Guten Morgen, Sonnenschein! Perfektes Wetter für unsere Wanderung in Eppan, das burgenreichste Gebiet Europas. Mehr als zweihundert Burgen, Schlösser und Ansitze belegen eine reiche Geschichte.

Schon auf der Fahrt nach Missian, dem Ausgangspunkt, sind die Burgruine Boymont, Schloss Hocheppan, Schloß Korb und der Kreideturm zu sehen. Bepackt mit Rucksack, Kamera und Wanderstöcken nehmen wir den Wanderweg Nr. 14. Nur wenige Schritte vom Dorf entfernt, befinden wir uns schon mitten in den Wein- und Obstgärten. Vogelgezwitscher und das Läuten der Kirchenglocken ist alles, was zu hören ist.

Auf halber Höhe zur Burg Hocheppan bietet sich uns ein weiter Ausblick über das Etschtal. Missian, St. Pauls und Kaltern liegen wie Nester inmitten von Weinbergen und Obstplantagen. Dahinter thronen die verschneiten Berge der Dolomiten.

Der Weg durch die Mischwälder steigt stetig an und wir bleiben immer wieder kurz stehen. Nicht nur weil sich wieder ein tolles Fotomotiv bietet, mal werden die Windjacken angezogen und beim nächsten Mal schälen wir uns wieder raus. Natürlich nutzen wir jede Gelegenheit, wenn urige Holzbankerl in der Sonne zum Verweilen einladen – immer mit einem grandiosen Ausblick.

Der feuchte Waldboden ist mit Efeu, Farnen und Giersch bewachsen und Moos überwuchert die Findlinge dazwischen. Farblich aufgefrischt wird das viele Grün von den lila Blüten des Storchschnabels. Doch für die Botanik haben wir bald kein Auge mehr, denn die letzten zehn Minuten geht´s wirklich heftig bergauf, dass uns die Schweißperlen über die Stirn kullern.

Dann erreichen wir die Burg Hocheppan, die um 1125 vom Grafen Ulrich II von Eppan als Trutzburg erbaut wurde. Die Herren von Eppan überfielen 1158 eine päpstliche Gesandtschaft und deshalb wurde die Burg unter Heinrich dem Löwen durch eine Strafexpedition zerstört. Doch sie wurde wieder aufgebaut und der fünfeckige Hauptturm ist heute einzigartig.

Die Burg beherbergt eine Jausenstation und unser erster Weg führt uns dort auch gleich hin. Immerhin müssen wir uns für die schweißtreibende Mühe des Aufstiegs belohnen. Nach einer guten Jausenzeit genießen wir die fantastische Aussicht mit Blick über das Etschtal, dem umliegenden Schlernmassiv und dem sagenumwobenen Rosengarten. Etwas unterhalb der Burg befindet sich der Kreideturm in seiner ursprünglichen Höhe und von einer kleinen Ringmauer umgeben. Er diente zur Sicherung des Hauptweges zur Burg.

Die Burgkapelle zählt zu den wichtigsten Kulturdenkmälern Südtirols aufgrund ihrer wertvollen Fresken innen und außen, die aus dem 13. Jhdt. stammen. Sie zeigen nicht nur  religiöse Motive, sondern auch Szenen aus dem Alltag, wie die Knödelesserin oder die Jagdszene. Sie  wurden jahrhundertelang übermalt und 1926 wieder gänzlich freigelegt.

Die Burggärten sind liebevoll mit Kräutertopferl, Blumen- und Gemüsekisterl geschmückt. Schöne Rosenstauden lehnen sich an die Steinwände und verströmen ihren süßen Duft. Die Lauben sind bewachsen mit Schattenspendenden Weinreben. Alte Gebrauchsgegenstände und Kübeln sind liebevoll dekoriert und komplettieren die Gemütlichkeit hier oben.

Wir lümmeln gemütlich noch eine Weile auf den Bänken und sinnieren in der warmen Sonne. Plötzlich reißt uns das laute Gebimmel der Glocke aus unseren Gedanken und sagt uns, dass wir wieder weiter müssen.

Am Burggraben vorbei, wo junge Schweine im Morast wühlen und sich sauwohl fühlen, führt der Weg wieder durch Mischwälder über Stock und Stein steil bergab. Wir durchqueren einen Bachlauf und die Freude über das Bergabgehen währt nicht lange, denn jetzt müssen wir wieder alles hinauf. Über gesicherte Holzstege und viele, viele Treppen, die bei jedem Schritt vibrieren, klettern wir mühsam den Abhang hinauf. Die Puste geht uns immer wieder aus und zwingt uns des Öfteren zum Stehenbleiben. In Wirklichkeit machen wir diese Breaks, weil schöne Blicke auf die Burg und die fliederfärbige Blüten der Waldrebe fotografiert werden müssen J. Das Tal haben wir hinter uns gelassen, aber es geht trotzdem bergauf, bergab, bergauf, bergab, sodass der Kreislauf schön in Schwung bleibt. Die zweierlei Knödel, die wir in der Burgkneipe gegessen haben, stehen im Hals aber auch schon am Anschlag.

