Bom dia, Lissabon begrüßt uns heute wieder mit strahlendem Sonnenschein und nahtlos blauem Himmel. Wir treffen uns um 08:00 Uhr zum Frühstück, wo es frisch gepressten Orangensaft, viel Obst, köstlichen Frischkäse, saftigen Schinken und vieles mehr gibt. Neben den Weckerl und Weißbrot werden wir unter anderem auch verführt von der portugiesischen Spezialität, den Pastéis de Nata. Das sind kleine knusprige Blätterteigtörtchen, die gefüllt sind mit einer Vanillecreme.

Eine Stunde später sind wir gerüstet, mit Faktor 30 eingecremt und marschieren voller Tatendrang los. Vorbei am Praça Rossio statten wir der Igreja de São Domingos einen Kurzbesuch ab. Die Kirche wurde im 13. Jhdt. errichtet und erlebte bis heute viele Umbauten, Brände und Erdbeben, die die mittelalterliche Struktur in den Hintergrund drängten. Von all den Zerstörungen blieben nur die Wände und das Portal übrig. Auch die Schäden nach dem letzten Erdbeben sind noch ersichtlich, dennoch strömt ein besonderer Zauber im Innenraum. Die Decke ist in einer warmen, rostroten Farbe getüncht und setzt die Säulen mit den Bruchspuren in Szene. Die Bodenfliesen zeigen Spuren eines Brandes und dennoch sind die Narben Erinnerungen an die schrecklichen Katastrophen. Die Kirche ist eine der größten in Lissabon und hier wurden die religiösen, königlichen Zeremonien abgehalten. Aber auch dunkle Seiten zählen zur Geschichte der Kirche, denn von hier zogen die zum Tode Verurteilten zur Exekution auf den Rossio Platz.


Leider beginnt gerade eine Messe und wir verlassen die Kirche wieder und schlendern weiter bis zum Praça Martim Moniz. Der Platz ist eingefasst von Bäumen, darunter einige Judasbäume, deren violetten Blüten in der Morgensonne leuchten. Auf dem Platz plätschert das Wasser in kunstvollen Brunnen. Am unteren Ende des Platzes ist auch die Haltestelle der historischen Tram 28 aus den 1930er Jahren. Die gelbe Straßenbahn schlängelt sich nur mit einem Waggon eine Stunde lang durch die engen Gassen, überwindet dabei ungefähr 7 Kilometer bei Steigungen bis zu 13 % und hält an 38 Haltestellen. Sie ist ein wahrer Hingucker mit der hölzernen Ausstattung, den Messing – Steuerhebeln und den Ledergurten, die vom Blechdach hängen. Auf vielen Postkarten, Reiseführer und natürlich Souvenirs ist sie zu finden und natürlich wollen alle Touristen damit fahren. Wir natürlich auch, schon deswegen, weil wir unsere Füße schonen möchten. Als wir zur Haltestelle kommen, steht schon eine Warteschlange und da in jede Bahn nur bis zu 14 Fahrgäste passen, warten wir mehr als eine Dreiviertelstunde, bis wir einsteigen dürfen.

Mit Schwung und ordentlichem Zunder saust sie dann los und rumpelt den Berg hoch, an manchen Stellen sind es nur wenige Zentimeter bis zu den Häusern. Das ist schon abenteuerlich, aber es wird auf Schildern gewarnt, dass man sich nicht aus dem Fenster lehnen soll, auch wenn so mancher Fahrgast sich nicht daranhält. Die Fahrt führt uns an beeindruckenden Gebäuden vorbei mit vielen Ornamenten, farbenprächtigen Fliesenwänden und hübschen metallenen Gittern vor den Fenstern. Unterhalb der Fensterbretter haben die Bewohner auf Leinen ihre Wäsche aufgehängt, die sanft im Wind schaukelt. Wir fragen uns, ob die dann noch sauber ist, wenn sie abgenommen wird. Crazy sind auch die elektrischen Leitungen, die entlang der Hausmauern laufen und dann der Rest des Kabels zusammengerollt und irgendwo an der Mauer befestigt wurden. An vielen Hausfronten schlafen noch die Obdachlosen oder haben ihre Kartons und Habseligkeiten aufgestapelt.

