Auch die Wanderung von heute muss ersatzlos gestrichen werden, da der Regen uns treu bleibt. Aber wie war das gestern „it´s not cold“ und daher rücken wir auch heute aus – wenn auch etwas verspätet. Vielleicht probieren wir es mal mit schwimmen, denn wir haben fast 100 % Luftfeuchtigkeit.
Um nicht nur im Nassen herum zu latschen, besuchen wir die Eric Young Orchid Foundation. Hier werden in großen Gewächshäusern Orchideen gezüchtet und aufgezogen. Schon beim Eintreten strömt uns süßlicher Duft in die Nasen. Die verschiedensten Blüten grinsen uns an und wir sind im ersten Moment überfordert, welche und wie wir die schönen Gewächse bildlich festhalten sollen. Ein Blütenmeer, wie wir es noch nie gesehen haben, in den Farben von Weiß bis ins dunkle Violett. Jede für sich hat eine Zeichnung von einer Zartheit und Farbintensität, die einem nicht los lässt. Beim genaueren Hinsehen hat man das Gefühl, es starrt einem ein wildes Tier an, das einem im nächsten Augenblick ins Gesicht springen will. Das Plätschern im Hintergrund gibt uns das Gefühl, als befänden wir uns inmitten des Regenwaldes. Wir gehen den Rundweg ein zweites Mal, weil wir die Pracht nochmal genießen möchten. Außerdem schüttet es draußen noch furchtbar.
Zwei Stunden später sitzen wir wieder im Bus und mit uns fast die gleichen, die auch in der Orchideen Foundation gewesen sind. Bei der Herfahrt ist uns bereits ein Mann aufgefallen, der bei diesem Wetter mit kurzer Hose herumläuft und genau dieser beginnt im Bus Small Talk mit uns zu führen. Ob wir Holländer seien aufgrund des Akzents, und so …. Wir kommen mit ihm, übrigens er heißt Don, in ein nettes Gespräch. Er ist Mitglied des Männerchors „Harmony Men – Blaenavon Male Voice Choir“ und er ist mit seiner Gruppe, die aus Wales stammt, gerade in Jersey auf Tour. Wir bekommen eine Einladung für heute Abend in Georgetown in der Methodist Church – mal sehen, ob sich´s ausgeht. Wär schon nett!
Es ist nach 13:00 Uhr und man glaubt es kaum, der Regen ist blauem Himmel mit Schäfchenwolken gewichen. Wir können unser Glück kaum glauben, denn wir möchten nochmal nach Gorey fahren und uns das Castle Orgueil genauer ansehen. Es erhebt sich majestätisch über dem Hafen und ist die älteste Burganlage der Insel. Die Burg wurde zu dem Zeitpunkt erbaut, als England das Herzogtum am Festland an Frankreich verloren hatte, die Kanalinseln aber dem König Englands treu blieben. Da mit Angriffen aus Frankreich zu rechnen war, wurde die Burganlage schnell hochgezogen. Als das Schießpulver seinen Siegeszug bestritt, wurde das Castle uninteressant, da es Kanonenschüssen des Feindes nicht standgehalten hätte. Sie diente daher im 17. Jhdt. als Gefängnis, wurde aber später noch mehrmals militärisch genutzt.
Wir kommen vom Hafen über Unmengen von Steintreppen in den äußeren Burghof, wo eine Spielfrau den Besuchern gleich die richtige Stimmung vermittelt. Für die Kids gibt es einen Umkleideraum, wo aus ihnen kleine Ritter oder Burgfräuleins gezaubert werden. Im äußeren Bereich liegt der kleine, hübsche Garten mit Rosenbeeten, die mit Buchs eingefasst sind. Wir steigen wieder Stiegen hoch bis zum Eingang und dort werden wir von einem metallenen Reiter hoch zu Ross empfangen. Nun schlendern wir von einem Teil der Burg in den anderen. Überall sind Informationstafeln angebracht mit Erklärungen und historischen Hintergründen. Hin und wieder veranschaulichen hölzerne Statisten die Szene. In den Innenräumen wurden Ausstellungen integriert und – weil es gerade aktuell ist – wird auch von der Queen und ihrem 60-jährigen Kronjubiläum einiges gezeigt. Darunter ein Hologramm, das täuschend echt wirkt, als wäre sie wirklich anwesend.
Auf dem Donjon bläst der Wind aus vollen Rohren, aber die Sicht ist ein Hammer. Es kostet einiges an Kraft, sich gegen die Böen zu stemmen.
Das Castle als Ganzes ist hochinteressant und echt lohnenswert besucht zu werden. Und vor allem sollte man sich viel Zeit dafür nehmen. Die Stunden sind im Nu vergangen und kurz bevor die Tore geschlossen werden, verlassen wir die Burg.
Als Ergänzung machen wir noch schöne Bilder des Mont Orgueil Castles vom Hafen aus, um danach nochmal ins Pub auf einen Cider zu gehen. Wir sitzen im Freien, genießen die Abendstimmung und beobachten die Menschen, die an uns vorüber ziehen. Eingepackt in zwei Jacken und Kappe auf dem Kopf frieren wir nicht gerade, aber ehrlich, die Finger sind schon eiskalt. Und da schlendern Leute vorbei mit kurzen Hosen und T-Shirts. Das ist doch verrückt, oder?
Übrigens, sorry Don, aber das Konzert heute Abend geht sich leider doch nicht mehr aus. Wir schaffen es zeitlich nicht mehr und außerdem machen sich die ersten Auswirkungen des Ciders schon bemerkbar. Wir wollen nur noch zurück ins Hotel und schlafen!