Trotz Regens während der Nacht sind die Temperaturen angenehm, genau richtig für einen Tag zum Relaxen. Wir grasen heute die kleinen Dörfer ab und beginnen mit MITTERDORF. Nahe der Kirche stellen wir unser Auto ab. Die Tore der gotischen St. Katharina Kirche bleiben uns verschlossen, sodass wir uns leider die wertvollen Wandbilder, entstanden um 1414 und die Heiligenfiguren auf dem schönen Seitenaltar, nur zuhause im Internet ansehen können. Nachdem wir die hübsche Sonnenuhr an der Außenfassade näher betrachtet haben, widmen wir uns dem Ortskern, der umgeben ist von prächtigen Ansitzen und zwei Schlösser.

Zwischen den Häusern mit ihren schönen Erkern und Fenstern, wo hinter den  Umfriedungsmauern geschützte Innenhöfe liegen, stoßen wir auf Schloss Sallegg aus dem  16. Jhdt. Die Grafen von Künberg residieren herrschaftlich darin und so können wir es nur von außen bestaunen. Wir durchschreiten den mit Wappen und Fratzen verzierten Torbogen und finden hier einen hübschen Innenhof vor, der mit duftenden Rosen, schattenspendenden Kastanienbäumen und mediterranen Kübelpflanzen geschmückt ist. Auf den hohen, gelben Mauern heben sich die Blüten des  Blauregens schön ab. Die Bänke der privaten Weinkellerei laden zum Verweilen ein, aber uns ist es noch zu früh dafür. Drei Stockwerke unter der Erde lagern hier die Fässer und Flaschen in den Gewölbekellern.

Wir spazieren weiter durch die schmalen Gassen und können uns an den hübschen Häusern gar nicht satt sehen. Dabei werden wir begleitet vom Plätschern der vielen Brunnen. Abseits vom alltäglichen Trubel macht das Dorf einen verschlafenen und doch romantischen Eindruck. Da machen die zwei Hunderl auf sich aufmerksam, die den Briefträger bellend nachlaufen oder vielleicht doch verjagen? Oma und Opa gehen mit ihrem Enkerl spazieren und hin und wieder kurvt ein Weinbauer mit seinem Minitraktor zwischen den Häusern durch. Am Morandellplatz verweilen wir am blumengeschmückten Brunnen und für einen kurzen Augenblick vergessen wir alles rund um uns.

Dann nehmen wir die Bergwertung in Angriff und schlendern gemütlichst auf der stetig ansteigenden Straße Richtung St. Nikolaus. Beinahe an jeder Weggabelung wächst und blüht ein prächtiger Blauglockenbaum. Selbst in den Ritzen alter Steinmauern haben es sich Ableger breit gemacht. Dahinter gucken Kastanien- und Lindenbäume, Palmen und Feigenbäume drüber.

Des Öfteren bleiben wir stehen und blicken zurück. Das herrschaftliche Renaissanceschloss Campan, errichtet 1268 liegt idyllisch inmitten der Weinberge. „Castel Campan“ ist auch der Name eines hervorragenden Weines.

Aufgrund des offenen Gatters können wir einem Weinbauern zusehen, wie er geschickt mit seinem Mini-Tracker durch die schmalen Reihen der Weinstöcken kurvt. Die Südtiroler sind ein sehr gesprächiges Volk und daher ist es nichts Besonderes, dass wir mit ihm ins Gequatsche kommen. Seine Tante betreibt hier ca. zweieinhalb Hektar Weinanbaufläche und nach der vielen Arbeit während des Jahres schaun am Ende nur dreitausend Euro raus, da sind die Spesen noch gar nicht abgezogen. Die Trauben des Sauvignons, Müller Thurgaus und Gewürztraminers werden von den meisten Weinbauern an die Genossenschaft abgeliefert. Nachdem uns der Bauer fragt, was wir gerne trinken, meint er, dass hier am Vormittag Weißwein und am Nachmittag vorwiegend Rotwein getrunken wird. Also, wenn wir das richtig verstehen, wird hier den ganzen Tag gesoffen.

Pustend erreichen wir den Wallfahrtsort ST. NIKOLAUS, wo schon der Freiheitsheld Andreas Hofer mit seiner Frau wallfahrten ging. Bevor wir uns der Kirche widmen, zieht es uns erst mal in die „Einkehr zur Linde“, wo wir uns leckeres Mittagessen gönnen. Obwohl es sich um ein einfaches Gasthaus handelt, stellt das Servierpersonal elegante Gerichte auf den Tisch. Witzig ist auch hier wieder zu beobachten, dass nahtlos zwischen Deutsch und Italienisch geswitcht wird, je nachdem, wie sie angesprochen werden.

Gestärkt wenden wir uns nun der Kirche des Hl. Nikolaus zu, deren Kernbau aus dem 13. Jhdt. stammt. Der Innenraum ist schlicht in Weiß gehalten mit wertvollen Fresken aus dem Jahre 1530. Bemerkenswert ist am Hochaltar das Gnadenbild der Weinenden Muttergottes. Es hing ursprünglich in einem Bauernhaus, wo die Maria plötzlich zu weinen begann. Auch der Blumenschmuck ist komplett in Weiß gehalten mit Orchideen und Hortensien. Da stört ein wenig der dunkle Beichtstuhl, der sehr bedrohlich ausschaut. Da vergisst man vor Schrecken ja glatt seine Sünden.