Schneller als gewollt, aber zur Freude anderer Fahrgäste verlassen wir am Largo da Graça die Tram, überqueren die Straße und landen auf dem kleinen Platz Coreto da Graça. Hier gibt es einen kleinen Handwerksmarkt und bei einem Stand mit Leckereien kaufen wir den Damen Mandarinen- und Orangenhonig ab. Dann spazieren wir gemütlich weiter die Gasse hoch. Um wieder zu Atem zu kommen, bleiben wir immer wieder stehen, die beste Gelegenheit, um Fotos von Grafittis oder burgenähnlichen Gebäuden machen zu können.

Wir erreichen den kleinen Park Augusto Gil Garden. Ein rundes Brunnenbecken ist eingesäumt von Schattenbäumen und dahinter flankieren bunte Häuser den Park. Ein Yogi meditiert gerade in der Stellung des Hundes und auf einer Bank verweilt eine Dame und genießt die warmen Sonnenstrahlen. Ach, ist das eine harmonische Idylle, die wir aber nicht genießen können, da Michael schon vorausgestapft ist. Wir biegen ums Eck der Igreja da Graça und landen am Miradoura da Graça. Wow, wir sind kurz sprachlos, so atemberaubend ist der Blick über die Stadt.

Wir befinden uns hier im Stadtteil São Vicente, dem höchsten Punkt von Lissabon und die ganze Stadt liegt uns zu Füssen. Unter uns liegt ein prachtvolles, Häusermeer, deren Pastellfarben von der Vormittagssonne traumhaft schön in Szene gesetzt werden. Linkerhand hängt das Castelo de São Jorge auf den Abhängen und vor uns erblicken wir die Ruinen des Convento do Carmo und den Elevador de Santa Justa. Dahinter liegt der Fluss Tejo, der von der Ponte 25 de Abril überspannt wird. Die Autos, die auf der Brücke fahren leuchten wie Glühwürmchen im Sonnenlicht. Das sind noch alles Highlights, die wir während unseres Aufenthaltes besuchen werden.

Der kleine Park des Aussichtsplatzes liegt im Schatten riesiger Platanen und eine Büste der Sophia de Mello Breyner Andresen erinnert an eine berühmte portugiesische Autorin. Hier befindet sich das Convento da Graça aus dem 13. Jhdt., das älteste der Stadt und auch das Augustinerkloster wurde aufgrund der Erdbeben mehrmals verändert und neu aufgebaut. Der Innenraum ist reich geschmückt mit blauen Azulejos aus dem 18. Jhdt. und imposante Steinböden mit Einlegearbeiten.

Ein Kreuzgang verbindet das Kloster mit der Kirche. Wir betreten die Igreja da Graça, die nach dem Erdbeben im Barockstil errichtet wurde und nur noch aus einem Schiff besteht. Wir lassen uns kurz auf einer der Holzbänke nieder, die unter unserem Hintern knarrt. Na, so schwer sind wir auch wieder nicht! Wir lassen unseren Blick von einer Seite zur andern wandern und betrachten die reich geschmückten Seitenaltäre. Sie sind mit prächtigen, vergoldeten Schnitzarbeiten gestaltet, da würden wir Stunden brauchen, um jedes Detail genauer betrachten zu können. Die Decke ist in hellem Rosa gestrichen und erstrahlt den Innenraum ein wenig. Wir verlassen die Kirche wieder und halten das Ensemble noch bildlich fest. Neben dem Klostereingang ragt der Glockenturm empor, der aus dem Jahr 1738 stammt.


Wir schlendern wieder ein Stück zurück und suchen uns den Weg zum nächsten Aussichtspunkt. In den Büschen und Bäumen zwitschern die Vögel und in den Lüften wirbeln die Schmetterlinge herum. Die Blüten der Judasbäume und Pfeifenputzer-Sträucher gucken über so manche Mauer und ziehen uns in ihren Bann. Man merkt, dass der Frühling Einzug gehalten hat. An der Kreuzung Largo da Graça zur Rua Damasceno Monteiro biegen wir linkerhand ab und stapfen die Calçada do Monte hoch. Die bergige Straße verlangt uns einiges ab, doch die Mühe lohnt sich, denn als wir den Miradouro da Senhora do Monte erreichen, öffnet sich wieder der Blick auf die Stadt. Diesmal haben wir zum Bild von vorhin linkerhand noch das eben besuchte Convento mit der Igreja da Graça. Flugzeuge am Himmel, das Geheul der Feuerwehr, die mit Blaulicht durch die Straßen fegt und die Darbietung des Musikanten vermischen sich zu einem wahren Großstadt – Konzert. Menschenmassen tummeln sich hier, jeder möchte den besten Blick erhaschen und Selfies von der imposanten Kulisse festhalten, als gäbe es kein Morgen mehr. Wir genießen kurz den Ausblick, knipsen unsere Fotos und marschieren weiter. Die Tuk-Tuks karren die Touristen im Gänsemarsch den Hügel hoch zum Aussichtspunkt, von dem wir gerade kommen.

