Wir müssen in MOLSHEIM einige Runden fahren, bis wir für unser großes Auto in der Kirchgass einen Parkplatz finden. Es gibt viele Parkplätze hier, aber alle sind gesteckt voll und es macht den Eindruck, als würden die Autos schon übereinander parken.
Der Rucksack ist schnell gepackt und dann stapfen wir auch schon los zu unserem Rundweg durch das Städtchen. Dabei stoßen wir immer wieder auf gut erhaltene Teile der alten Stadtmauer und natürlich die prächtigen Bürger- und Fachwerkhäuser aus dem 16. bis 18. Jhdt. In der Rue des Etudiantes beeindruckt uns das Haus Nr. 17 mit den tollen geschnitzten Fenster- und Erkerumrahmungen. Gesichter, Ornamente und ein kleiner Bär zieren die dunklen Holzbalken.
Wir spazieren durch die kopfsteingepflasterten Gassen und kommen zur Bugatti-Foundation. Diese lassen wir aber links liegen, denn einerseits sind wir nicht die großen Autofans und andererseits gehen wir bei diesem schönen Wetter in keine Museen. Der Autohersteller Ettore Bugatti aus Mailand machte Molsheim bekannt, denn er ließ von 2005 bis 2011 exklusive Sportwagen hier herstellen.
Unser Reiseführer schickt uns nun zum Plâce de la Liberté, einem dreieckigen Platz, wo ein hübsches Fachwerkhaus und originelle Winstubs neben dem anderen steht.
Vorbei an einem kleinen Park, überqueren wir ein Seitenbächlein des Flüsschens Bruche und kommen zur Église des Jesuites, dessen Bau 1614 von Erzherzog Leopold V. von Österreich finanziert wurde. Im Verhältnis zu diesem kleinen Städtchen nimmt die Kirche mit einer Länge von mehr als 61 Metern beachtliche Maße ein. Wir werden beim Betreten des Gotteshauses mit Geläut empfangen. Im Eingangsbereich hängt das 4,5 Meter große, steinerne Kreuz aus dem ehemaligen Kartäuserkloster von 1480. Bombastisch, die Ignatiuskapelle mit dem weißen Stuck und den Goldornamenten. Das Kircheninnere besticht mit einem tollen Kreuzrippengewölbe über den mehrstöckigen Spitzbogenarkaden. Zu den Highlights gehören auch die hölzerne Kanzel und die Silbermann-Orgel.
Wichtigster Teil der Festungsmauer der Stadt war Anfang des 14. Jhdt. das Porte des Forgerons. Einst mit einer Zugbrücke ausgestattet, ist der Schmiedeturm heute noch komplett erhalten. Ehrfürchtig schreiten wir durch das ehemalige Stadttor hindurch, beiderseits begrenzt mit den Häusern der Wache und des Zolleinnehmers.
Über die Rue de Straßbourg gelangen wir schließlich zum Plâce de l’Hôtel de Ville. Hier befindet sich das auffälligste Haus der Stadt. Das Fleischerzunfthaus Metzig wurde im Renaissancestil erbaut mit Arkaden, Freitreppen, geschweiften Giebeln und einem Zwiebelturm mit einer astronomischen Uhr, auf der dicke Engerl die vollen Stunden schlagen. Je genauer wir das Haus betrachten, umso mehr hübsche Details entdecken wir. Wie zum Beispiel die Dachrinnen, wo am Ende ein Ungeheuer das Regenwasser auf die Menschen herunter spuckt. Üppiger Blumenschmuck hängt von der Brüstung der eleganten, steinernen Balkone, einfach wunderschön. Im Untergeschoß wurden früher Fleisch und Wurst verkauft, heute beherbergt es ein Restaurant-Winstub-Brasserie mit guter regionaler Küche. Na ja, das probieren wir gleich mal aus. Auf der Speisekarte gibt es keine deutsche Übersetzung und daher ist die Überraschung dann groß, dass ich anstelle eines vermuteten Kalbsgeschnetzelten ein Kalbslebergeschnetzeltes serviert bekomme. Igitt, mit Innereien kann man mich jagen. Wolfgang erbarmt sich und tauscht sein Essen wie schon so oft mit meinem. Nur mit seiner Surhaxe mit hab ich auch nicht viel Freude, aber besser als nix. Dass es sich hier bei der Schweinshaxn um eine Spezialität handelt, kriegen wir mit, als sie von den einheimischen Gästen rundherum bestellt wird. Na dann bon appétit.
Gestärkt widmen wir uns wieder dem Sightseeing. Inmitten des Rathausplatzes ziert ein Brunnen in dessen Mitte auf einer Stele ein Löwe posiert mit dem Stadtwappen in seinen Pratzen. Wir nehmen auf einer der Bänke davor Platz, schmökern in unserem Reiseführer und betrachten das Rundherum. Neben dem Brunnen ist ein altes, ausgesprochen hübsches Karussell aufgebaut, das von neugierigen Kindern bestaunt wird. Leider ist es nicht in Betrieb, sodass sie sich danach mit Fangen-Spielen begnügen müssen.
Schräg gegenüber vom Haus Metzig steht das Hôtel de Ville, das Rathaus im neoklassizistischen Stil aus dem 18. Jhdt. Die mintgrüne Fassade harmoniert schön mit den braunen Tor- und Fensterbögen, den weißen Holzfensterläden und den Malereien. Die französische Fahne am Minibalkon bewegt sich sanft im angenehmen Lüfterl und wir stellen uns vor, dass jeden Moment der Staatspräsident durch die offene Tür schreitet und uns zuwinkt.