Draußen sind die beiden Kirchtürme auffallend. 1733 wurde St. Nikolaus zum Wallfahrtsort und aufgrund der immer größeren Pilgerströme, hat man schon bald zwei Priester gebraucht, um die seelsorgliche Betreuung bewältigen zu können. Es wurden viele Andachten und Messen abgehalten und deshalb wurden auch die Glocken öfter geläutet. Als eine vierte Glocke aufgehängt wurde, wurde klar, dass der bestehende Glockenturm dem Gewicht nicht mehr standhält. Der damalige Ortsgeistliche drängte auf die Errichtung eines zweiten Turmes, der 1880 mit seiner finanziellen Unterstützung auch umgesetzt wurde. Er musste dafür seine Weinberge verkaufen. Beim Bau waren alle Dorfbewohner mit ihren Pferden und Ochsen im Einsatz. Der freistehende Turm hebt sich durch seinen massiven Stil stark vom anderen ab. Das Pyramidendach ist mit grün glasierten Tonziegeln eingedeckt.

Wir fahren die Mendelstraße wieder zurück und landen in Kaltern Dorf. Und wenn wir schon mal hier sind, dann bleiben wir auch. Mittlerweile hat es zu nieseln begonnen und so sitzen wir mit vielen anderen Gästen im Café unter den Sonnenschirmen. Eingemummt in unsere Wolfskin-Jacken löffeln wir mit Genuss die riesengroßen Eisbecher.

Danach erledigen wir noch einen Pflichtbesuch in Südtirol, nämlich in der Destillerie Walcher. Hier gibt es die weltbesten Grappi und auch diesmal finden wir wieder einige Leckerlis. Den Cognac-artigen Grappagnac mit seiner schönen goldenen Farbe und im Barrique-Fass ausgebaute Lagrein und Gewürztraminer, der nach Rosen riecht und schmeckt. Im Gegensatz zum letzten Südtirol-Urlaub können wir unsere Verkostung diesmal in Ruhe genießen, denn die Buslandung mit den Omis und Opas fährt erst auf den Parkplatz, als wir die Brennerei verlassen.

Zum Ausklang des Tages legen wir noch einen Stopp in ST. PAULS ein, bekannt durch den Dom auf dem Lande, erbaut zwischen 1460 und 1647. Der weithin schon sichtbare 86 Meter hohe Turm wird gekrönt von einer Zwiebelkuppel und beherbergt neun Glocken. Eine davon gehört mit ihren fast fünf Tonnen zu den größten Südtirols. Aufgrund der langen Bauzeit der mächtigen Pfarrkirche „Pauli Bekehrung“ sind viele Baustile vereint. Auf dem hölzernen Eingangstor werden Szenen aus dem Leben von Petrus uns Paulus dargestellt. Von Reichtum und Macht der Adeligen sollte die Kirche erzählen, das war das Ziel der Erbauer. Sie bildet das Zentrum des Dorfes. Auf dem Dorfplatzl vor der Kirche, wird man von der Wuchtigkeit regelrecht erschlagen. Und nicht nur das, man ist sich auch seines Lebens nicht mehr sicher, denn es beschleicht uns das Gefühl, als sitzen wir mitten auf der Straße und alle Autos fahren auf uns zu. Es herrscht viel Verkehr durch die schmalen Gassen und daher werden die Abgase der Autos direkt inhaliert. Also, nix wie weg.

Trotzdem ist St. Pauls ein Dorf von besonderer Schönheit mit zahlreichen Ansitzen und historischen Bauten. In so manch einem Weinhof steckt noch ein mittelalterlicher Kern. Wir schlendern die hübschen Gassen auf und ab und betrachten die liebevoll restaurierten und geschmückten Häuser. Dazwischen entdecken wir einen kleinen Schuhladen, im Schaufenster tolle italienische Schuhe. Drinnen ist es nicht größer, da ist ja unser Wohnzimmer eine Halle dagegen. Aber Schuhe und Taschen gibt es hier, da schnallst ab! Und wie wir sehen, haben das schon viele Kunden auch so gesehen, denn das Geschäft ist gerammelt voll. Wie in einer anderen Welt schweift unser Blick umher, doch dann reißt uns das Radio mit der Staumeldung auf der A7 bei der Hafenstraße aus unserer Abgelenktheit. Das ist doch bei uns zuhause und der Sender ist Ö3. Daraufhin meint die Verkäuferin, dass sie diesen Sender immer hören. Ich probiere einige Schuhe und ein Paar ist dann auch im wahrsten Sinn des Wortes mitgegangen, denn jetzt hab ich sie an.

Wir verlassen das schmucke Weindorf wieder, das eingebettet ist von den umliegenden sanften Weinhügeln und Obstwiesen und machen uns auf den Rückweg zum Appartement.

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