Für uns geht es jetzt wieder den Hügel entlang der Rua da Senhora do Monte hinunter, langsam und jeder Schritt wird bewusst gesetzt mit Bedacht auf die Knie. Dafür haben wir Zeit, die Häuser mit den kleinen Innengärten genauer zu betrachten. Der Duft der blühenden Orangenbäume vermischt sich mit dem des Weichspülers von der frisch gewaschenen Wäsche, die auf den Leinen an den Hausmauern baumelt. Auf einer Straßenseite reiht sich ein kleines Lädchen ans andere und der Blick hinein zeigt vollgestopfte, aber aufgeräumte Geschäfte und Werkstätten. Wie zu Großmutters Zeiten erinnern uns die winzigen Einraum-Geschäfte und aus der Drogerie grüßt uns sogar die Dame im weißen Kittel von drinnen mit „Olá“. Am Ende der Gasse, liegt das Café Los Amigos und da stehen die Amigos unterschiedlichen Alters vor der Tür und rauchen gemütlich während sie Smalltalk führen. Das nennt man südliche Gelassenheit.

Wir erreichen die Haltestelle der Tram 28E, die durch die alten Stadtbezirke fährt und am Largo Portas do Sol hüpfen wir wieder raus. Der Mittagsverkehr ist ein Wahnsinn, da stauen sich die Autos, Trams, Busse und Tuk-Tuks durch die engen Gassen. Die zweirädrigen Fahrer und die Menschen schummeln sich zwischen den Fahrzeugen durch. Was uns fasziniert ist, dass es sehr wenig Gehupe gibt und sich die Verkehrsknoten immer wieder rasch auflösen. Wir können uns gar nicht vorstellen, wie es in der Hauptsaison zugehen muss, wenn die Massen an Menschen noch mehr werden.

Schnell orientieren wir uns und stapfen dann die steilen, labyrinthartigen und kopfsteingepflasterten Gassen hoch bis zum Castelo de São Jorge. Wir passieren das Zugangstor, die Porta de São Jorge, und von dort führt die Rua de Santa Cruz do Castelo hinauf zum Burggelände. Ein Stück vor dem Ticketbüro stehen wir dann plötzlich an einer Warteschlange an, daher haben wir Zeit die Bilder zu betrachten von Künstler, die hier ausgestellt haben. Wie in einer Galerie können wir so im Vorbeigehen alles in Ruhe betrachten. Ein sehr kreativer Künstler ist der Roberto, der anstelle mit Farbe seine Bilder mit Kaffee malt. Sie sind ausnahmslos sehr ansprechend, seine Werke. Mit seinem schmalen Gesicht, dem Spitzbart und dem schmalen Hut schaut er dem Mann von La Mancha ein wenig ähnlich. In einer Nische an der Wand hinter ihm, hält uns São Jorge die Lanze entgegen. Da es mittlerweile Mittag geworden ist, müssen wir etwa eine halbe Stunde in der Sonne braten. Um die Wartezeit ein wenig zu überbrücken informiert uns Wolfgang mit den wichtigsten Daten über das Castelo de São Jorge. Schon im 2. Jhdt. v. Chr. existierte eine Festungsanlage, die von den Römern errichtet wurde. Nach den Westgoten kamen die Mauren aus Nordafrika, die die Burg erweiterten. Araber und Christen kämpften dann um die Stadt am Meer bis schließlich 1147 Alfons der Eroberer als erster König Portugals an die Macht kam. Lissabon wuchs zu einer wichtigen Hafenstadt und erlebt großen Aufschwung, als sie zur Hauptstadt wurde. Die Burg wird Zentrum der Macht und der Palast Paço da Alcáçova errichtet. Der portugiesische Seefahrer Vasco da Gama entdeckt 1498 den Seeweg nach Indien und wurde vom König Manuel I. dafür herrschaftlich belohnt. Als der Königshof aus der Burg in das Schloss Paço da Ribeira am Ufer des Tejo zieht, wurde sie als Gefängnis und als Depot für die Waffen genutzt. Das gewaltige Erdbeben von 1755 zerstörte die Festung und sie wurde nicht mehr aufgebaut. Erst im 20. Jhdt. wurde das Castelo restauriert, die Wachtürme instandgesetzt, die Wallanlage neu errichtet und gilt seitdem als nationales Denkmal. Heute ist sie ein Hingucker von allen Ecken der Stadt, Sehenswürdigkeit für die Besucher und Erholungsort für die Bewohner Lissabons. Die Burganlage thront majestätisch über der Stadt und von hier oben hat man eine grandiose Aussicht auf die Tejo-Mündung, die rote Brücke, den Christo und weit in den Horizont hinaus.

