Juhu, heute können wir das erste Mal unsere Sonnenbrillen auspacken. Strahlend blauer Himmel, Schäfchenwolken, beinahe windstill und dazu angenehme Temperaturen – fertig ist das perfekte Wettermenü! Das ist Urlaub, so wie wir ihn mögen.
Als erstes Ziel haben wir heute das Secwepemc Heritage Museum, am nördlichen Ende von Kamloops am Programm. Vorweg gesagt, man kann sich aber die 10 Dollar Eintritt sparen, denn mit dem Anthropologischen Museum in Vancouver und der Hat Creek Ranch gestern wissen wir schon mehr, als uns hier gezeigt wird. Zu Beginn stiefeln wir durch das kleine 2-Raum Museum, wo Ausstellungsstücke, wie Fotos, Kleidung, Trommeln, Körbe und Boote gezeigt werden. Alles, was die Natur hergegeben hat, wurde verwertet. Holz und Rinde, Steine, Tierhaut und Felle und natürlich Kräuter und Beeren. Sogar die einjährigen Triebe der Thimbleberry oder auch Salmonberry (eine Art Himbeere, nur ohne Dornen) wurden geschält und gegessen. Außerdem wollten sie es dem weißen Mann gleichtun und haben als Alternative getrocknete und geräucherte Blätter, geflavoured mit Farn, zusammen gedreht und geraucht. So, genug vom Museum, jetzt marschieren wir noch ein wenig im Außenbereich. Hier ist das Highlight das Wetland, wo Yellow-Headed (Gelbkopf-Schwarzstärling)– und Redwinged Blackbirds (Rotflügel-Schwarzstärling) auf den verblühten Schilfblüten sitzen. Ihr hübsches Pfeifen und Zirpen findet unser volles Gefallen. Sie haben ihre Nester inmitten des Schilfes gebaut und das Vorkommen dieser Vögel deutet auf ein gesundes Wetland hin. Gegenüber hat man Modelle von Winterhäusern der First Nations aufgebaut, um sich besser vorstellen zu können, wie 20 – 25 Personen darin wohnen und in der Mitte die Hütte auch beheizt werden konnte.
Wir sind mittlerweile auf dem Highway 5 Richtung Clearwater unterwegs und mit uns auch viele Trucks. Auf beiden Seiten reiht sich beinahe eine Ranch an die andere, Kühe und Rinder aalen sich auf den Weiden. Manchmal scheint es, als würde es schneien, wenn der Wind die weißen Blütenstände des Cotton Trees in der Luft herum wirbelt.
Dann haben wir unser Ziel fast erreicht – schon von weitem lachen uns die schneebedeckten Berge entgegen. Wir biegen bei Wells Gray vom Highway ab und unser erster Weg führt uns ins Visitor Center. Dort holen wir uns eine Karte und Tipps für Besichtigungen und Wanderungen. Der Wells Gray Park wird auch Wasserfall Park genannt, weil hier 39 Wasserfälle besucht werden können. Erloschene Vulkane und uralte Lavafelder, subalpine Wälder und viele Gipfel rundherum komplettieren das Angebot – und darauf haben wir irre Lust.
Dann fahren wir voller Vorfreude los. Nach knapp 11 km legen wir schon unseren ersten Stopp ein. Die Spahats Falls liegen inmitten eines Zedern- und Tannenwaldes und bestehen aus mehreren bunten Lavaschichten. Das Schmelzwasser hat eine beeindruckende Schlucht hinein geschnitten, in die sich heute der Wasserfall in die Tiefe stürzt.
Die Moul Falls lassen wir heute links liegen, denn dorthin möchten wir morgen eine Wanderung unternehmen. Daher fahren wir weiter des Weges. Wir sind schon den ganzen Tag am Blödeln „wo is da Bär“ und malen uns aus, dass wir gerne einen direkt neben der Straße sehen möchten, wenn möglich noch mit Kind. Aber nicht zu nahe, damit wir uns nicht fürchten müssen.