Wir verlassen Molsheim wieder und fahren Richtung Westen und hier macht es sich schon bemerkbar, dass wir uns mittlerweile auf der Route des Vins d’Alsace befinden. Rund um uns weite Weingärten und schon von weitem grinsen uns die weißen oder rötlichen Beeren an. Die 170 km lange Weinstraße wurde 1953 angelegt und ist die Fortsetzung der deutschen Weinstraße. Der Sandsteinboden und das milde Klima begünstigten hier schon seit dem Mittelalter den Weinanbau und die Weißweinsorten aus dem Elsass waren damals aufgrund der hervorragenden Qualität sehr teuer. Der Dreißigjährige Krieg machte dann alles zunichte und erst Mitte des 20. Jhdts. schafften es die Elsässer die Wende wieder. Strenge Kontrollen garantieren heute wieder Spitzenweine in verschiedenen Klassifizierungen.
Den Reiz der VOGESEN macht die traumhafte Landschaft aus und einer der Sehenswürdigkeiten widmen wir uns jetzt. Über Schirmeck erreichen wir den Parkplatz vom Col du Donon (730 m), von wo wir auf historischen Spuren zur zweithöchsten Erhebung der Nordvogesen, auf den Donon wandern möchten. Die Wanderschuhe zugeschnürt, den Rucksack umgehängt und mit der Kamera bewaffnet, geht´s auch schon los. Von Beginn an führt der mit Ginster und wilden Brombeerstauden gesäumte Wanderweg stetig bergauf. Dann tauchen wir in den Mischwald ein und hier wird der Weg stellenweise zu einem Hindernislauf. Über Stock und Stein steigen wir das Wegerl hoch, das an einigen Stellen so ausgewaschen ist, dass sich auf der Bank die Rucksäcke ausruhen können, weil die Sitzfläche kaum erreichbar ist. Nur gut, dass uns die schönen Blüten der Heide und des Fingerhutes dazu nötigen, viele Pausen einzulegen. Hat schon was Geheimnisvolles hier, mutterseelenallein stapfen wir vorwärts.
Der Duft der Pilze liegt in der Luft und wir brauchen nicht lange, da finden wir die schönsten Exemplare von Fliegenpilzen. Die Heidelbeerstauden sind schon der Jahreszeit und der Sonne zum Opfer gefallen und ihre Blätter sind bereits gelb und rot. Dass auch andere Wanderer vor uns Pausen eingelegt haben, davon zeugen die vielen aufgeschichteten Steinmanderl entlang des Wanderweges.
Nach mehr als der halben Strecke kommen wir zur sogenannten Kaisertreppe und danach zu einem „mittelalterlichen Kopfsteinpflaster“. Die Schweißperlen stehen uns auf der Stirn und die Laiberl kleben uns auf dem Körper. Jetzt ist aber der rotweiß gestreifte Sendemasten schon in Sicht, es kann also nicht mehr weit sein! Dann entdecken wir eine in den Stein eingelassene Tafel mit Erklärungen über die Beschaffenheit der Steine und die typischen Vegetationen. Der archäologische Lehrpfad, gesäumt mit kommentierten Zeichnungen begleitet uns ab hier mit interessanten Erklärungen bis zum Gipfel.
Wir passieren dabei die Reste eines Ringwalls und weitere Steinexponate von keltischen und römischen Kultanlagen. Darunter Kopien von acht Votivstelen, auf denen Götter, wie Herkules, Merkur oder Jupiter dargestellt sind. Die Originale sind heute im Museum in Épinal und in Straßburg zu sehen.
Nach einem kurzen Aufstieg stehen wir staunend auf dem Gipfel in 1.008 m Höhe vor dem schlichten, neoklassischen Tempel. Er wird von zwölf eckigen Säulen getragen, wurde 1869 als Rekonstruktion unter Napoleon III. errichtet und war zunächst, wie die Inschrift zeigt, als Museum gedacht. 5.000 Jahre Geschichte erzählt dieser Berg, wo die Kelten und danach die Römer ihre Kultstätten hatten. Heute ist ein einsamer, stiller und doch etwas mystischer Ort geblieben.
Unsere Mühen des Aufstiegs werden mit dieser traumhaften Aussicht auf die Vogesen und den Schwarzwald echt belohnt. Aufgrund des späten Nachmittages liegen die verschiedenen Bergschichten in Silhouetten hintereinander. Wahnsinn, wie schön und idyllisch es hier ist.
Trotzdem verlassen wir den Berg wieder und steigen bis zum Parkplatz ab. Keine Ahnung, was anstrengender war – der schweißtreibende Aufstieg, wo uns oft die Luft wegblieb oder das Hinuntergehen, wo uns jetzt die Knie schmerzen. Aber toll war´s trotzdem.
Wir fahren laut Reiseführer nach bis nach Grendelbruch, wo uns auf einer Anhöhe ein einsamer Stellplatz erwartet. Allein, stimmt eigentlich nicht, denn wir parken unser Auto unmittelbar neben einer Kuhherde, die uns neugierig begutachten. Als wir sie freundlich „anmuhen“, bekommen wir auch prompt Antworten darauf. Ich glaub, die mögen uns – und wir sie auch.
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