Nachdem wir die Eintrittsgebühr bezahlt haben, schreiten wir durch das Eingangstor und landen auf einem mächtigen Platz, wo riesige Bäume, unter anderen Korkeichen und Kiefern Schatten spenden. König Afonso begrüßt von hoch oben auf einem steinernen Sockel die Besucher und nicht nur der, denn Pfaue, die majestätisch herumstolzieren, erregen sofort mit ihrem Geschrei die Aufmerksamkeit aller. Sie lassen sich durch nichts und niemanden stören, sondern posieren, da hätte die Heidi ihre hellste Freude mit ihnen. Völlig verzückt betrachten auch wir eine Weile die anmutigen Tiere und beginnen dann mit der Zeitreise in die Vergangenheit der Burganlage.

Das gesamte Burggelände erstreckt sich auf 6.000 m², auf dem sich neben diesem schönen Garten die Ruinen des ehemaligen Palastes und des Wohnviertels Alcáçova befinden. Undurchdringliche Mauern umgeben das Gelände und ein Burggraben schützte das Castelo vor ungewünschten Eindringlingen. Heute überwuchert eine üppige Vegetation die Abhänge und die orangen Blüten des Wandelröschens malen farbige Akzente in das schöne Grün. Auf dem Praça d’Armas, auf dem wir uns befinden, können wir Kanonen betrachten, die einst die Stadt beschützten. Linkerhand liegen die Ruinen des königlichen Wohnviertels Alcáçova, das 1755 vom Erdbeben niedergestreckt wurde. Bei den Sanierungsmaßnahmen wurden einzelne Torbögen oder Brunnen wiedererrichtet. Heute spuckt ein Fisch Wasserfontänen aus einem steinernen Becken und zaubert unter den knorrigen Olivenbäumen ein lauschiges Ambiente. Wir werden beim Betrachten abrupt aus unseren Gedanken gerissen, als ein Pfau laut zu schreien beginnt und seine Federn zu einem Rad aufschlägt. Wow, ist das ein hübscher Kerl und er lässt sich die Show nicht stehlen, denn als eine Taube bei ihm landet, verjagt er sie mit Gekreische. Nachdem er seine Vorführung beendet hat, schlendern auch wir weiter.

Über eine Steinbrücke kommen wir in die eigentliche Burg, die von einer hohen Mauer umgeben ist und von 10 Wachtürmen verteidigt werden konnte. An den Seiten der Wälle führen 3 Treppen die Mauern hoch und wir steigen vorsichtig die ausgetretenen Steinstufen hinauf. Von hier oben öffnet sich ganz Lissabon und die Stadt liegt uns zu Füssen. Dieser Blick ist kaum zu beschreiben, vor allem weil das Wetter auch so traumhaft schön ist. Wir spazieren gemütlich entlang der Mauer, die mit mächtigen Zinnen bekrönt ist. Einige Türme sind beflaggt und der Wind wirbelt den Stoff der portugiesischen Fahnen in alle Richtungen. Immer wieder stoßen wir auf Stiegen, die wir hochsteigen, um auf einen anderen Turm zu steigen und entlang der Wehranlagen zu schlendern. An einer anderen Stelle geht es wieder hinab, um zu einem tiefer gelegenen Festungsring zu gelangen. Hier haben nicht nur die Kinder Spaß am Herumklettern, nein auch wir werden zu kleinen Abenteurern. Stufen über Stufen bis ins letzte Eck entdecken wir die portugiesische Geschichte und es lässt sich nur erahnen, wie mächtig die Festung einst gewesen sein mag. Vogelgezwitscher und das Geschrei der Pfaue begleiten unseren außergewöhnlichen Spaziergang, der jetzt zum Abschluss noch zu den Ausgrabungen aus der Eiszeit führt.