Wie es Wolfgang von mir aus anderen Urlauben gewöhnt ist, sitze ich gemütlich neben ihm im Fahrzeug, schau mal links, mal rechts und wenn ich was sehe, was mir gefällt, dann heißt es stehen bleiben und Foto machen. Daher bitte jetzt stehen bleiben und Foto machen. Und zwar die wunderschönen roten Indian Paintbrushes, eine rote Frühlingsblume. Ich bin schon beim Einsteigen, da hält ein Campervan neben uns und lässt das Fenster hinunter. Unabhängig voneinander denken wir beide, dass er uns auf etwas hinweisen möchte oder gar schelten, dass wir so knapp neben der Straße nicht stehen dürfen oder das Licht nicht eingeschalten haben. Aber n-e-i-n, er möchte uns darauf aufmerksam machen, dass etwa 400 Meter vor uns eine Bärenmama mit ihren drei Babies gemütlich am Straßenrand frisst. Wir können unser Glück kaum glauben, daher tief ins Pedal getreten und dann halten wir auch schon Ausschau. Und wirklich – i glaub, i drah durch! Die Bären lassen sich von uns gar nicht stören und so können wir Unmengen von Fotos machen. Sie sind so süß, vor allem die Kleinen. Sie tapsen hintereinander und fressen sich langsam bis zum Waldrand durch. Die Mama genießt das junge Gras und den Löwenzahn, ihre Jungen dabei immer im Visier. Unser RV macht andere Autofahrer aufmerksam, zwei Wahnsinnige hinter uns steigen sogar aus dem Auto.
Noch völlig aufgedreht fahren wir weiter zum Aussichtspunkt des Dawson Falls, einem 90 Meter breiten Wasserfall. Ein Wahnsinn, der sieht ja aus wie die Niagara Fälle im Kleinformat. Er plätschert mit einer Kraft 20 Meter wie auf Treppen hinunter. Die Gischt staubt gen Himmel und hüllt den Fall ein. Nur schade, dass das Licht zum Fotografieren nicht mehr sehr gut ist – die Sonne hat sich verzogen und der Himmel ist eintönig grau. Einige Meter weiter befinden wir uns genau an der Kante, wo das Wasser hinunter peitscht. Bei diesem Höllenlärm versteht man ja sein eigenes Wort nicht mehr. Klick, klick, klick – ich weiß gar nicht, wie ich die Stimmung einfangen soll. Langsam wird mir auch schwindlig beim Betrachten, da wir so nahe am Abgrund stehen. Als dann aber die Gelsen lästig werden, verlassen wir das Spektakel.
Gerade zur richtigen Zeit, denn es beginnt zu nieseln. Trotzdem nehmen wir uns noch die Zeit und sehen einem Eichkatzerl zu, wie es von Baumstämmen die Rinde abkratzt und zu seinem Nest bringt.
Als der Regen mehr und mehr wird, fahren wir zum Pyramid Campground, der idyllisch mitten im Wald liegt. Es gibt wieder mal keinen Strom, keine Duschen und kein Internet – ist uns aber egal, da wir ausreichend Unterlagen für die Planung von morgen haben.
Der heftige Regenguss ist wieder vorbei. Wolfgang liest im Reiseführer, dass die Helmcken Falls, die wir auch morgen ansehen möchten, am Abend das beste Licht haben. Und wenn ich so aus dem Fenster schau, haben wir mittlerweile blauen Himmel und die Sonne grinst wieder durch die Wolken. Brauchen wir laut Reiseführer so ein Licht? Ja natürlich! Schnellstens ist alles wieder halbwegs verstaut und wir auf dem Weg zu den Helmcken Falls. Ist ja irre – die Luft bleibt uns fast weg. Kitschiger könnte es ja gar nicht sein. Mengen von Wasser tosen hinunter in die Tiefe und wirbeln so viel Gischt auf, dass sich aufgrund der Sonneneinstrahlung ein traumhafter Regenbogen von oben bis unten bildet. So was Schönes haben wir schon ewig nicht mehr gesehen – ein Naturschauspiel par excellence! Das Glücksgefühl wird aber abrupt gestört, als mir die Verschlussklappe des Fotoapparates hinunter fällt und durch die Ritze der Holzplanken rutscht. Nach einer kurzen Diskussion klettert Wolfgang über den Zaun und rutscht den Abhang hinunter. Na Gott sei Dank, alles ist gut gegangen, obwohl das echt leichter Wahnsinn war.
Da es nur ein Katzensprung ist, fahren wir auch noch einmal zu den Dawsen Falls und obwohl sie im Schatten liegen, können wir auch hier einen tollen Regenbogen sehen und machen einige Bilder mit blauem Himmel.
Ein Tag, der ein wenig enttäuschend begonnen hat, endet mit vielen Ereignissen und Abenteuern. Was will man mehr?
Ich habe in einem Visitor Guide diesen Gedanken gefunden und weil ich den so gut finde, möchte ich ihn auch festhalten:
Take only memories and photographics, leave only footprints.
Ziel | KM | Campingplatz | Kosten | Getankt |
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Wells Gray Park | 223 | Pyramid Campground | CAD 16 | 84 Liter / CAD 125,00 |