Nach einer ruhigen Nacht begrüßt uns nahtlos blauer Himmel. Nur die Berge haben ein Wolkenhäubchen auf. Das Gebirge rückt weg von uns und das Tal wird breiter. Wir werden leicht wehmütig, denn die Rocky Mountains fehlen uns jetzt schon.
Mittlerweile sind wir wieder in British Columbia und dürfen auf dem Highway wieder 100 km/h (in Alberta nur 90 km/h) fahren. Viele Trucks mit Holzladungen sind hier unterwegs und zischen an uns vorbei. „Adopt a Highway“ – diese Schilder fallen uns entlang der Fahrstrecke immer wieder auf. Na ja, nachdem man Kinder oder Tiere im Zoo adoptieren kann, warum nicht auch ein Stück Straße? Kling schon ein wenig skurril.
Wir kommen bei den Dutch Creek Hoodoos vorbei und bei diesem traumhaften Wetter verweilen wir hier und lassen die Kulisse auf uns wirken. Diese sind nämlich schon sehr imposant. Sie thronen hoch über der Straße am Fuß des Flusses und werden von der Morgensonne schön angestrahlt.
Nach kilometerlanger, schnurgerader Straße erreichen wir die Fort Steele Heritage Town. In dem lebendem Museum können mehr als 60 restaurierte und rekonstruierte Gebäude besichtigt werden. In einige kann man auch hinein oder zumindest durch die Fenster gucken. Erbaut wurde Fort Steele 1860, als im Wild Horse Creek Gold entdeckt wurde. 1865 sind dann geschätzte 5.000 Schürfer eingefallen und haben die Gegend umgegraben. Einige wenige Leute verdienten bis zu 40 – 60.000 Dollar in einem Sommer. Und so nahm die Stadt ihren Aufschwung und erlebte alle Höhen und Tiefen. Da die Railway Company jedoch keinen Bahnhof in der Stadt erbaute, wurde die Stadt wieder verlassen.
1961 erklärte die Regierung Fort Steele zum Historischen Park. Parkangestellte laufen mit entsprechender Kostümierung herum und lassen Fort Steele wieder aufleben. Das Gouverment Building war Sitz der Verwaltungsbehörde für das gesamte County, inklusive Gerichtsbarkeit und vier Gefängniszellen. In der Schmiede wird noch gehämmert und der Ofen geschürt. Auch in der Bäckerei wird rege gebacken und die Ware feilgeboten. Wir nehmen uns ein Cinnamon Bun mit auf den weiteren Weg durch die Town. Nach dem Betrachten der Spritzen des Dentisten würden die Zahnschmerzen sofort verschwinden. Am Dach des Hotels Windsor haben Schwalben ihre Nester unterm Dach angeklebt und sind dabei, die Mäuler ihrer Jungen zu stopfen. Bei der Schule angekommen, führen wir mit der „Lehrerin“ gemütlichen Smalltalk und wie so viele Kanadier war auch sie schon in Österreich.
Stunden später sind wir unterwegs nach Kimberley, einem kleinen, ursprünglichen Bergarbeiter-Städtchen, dessen Ortskern der Alpenlook verpasst wurde. Nachdem die Minen ausgebeutet waren, drohte dem Städtchen das Aus. Um es zu retten, wurden den Fassaden am „Platzl“ Lüftlmalereien aufgemalt und als Bayern in Kanada vermarktet. Wir ahnen schon vor dem Besuch, dass das ein Kulturschock werden wird. Aber dass es so schlimm ist, haben wir uns nicht gedacht.
Schon am Parkplatz kommt uns Jodelmusik entgegen und uns bleibt komplett die Luft weg, als wir in die Fußgängerzone kommen. Bavarian Applestrudel & Bratwurst begrüßen uns dort und werden als „Unbelievable All Day Specials“ angeboten. Daneben bietet „The Yodelling Woodcarver“ seine Wurzlseppn an und im österreichischen Gasthaus gibt’s das berühmte Wiener Schnitzl. Gegen Einwurf eines Dollars hüpft der Hans aus der größten Kuckucksuhr der Welt und gibt seinen Jodler zum Besten. Schreck, lass nach! Beim genaueren Hinsehen fällt uns auf, dass beinahe jedes zweite Haus leer steht oder „for Sale“ ist und sich im alpenländischen Stadtkern bereits ein asiatisches Restaurant eingenistet hat. Außer uns und einer kleinen Familie ist ja auch kein anderer Depp hier unterwegs. In der Bäckerei erfahren wir dann noch, dass die Touristenströme derzeit noch ausbleiben und das jährliche Ziehharmonika-Festival, das heuer sein 40-jähriges Jubiläum feiern würde, abgesagt werden musste, weil sich zu wenig Volunteers gemeldet haben. Wen wundert das alles, wir können auch nur empfehlen, sich diesen Abstecher hierher zu schenken.
Damit beenden wir diesen Tag und freuen uns auf morgen.
Ziel | KM | Campingplatz | Kosten | Getankt |
---|---|---|---|---|
Kimberley | 188 | Kimberley Riverside Campground | CAD 27,41 | 19,37 Liter Propangas / CAD 16,44 |