Tief beeindruckt und belohnt mit vielen tollen Fotomotiven verlassen wir die Burg. Es ist nach 13:00 Uhr geworden und aus der Magengegend kommen Geräusche, die bezeugen, dass sich langsam Hunger breit macht. Nicht weit vom Castelo entfernt stoßen wir auf das außergewöhnliche Café 28, wo man wie in einem urigen Straßenbahnwagen sitzen kann. Drinnen ist es uns aber zu warm und draußen dürfen wir auf unsere Nachfrage keine Tische zusammenstellen. Na ja, dann eben nicht, es gibt sicher noch viele andere Lokale, wo man als Gast gerne gesehen ist. Und wir brauchen auch nicht weit zu gehen, denn im Restaurante O Guerreiro in der Rua de Santa cruz do Castelo 50 holt uns ein Kellner schon von der Gasse ab und begleitet uns in einen kleinen, lauschigen Gastgarten. Wir bestellen uns selbstgemachte Hauslimonade, bei der nicht mit Zitronen gespart wurde. Als Vorspeise gönnen wir uns Pastel de Bacalhau, die wir schon von unserem letzten Urlaub kennen. Wolfgang versucht als Hauptspeise Bacalhau à Brás, ein typisch portugiesisches Gericht aus Kabeljau, Eiern und geraspelten Kartoffeln. Auch Michael wählt ein einheimisches Gericht – Bacalhau com Natas – wo Kabeljau mit Kartoffelscheiben geschichtet und mit Sahnesauce gebunden wird. Wir Damen entscheiden uns für Salat mit Thunfisch / gebratenen Hühnerstreifen. Das Essen schmeckt uns super lecker und vor allem in diesem traumhaften Ambiente im Garten.

Als Nachtisch genießen wir zu zweit noch Zitronentarte, die uns schon aus der Vitrine angelacht hat. Der Kellner erzählt uns noch, dass die Zitronen aus dem Garten nebenan stammen. Den mächtigen Baum, voll von reifen Zitronen und süß duftenden Blüten haben wir schon bewundert.

Gestärkt marschieren wir weiter durch das Gassen-Labyrinth von Lissabon und erreichen am Largo da Sé die Kathedrale Sé de Lisboa. Die Basilica Santa Maria Mayor, wie sie auch genannt wird, ist die älteste Kirche von Lissabon und stammt aus dem 12. Jhdt. Aufgrund von einigen Erdbeben zwischen dem 14. und 16. Jhdt. und schließlich das verheerendste im Jahr 1755 vereint sie nach den Auf- und Umbauten verschiedene Baustile. Anfang des 20. Jhdts. wurde nochmal ordentlich renoviert und die Kirche erhielt sein heutiges Aussehen. Die Westfassade mit den beiden bombastischen Türmen ähnelt der Notre Dame in Paris. Wir betrachten das imposante Holztor mit den tollen Verzierungen aus Metall und dann treten wir in den Innenraum. Mit der Lisboa-Card erhalten wir Ermäßigung auf den Eintrittspreis und beginnen mit dem Aufstieg auf den mit Zinnen bekrönten Balkon, der zwischen den beiden Türmen begehbar ist. Von dort oben begrüßen wir winkend das Volk und die Untertanen, aber von unten beachtet uns leider niemand. Dafür guckt uns das Pärchen komisch an, das uns entgegenkommt. Die denken sich wahrscheinlich, was sind denn das für Verrückte. Dabei ist es nur das Adrenalin, ausgelöst von unseren Glückshormonen, weil wir eine so schöne Zeit hier in Lissabon verbringen dürfen.

Wir tauchen wieder ins Dunkle des Innenraums ein und kommen zur Rosette, die sich direkt hinter dem Balkon befindet. Sie wird von der Sonne so wunderschön angestrahlt, sodass die Farben ganz intensiv sind und die Gesichter der Figuren sehr sanft aussehen. Von hier oben haben wir auch einen tollen Blick in das Kirchenschiff, auf die Bänke und den Altar. Bevor wir aber wieder die Stiegen hinunter gehen, drehen wir noch eine Runde im Museum.

