Sartène erhebt sich über einem Tal wie eine Burg und am Abhang ziehen sich die Weinberge hinauf. Die vier- und fünfstöckigen Häuser über der Anhöhe mit ihren Steinfassaden ragen stolz hoch und sind von weitem schon sichtbar. Der Place de la Libération ist der zentrale Punkt der Stadt, wo lauschige Platzerl von Ulmen und Palmen beschattet werden. Der Platz wird flankiert vom Rathaus und der Église Ste-Marie. Diese Kirche ist berühmt für die Prozession am Karfreitag, der sogenannten Catenacciu („Der durch die Kette Gefesselte“). Der Rote Büsser wird mit einer 14 Kilo schweren Kette am Fußgelenk gefesselt und muss ein riesiges 34 kg schweres Holzkreuz durch das Stadtviertel schleppen. Gebete und Gesänge hallen durch die Gassen, begleitet von den Ausrufen „Perdono Mio Dio“ (Gott vergib mir).
Diese Prozession wird alljährlich zum Gedächtnis an den Leidensweg Christi begangen und zeigt die traditionelle Frömmigkeit der Korsen. Die Relikte dazu sind im hinteren Teil der Kirche ausgestellt und mit Bildern dokumentiert. Während wir Fotos und Modelle dazu betrachten, untermalt leise Orgelmusik die Stimmung.
Als es uns in der schwülen Kirche zu heiß wird, verlassen wir sie wieder und freuen uns über die gute Luft im Freien. Aber nicht lange, denn es hat auch hier 28°. In einer Brasserei auf dem Platzl genehmigen wir uns das Mittagessen. Heute probieren wir Focaccia légumes und endlich eine echte Crème brulée – ein Gedicht.
Wir spazieren einige Runden durch die Altstadt und zum Abschluss noch durch das Quartier de Santa Anna, das mit einem Gewölbegang vom Rathaus erreichbar ist. Dieses Viertel hat sich sein mittelalterliches Flair bewahrt und wird von einem gepflasterten Gassenlabyrinth durchzogen. Kleine Geschäfterl und Restaurants beleben das Quartier und laden zum Verweilen ein.
Nur das geht leider nicht, wir müssen weiter. Unser nächstes Ziel ist das Plateau de Cauria, wo in der Macchia verteilt, 170 Monolithen gefunden wurden. Durch einen 3 km langen Rundweg sind die wichtigsten Ausgrabungsstätten, Menhire und ein Dolmen, miteinander verbunden. Sie stellen bewaffnete Männer der Bronzezeit dar, die einen Speer tragen. 1960 wurde mit den Ausgrabungen begonnen, obwohl sie bereits 1840 erstmals erwähnt wurden. Neben den vielen Macchia Büschen wachsen hier auch prächtige Korkeichen.
Weiter auf der Straße, die ausgebessert aussieht wie ein Fleckerlteppich und auch dementsprechend zu befahren ist, erreichen wir den Zugang zu den Alignements de Palaggiu. Ein steil bergauf führender, ausgeschwemmter Weg führt wieder ins Dickicht der Macchia Büsche. Laut Reiseführer muss man hier 1 km zu Fuß gehen (was aber mit Sicherheit mehr gewesen ist), um zum größten Megalithen Feld Korsikas zu gelangen. 258 aufrechte, schräge und umgestoßene Granitmonolithen stehen in sieben Reihen. Wir haben das Glück, dass wir uns allein hier befinden und so können wir die Stimmung richtig genießen, denn die Sonne bildet schöne Schattenspiele. Auf dem Rückweg kommen uns dann Horden entgegen, unter ihnen ein Biker fortgeschrittenen Alters. Na, viel Vergnügen bei den Bergwertungen wünschen wir ihm.
Kurz vor Sonnenuntergang schaffen wir es noch rechtzeitig zur Ausgrabungsstätte Filitosa, die mit 8.000 Jahre Geschichte aufwarten kann. Hier wurden tolle Menhire und auch Siedlungen und Felshöhlen ausgegraben. Wir haben schönstes Abendlicht für unsere Fotos und können die mystische Stimmung so richtig genießen.
Nun wird es aber Zeit für die Rückfahrt nach Ajaccio und Susi sucht uns dafür eine super Route, nämlich durch die Berge. Die kleine Straße gleicht einer Waschrumpel, da der Asphalt durch die Hitze immer wieder zusammengeschoben wurde. Außerdem werden wir irgendwo in der Pampas von einer Ziegenherde aufgehalten. Weil sie auf nichts reagieren, sondern uns nur dumm angucken, muss ich aussteigen und die Jungs und Mädels verscheuchen.
Nach einer wilden Fahrt, die aber laut Susi die schnellste gewesen ist, kommen wir dann müde und erledigt in Ajaccio an.