt uns schnell „herunterkommen“ und wir freuen uns auf die nächsten Tage. Die Fahrt verläuft ohne Probleme und wir halten uns brav an die Verkehrsregeln und die dazugehörigen Schilder entlang der Route. In einem Höllentempo sind wir unterwegs, zwischen 8 und 12 km/h. Wir köpfen zur Jause das zweite Bier, sind ja eh nur kleine Flascherl.
Wir nähern uns der ersten Schleuße und alle sind ein wenig kribbelig, weil keiner so genau weiß, was jetzt zu machen ist. Na ja, als erstes heißt es mal das Tempo zu drosseln und die Schwimmwesten anziehen. Ganz langsam tuckern wir der Schleuße entgegen, auf einem Schild werden wir in vielen Sprachen willkommen geheißen und dann bekommen wir „grünes Licht“. Das Tor öffnet sich und wir fahren langsam ein. Georg und Wolfgang seilen das Boot an und dann kommt auch schon der Schleußen-Wächter auf uns zu. Er hebt den Daumen hoch, was heißen soll, dass die beiden das bravourös gemeistert haben. Das muss ich natürlich mit der Kamera alles festhalten.
Hinter uns geht das Tor langsam wieder zu und wir warten nun voller Erwartung, was jetzt passieren wird. Unser Kapitän weist uns an, dass wir jetzt auf seine Kommandos hören müssen. Aye, aye, Käpt´n! Der Schleußen-Wächter beobachtet ruhig unser Boot und das Tun von unserem Kapitän und seinem Drunken Sailer Georg und es macht den Eindruck, dass er zufrieden ist mit ihnen. Das Boot sinkt innerhalb kürzester Zeit weit unter den Steg und dann öffnet sich vorne die Schleuße wieder und wir können ausfahren. Super gemacht! Wir schippern weiter und genießen die Fahrt, als wären wir schon ewig unterwegs.
Auf der Suche nach dem Anlegesteg von Seurre landen wir im Abstellhafen. Die beiden Männer manövrieren aber geschickt das Hausboot wieder raus und in den nächsten, jetzt richtigen Hafen rein. Meisterhaft parken die zwei unser Zuhause im Hafen ein, unmittelbar vor der breiten Treppe, die ins Zentrum führt. Golden erstrahlen die Häuser in der schönen Abendsonne, die bald untergeht. Es ist kurz vor 22:00 Uhr, als wir losstapfen, um ein Restaurant zu suchen. Google empfiehlt uns das „Restaurant Bar de la Plage“, das ist aber bis auf den letzten Platz voll. Was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen, ist, dass wir auf unserem Spaziergang durch Seurre kein offenes Lokal mehr finden werden. Wie schon erwähnt, dieses ist voll, also trotten wir weiter ins Innere der Kleinstadt. Seurre hat trotz einer bewegten Vergangenheit schöne und historische Gebäude aufzuweisen.
Am Hafen gelegen kommen wir als erstes zur Église Saint Martin, die zwischen dem 13. und 14. Jhdt. errichtet wurde. Viele gotische Elemente sind noch erhalten, darunter das schöne Rosettenfenster und Kapellen, die von namhaften Familien finanziert wurden. Bemerkenswert ist ihr Glockenspiel mit 47 Glocken und im Inneren befindet sich eine tolle Orgel aus dem Jahr 1699. Da wir auf der Suche nach einem Restaurant sind, nehmen wir uns die Zeit nicht, sie uns anzusehen. Wahrscheinlich wäre sie zu dieser späten Zeit auch gar nicht mehr offen gewesen.
Ein beeindruckender Bau ist auch das Hôtel-Dieu von 1688. Das Hospiz wurde mit finanzieller Unterstützung des Königs errichtet, wo früher die Stadtmauern standen. Zu Beginn gab es nur die Räume für achtzehn Kranke und die Unterkünfte für die Schwesterngemeinschaften und das Apothekenlabor. Erst im 18. und 19. Jhdt. wurde das Gebäude nach dem ursprünglichen Plan fertiggestellt. Heute beherbergt es neben dem Krankenhaus auch ein Museum mit einer Sammlung von hundert Tonkrügen, Waagen und Mörser. Der Backsteinbau verfügt über dem Portal ein hübsches Glockentürmchen mit Figuren und einer Uhr. Leider ist mittlerweile die Sonne untergegangen und das Licht zum Fotografieren nicht mehr sehr gut. Deshalb schlendern wir nur noch ziellos durch die Gassen auf der Suche nach einem Restaurant, einer Bar oder ähnlichem. Wir entdecken ein chinesisches Lokal, hier will man uns aber zu dieser späten Zeit nix mehr servieren. Wir beschließen zurück auf´s Boot zu gehen und dort noch etwas von unseren eingekauften Lebensmitteln zu essen.
Gesagt, getan, wir sitzen jetzt bei schummrigem Licht und Musik an Deck und verdrücken mit Heißhunger verschiedene leckere Käsesorten, Salami, Baguette, Cornichons, Tomaten, Dijonsenf und Wein. Der Wein ist noch ausbaufähig, aber der Rest schmeckt vorzüglich. Sandra, Georg und Wolfgang gönnen sich noch einen Pastis als Schlummerdrunk.
Danach verziehen wir uns in unsere Kajüten und sind schon gespannt, wie die Nacht wird.
Na dann, Bonne Nuit!