Ein Chorumgang mit Seitenaltären umrundet den Altarraum und wir schlendern von einem zum anderen. Beim genaueren Betrachten der Gruften und Sarkophage fallen uns witzige Details in der Capela cosma de São Damião auf. Die spielenden Hunde bewachen einen Adligen, der einst im Dienst von König Afonso IV. war. In einer anderen Kapelle bestaunen wir die detailgetreuen Figuren einer Weihnachtskrippe von 1766, erschaffen vom Bildhauer Joaquim Machado de Castro, aus dessen Fingern auch die Reiterstatue  Josés I. stammt, die sich auf dem Praça do Comércio befindet.

Nachdem wir uns in der Kathedrale verloren haben, finden wir uns am Eingang wieder zusammen und setzen mit der Tram 28 die Fahrt fort durch die kurvigen Straßen von San Francisco … ähm, nein … den rumpligen Gassen von Lissabon. Ächzend bahnt sich die Bahn die teilweise sehr engen Straßen die Hügel rauf und runter und wir haben echt Spaß daran.

An der Basílica da Estrela steigen wir aus und machen einen kurzen Blick ins Innere. Aber wirklich nur kurz, denn von außen wirkt die weiße Kirche sehr imposant, der dunkle Innenraum ist für uns leider nicht sehr ansprechend. Außerdem benötigen wir dringend eine Toilette. Der Vollständigkeit halber: die Kirche wurde gebaut, weil die Königin Maria I. und ihr Gemahl Peter III. den Bau versprochen hatten, sollten sie einen Sohn bekommen. 1790 wurde die Basilika eingeweiht, nachdem Jahre davor José das Licht der Welt erblickte.

Wir überqueren wieder die Straße und kommen zum Jardim da Estrela oder Jardim Guerra Junqueiro, wie er auch genannt wird. Im Bananacafé stürmen wir erst die Toilette, auf den geplanten Kaffee verzichten wir aber, da die Luft rund um das Café mit Jauchegeruch getränkt ist. Da machen wir es uns eine Weile auf einer Parkbank gemütlich, um unsere brennenden Füße ein wenig zu entspannen. Dabei betrachten wir den Landschaftsgarten mit den mächtigen Bäumen, Palmen, Büschen und Teichen. Auf den Hibisken und Kamelien sind schon erste Blüten zu entdecken und die Böden werden bedeckt mit Clivien, Farnen und vielem mehr. Die Rastbänke sind gut belegt und auch auf den Grünflächen entfliehen die Menschen der Großstadt. Bei Picknick wird auf Decken gechillt und geplaudert. Man merkt, dass Wochenende ist und das frühlingshafte Wetter die Menschen in die Natur zieht und sei es nur, damit die Kids ein wenig Luft abzulassen können. In einem eingezäunten Spielplatz wird herumgetollt und mit Bällen geworfen, alle haben sichtlich Spaß daran. Wir betrachten das Geschehen und die vorbeiflanierenden Menschen rund um uns und untermalt wird die Szenerie vom Gezwitscher der Vögel. Auf einem hohen Baum entdecke ich dann grüne Kakadus, die sich aber leider aufgrund der Gegensonne fotografisch schwer festhalten lassen. Langsam packen wir unsere Rucksäcke wieder auf die Rücken und schlendern gemütlich weiter. Dabei erspähen wir noch einen großflächigen Teich und auch den hübschen, filigranen Musikpavillon aus dem 19. Jhdt. kurz vor dem Ausgang.

Wir verlassen das Stadtwäldchen am anderen Ende des Parkes wieder und gehen die steile Avenida Álvares Cabral gegenüber hinunter. Dann biegen wir in die Praça do Príncipe Real, stapfen diese bis zur Kreuzung Rua de São Pedro de Alcântara entlang und biegen danach noch einige Male ab. Ich hab die Orientierung schon längt verloren, aber Michael hat alles im Griff.

Am Largo Rafael Bordalo Pinheiro 32 landen wir beim Caffè di Marzano Vermuteria und hier bieten sich uns freie Plätze im Gastgarten an. Wir beschließen es den Einheimischen gleichzutun und einen gemütlichen Cocktail zu schlürfen. Nachdem wir aus der Karte gewählt haben, verlagern wir das weitere Geschehen dann doch ins Innere, weil der Wind so heftig um die Ecke pfeift. Bei leckeren Getränken entspannen wir Rücken, Füße und Hirn und spüren mal so richtig den Urlaub. Wir könnten ewig hier sitzen und einfach nix tun, doch einen kleinen Programmpunkt haben wir heute noch vor uns.