Nach einer schwachen Stunde haben wir es geschafft, wir erreichen das Schloss Boymont. Die romanische Anlage wurde im 13. Jhdt. als Wohnburg erbaut. 1425 wurde sie durch einen Brand Großteils zerstört und nicht mehr aufgebaut. Dreiteilige Rundbogenfenster mit schlanken Säulen und hübschen Knospenkapitellen zieren die Ringmauer. Der abenteuerliche Aufstieg im Bergfried, über 107 ausgetretene Steinstufen und Holztreppen, wird mit einem tollen Ausblick belohnt. Das Panorama hier oben ist einfach der Wahnsinn. Bozen liegt uns zu Füßen, rund um uns riesige Weingärten und natürlich wieder die Bergwelt der Dolomiten. Der Wind pfeift uns um die Ohren, trotzdem können wir uns nur schwer loseisen.

Auch Schloss Boymont ist bewirtschaftet und wir quatschen ein wenig mit dem urigen Wirt. In den zwei noch erhaltenen Rittersälen richtet er Veranstaltungen aus,  serviert Würzfleisch und Ripperl, die er im Smoker gart und dazu gibt´s Bier aus Tonkrügen. Davon reicht er uns eine Kostprobe und ehrlich, das schmeckt wirklich lecker. Also, auf dieser Wanderung besteht keine Gefahr zu verdursten oder zu verhungern.

Nun geht es talwärts über eine asphaltierte, brüchige Forststraße den Berg hinunter. Stellenweise sind die Füße schneller, als der Kopf und vorsichtig gehen wir die Serpentinen, denn das feuchte Laub auf den Schuhsohlen hat so seine Tücken.

Mein Botanikerherz macht Luftsprünge, als ich am Straßenrand Waldorchideen entdecke. Die Blüten des weißen oder bleichen Waldvögleins, wie sie heißt, sind sehr zart.

Der Berg liegt hinter uns, wir verlassen den Wald und an der Lichtung verströmen die Blüten des Hollers ihren süßlichen Duft. Nun schlendern wir entlang von Weingärten und treffen dort auf Frauen, die mit dem Ausgeizen der Weinstöcke beschäftigt sind. Auch mit ihnen führen wir Smalltalk und erfahren, dass wir intuitiv Südtirols besten Wein und Grappa gekauft haben. Wir sind halt doch praktizierende Feinschmecker.

Wir schreiten durch eine blühende Kastanienallee, die zum Schloss Korb führt. Diese schöne Burg beherbergt heute ein Luxushotel mit 4 Sternen und ist nicht zu besichtigen. Wir erhaschen aber durch die offene Tür einen Blick in den Empfangsraum auf das alte, edle Mobiliar. In der Garage parken neben fünf Vespas auch Mercedes, Rolls Royce und Co. Ein schöner Park mit Tennisplätzen und Swimming Pool, da würden wir auch gerne mal Urlaub machen.

Wir überqueren den Parkplatz und kommen an einem Kriegsbunker vorbei, der zu einem Weinkeller umfunktioniert wurde und zum Schloss gehört.

Das letzte Stück bis zum Auto haben wir im Nu geschafft. Die Wandersachen sind schnell verstaut und dann fahren wir nach OBERPLANITZING zurück. Am Ende des Dorfes befinden sich noch Reste eines Turmes, wo einst die St. Georgs Kirche von 1237 gestanden hat. Sie wurde von Kaiser Joseph II gesperrt und verfiel.

Hier beginnen wir unseren Abstecher zu den Eislöchern bei Eppan. Der Wanderweg Nr. 15 führt durch das Waldgebiet, es ist mucksmäuschen still und nur das Summen der Waldhummeln und Vogelgezwitscher begleiten uns. Auf einem 200 m langen und 50 m breiten Streifen liegen die durch Bergsturz entstandenen Felstrümmer verstreut. Durch Spalten zwischen den Steinen strömt im Sommer warme Luft ein und kühlt am kalten Fels wieder ab. Sie sinkt ab und entweicht an den unteren Öffnungen des Gesteins wieder als eiskalte Luft. Die Temperatur über den Mulden ist wärmer, deshalb bleibt die schwere Luft als Kaltluftsee von ca. 5 m Höhe in der Mulde liegen. Temperaturen zwischen 0 und 9 Grad machen es möglich, dass man hier im Hochsommer auf Eiszapfen trifft. Alpine Pflanzen, die sonst nur im Hochgebirge zu finden sind, finden hier einen idealen Lebensraum. Wie schön muss es hier aussehen, wenn die Alpenrosen blühen – zurzeit sind nur die grünen Büsche zu sehen. Dafür zeigen sich die zarten, weißen Blüten des Waldsauerklees in voller Pracht. Die Steine sind mit sattgrünem Moos überwachsen und an der Felsenbirne haben sich die Ranken der Waldrebe festgeklammert. Wir fühlen uns wie Rotkäppchen, als sie durch den verwunschenen Feenwald zur Großmutter ging. Wir spazieren aber nicht zur Oma, sondern verlassen den „Kühlschrank“ tief beeindruckt wieder.

Schon von weitem können wir die warme Luft spüren und macht uns so richtig bewusst, dass die Temperatur an den Eislöchern von der allgemeinen in der Region üblichen stark abweicht. Dieses lokale Kaltgebiet ist wirklich ein Naturphänomen.

Ein toller Tag neigt sich dem Ende und obwohl wir uns vorgestellt hatten, in den Eislöchern ein kühles Biertscherl zu finden, genießen wir jetzt doch Südtirolerischen Weißwein zu unserem Salat mit Spargel.

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