Wir begleichen die Rechnung und es fällt uns aber erst später auf, dass hier bereits 5 % Trinkgeld angeführt werden. Wir brauchen nur noch den Pfeilen folgen, die uns zum Largo do Carmo führen. Schnell noch ein Foto gemacht vom Brunnen Chafariz do Carmo und dann erstehen wir noch Tickets für eine Blitzbesichtigung des Convento do Carmo. Mit der Lisboa-Card erhalten wir Ermäßigung auf den Eintrittspreis.  Eine halbe Stunde haben wir jetzt Zeit für einen schnellen Rundgang, bis die Pforten für heute geschlossen werden. Neben dem Kloster gehört auch die Igreja do Carmo zum Gebäudekomplex, nur das von der Kirche nur mehr die Ruinen stehen. Errichtet wurde das Kloster zwischen 1389 bis 1423 im gotischen Stil und mit dem Grundriss eines Kreuzes auf einem der Hügel Lissabons. Die damals größte Kirche Lissabons beherbergte Ende des 16. Jhdts. noch 60 Mönche des Karmeliter-Ordens bis 1755 das große Erdbeben sie dahinraffte.

Wir betreten die Open-Air Kirche und staunen über die hochragenden Bögen des Kirchenschiffs. Einige davon wurden wiederhergestellt, das Dach aber nicht mehr rekonstruiert. Einzig ein Teil des Klosters wurde restauriert und bietet heute der portugiesischen Nationalgarde Unterschlupf und seit Mitte des 19. Jhdts. ist auch das Museu Arqueológico in einem Teil des Komplexes untergebracht. Aufgrund es Zeitmangels schlendern wir nur kurz durch die dachlose Ruine, die von der Nachmittagssonne schön in Szene gesetzt wird. Der blaue Himmel tut das Seinige dazu und so wird die Ruine richtig fotogen. An den Wänden sind noch Zeugen der Vergangenheit sichtbar, die einst wunderschöne Reliefs und Verzierungen am Gebäude waren. Infotafeln mit Bildern und Beschreibungen zeigen unter anderem den manuelinischen Bogen Osolia, das Grab eines Ritters aus dem 16. Jhdt. oder das Angle – Fenster aus dem 16. Jhdt. In unseren Gedanken entstehen Bilder, wie die Kirche ausgesehen haben könnte. Eine Nachbildung des Klosters ist im Museum ausgestellt und hier wird erst bewusst, was das einst für ein Prachtbau gewesen sein muss.

Für die Besichtigung des Museums würden wir natürlich viel mehr Zeit brauchen, als wir haben, daher betrachten wir nur einzelne Ausstellungsstücke genauer. Makaber sind dabei die Schrumpfköpfe von zwei Mädchen in Gläsern. Dafür imponieren uns die Sarkophage aus dem 3. / 4. Jhdt. mit den figürlichen Verzierungen. Außerdem sind einige Grabsteine, Statuen und Büsten ausgestellt und ein Stück des tollen Löwen – Fries ist an einer Wand zu bestaunen. In einem Schrank sind noch einige Bücher ausgestellt, der Rest von einer beachtlichen Bibliothek mit einst fünftausend Exemplaren. Durch die Fenster der runden Apsis dringt die Sonne und lässt den Raum in warmen Farben stimmungsvoll erstrahlen. Von der Decke hängt ein imposanter Kronleuchter und tolle Bilder aus Azulejos schmücken die Wände.

Schnell ist die Zeit vergangen und die Besucher werden von Museums-Guides zum Ausgang begleitet. Einmal ums Gebäude herum und wir landen direkt beim Elevador de Santa Justa, der die Verbindung vom Largo do Carmo mit den unteren Straßen der Altstadt Baixa ist. Der Lift ist eine der Attraktionen von Lissabon, wo sich die Menschenschlangen anstellen, um die wenigen Sekunden zwischen den unteren und oberen Stadtvierteln befördern zu lassen. Der schmiedeeiserne, hellgrau gestrichene Vertikallift wurde 1902 errichtet und was ihn auszeichnet sind viele hübsche, verspielte Details, die ein Kunstwerk daraus machen. Eine filigrane Wendeltreppe führt auf eine Aussichtsterrasse, die aber leider abgeschlossen ist. Irgendwie erinnern uns die Muster und Verzierungen an die des Eiffelturms in Paris. Als wir später nachlesen, erfahren wir, dass der Designer des Aufzugs ein Lehrling von Gustave Eiffel gewesen sein sollte. Die hölzernen Kabinen mit den Ziffernblätter aus Messing könnten aus einem Hitchcock – Film stammen. Bevor wir aber einsteigen und hinunterfahren, genießen wir noch den Blick über die Altstadt. Die Abendsonne hat das Castelo und die Stadt in ein goldenes Licht getaucht und die Dächer wirken, als würden sie glühen. Das Carmo – Kloster schaut von oben auch imposant aus und die Altstadt liegt uns zu Füßen. Der Praça do Rossio unter uns zeigt auch seine Dimensionen und auf der anderen Seite erspähen wir die Kirche Sé und über den Tejo die markante, rote Brücke. Auch so mancher Dachgarten gebietet uns Einsicht und bei einem Gläschen wird noch der Feierabend genossen.

Aufgrund der fortgeschrittenen Tageszeit und weil wir von oben kommen, ist die Wartezeit für die Fahrt mit dem Lift nicht lange. Auch die 7 Stockwerke / 32 Meter überwinden wir schnell und als Inhaber der Lisboa-Card brauchen wir dafür auch nichts mehr berappen.

Wir schlendern noch kurz durch die Altstadt und kehren wieder im Eissalon Amorino Lisboa Augusta ein. Heute stellen wir uns eine andere Eisblume zusammen und während wir das köstliche Eis genießen, betrachten wir die Auslagen der Geschäfte. In den ein oder anderen Laden gucken wir auch kurz hinein, fündig wird Gerti aber erst in einem Modeladen, wo nachhaltige Kleidung verkauft wird. Na da sind wir neugierig, wenn wir sie im Sommer vorgeführt bekommen.

Um uns vor dem Abendessen ein wenig frisch zu machen, kehren wir kurz ins Hotel zurück und entledigen uns der verschwitzten Klamotten.

Wir sausen durch die Gassen, Stufen hinauf und hinauf und wieder hinauf bis in die Calçada Nova de São Francisco 2, denn hier haben wir online im Restaurant Organi Chiado einen Tisch reserviert. Gut, dass wir das gemacht haben, denn alle Tische in dem kleinen Restaurant sind reserviert. Schon beim Eintreten fühlen wir uns sehr wohl, denn die Materialien und Farben sind aus der Natur gegriffen und wirken zudem sehr edel. Die Speisekarte ist mittels QR-Code abzurufen und wir haben anfangs Probleme damit. Erst als uns die Kellnerin darauf hinweist, dass wir uns ins WLAN des Restaurants einwählen müssen, funktioniert alles einwandfrei. Das saisonale, aber auch abwechslungsreiche vegane Essen spricht uns sofort an und wir bestellen quer durch die Karte. Die Gerichte wechseln laut Homepage täglich und es werden nur Bio-Produkte von hoher Qualität verwendet und wenn möglich von lokalen Produzenten. Alle Speisen werden ohne tierische Produkte und ohne Zucker hergestellt. Na, da lassen wir uns mal überraschen. Das Auge ist ja mit und die sind schon mal voll begeistert, als wir unser Essen in hübschem Geschirr serviert bekommen. Schon auf den ersten Blick ist ersichtlich, dass die Produkte frisch und vor allem sehr farbenfroh sind. Meine Quinoa tritt da ganz in den Hintergrund beim Anblick der gebratenen, roten Zwiebel, dem sattgrünen Pak Choi und der glänzenden Cherrytomaten. Gerti ist von ihren veganen Würstel im Bohneneintopf auch sehr begeistert. Michael´s Tofu ist pikant gewürzt und ist auf einem raffinierten Salat angerichtet. Unsere Bäuche sind gewölbt, dennoch lassen wir uns noch zu einem Dessert hinreißen und bestellen zu zweit einen No-Cheese-Cake mit einer dünnen Schicht Himbeer-Mus. Die Zeit ist fortgeschritten und nach einem erfüllten, aber auch anstrengenden Tag denken wir ans „Nachhause Gehen“. Bezahlt wird auch mittels QR-Code und vor dem Verlassen des Restaurants erhalten wir eine detaillierte Rechnung. Wir werden noch sehr herzlich verabschiedet und sollten wir morgen kein anderes Lokal finden, kann es sein, dass wir wieder hierherkommen.

Bem então, boa Noite!