Nur wenige Schritte vom Parkplatz in Höpen entfernt, befindet sich Deutschlands größte Sonnenuhr mit 30,5 m Durchmesser und einem 16,5 m großen Zeiger, der nach Norden direkt auf den Polarstern zeigt. Findlinge, die die Stundeneinteilung zeigen, dienen heute einer Kindergartengruppe zum Klettern und Herumtollen.
Von hier können wir bereits den Heidegarten erblicken, auf den wir uns schon sehr freuen. Mehr als 130 verschiedene Heidesorten sind in über 120.000 Pflanzen in einer Farbpalette von Weiß, Gelb bis in alle rosa Farbschattierungen, vertreten. Auch zweifarbige Züchtungen, wie die Moulin Rouge, sind hier zu finden. Der Ursprung vieler heute im Handel erhältlicher Heidesorten ist die Calluna vulgaris. Die Besenheide ist ein immergrüner, verholzender Zwergstrauch und wächst auf trockenem, sandigen Boden. Sie blüht vom Spätsommer bis tief in den Herbst hinein. Die nahe verwandte Glockenheide fühlt sich auf feuchtem Boden wohl. Die verschiedenen Sorten tragen hübsche Namen, wie Anabel, Larissa, Nele oder Alicia. Beim genaueren Suchen finde ich aber auch immerhin drei Männernamen dabei: David Geel, Peter Sparks oder den Merlin. In mehreren Beeten wurde mit den Farben jongliert und ein Kompass und das Schneverdinger Wappen „gezeichnet“. Von einer vier Meter hohen Aussichtsplattform sind diese Bilder sehr gut erkennen.
Nur schwer können wir uns losreißen von dieser Pracht, aber wir möchten schließlich noch eine Runde wandern. Wir erreichen erst mal einen tollen Schafstall, wo die Tiere aber nur übernachten. Dadurch gelangen weniger Kot und Harn und damit unerwünschte Nährstoffe in die Heideflächen. In der traditionellen Heidebauernwirtschaft wurden die Heideplaggen als Stallstreu verwendet. Mit den ausgeschiedenen Nährstoffen angereichert kamen diese dann als Dünger wieder auf die Felder.
Blauer Himmel mit Schäfchenwolken, ein warmes Lüftchen und ein vorwiegend flacher Weg – was wünscht man sich mehr? Schwalben oder Mauersegler, das können wir nicht so genau sehen, begleiten uns bei der Wanderung. Wir folgen erst dem Lehrpfad für die Kids, denn die Infos sind auch für uns zwei große Kinder sehr interessant. An einer Station müssen wir sogar die Schulbank drücken, die mitten in den Feldern steht. Über eine Infosäule erklärt uns der Herr Lehrer, woher die Ausdrücke Hektar und Morgen kommen. Ein Morgen ist die Fläche, die mit einem einscharigen Pferde- oder Ochsenpflug an einem Vormittag pflügbar ist. Dieses alte Flächenmaß wurde bis etwa 1900 verwendet.
Auf dem Kartoffelfeld daneben sehen wir den Bauern eine zeit lang bei der Ernte zu. Drei Bauern stehen hinten am Hänger an der Erntemaschine und sortieren die Kartoffeln und die Steine auseinander und im Traktor sitzt, äh, kein Bauer. Der Traktor fährt ganz alleine – bis zum Ende des Feldes, dann springt einer ab, saust zum Führerhaus und hält das Fahrzeug an. Danach werden die Kartoffel in einen Hänger und die Steine am Feldrand entladen. Hochinteressant, wie viel Arbeit da noch immer dahintersteckt. Aber ich kann mich noch gut erinnern, dass wir als Kinder auf den Feldern von Oma und Opa die Kartoffeln händisch aufgesammelt haben.
Eine Kurve weiter begegnet uns ein Schäfer mit seiner Schnucken Herde – 400 Tiere hat er. Drei Hirtenhunde halten die Schnucken, Ziegen und einen Esel zu einer Herde zusammen. Die Tiere stürzen sich auf die Kartoffel, die noch auf dem Feld herum liegen. „Was sie jetzt hier fressen, brauch‘ ich nicht zu kaufen“ und „der Winter kommt bald“. „Heuer kommt der Frost zwei Wochen früher als sonst, denn die Kraniche fliegen schon herum“ – hä? Naja, der Schäfer wird’s schon wissen.
Am frühen Nachmittag besuchen wir das nahe gelegene Städtchen Schneverdingen. Es ist das touristische Zentrum der westlichen Heide, wenn man das so nennen kann. Trotzdem strahlt Schneverdingen eine ruhige, beschauliche Atmosphäre aus und von Hektik ist nichts zu spüren. Mitten in der Stadt sitzt eine bronzene Heidekönigin auf einer Bank und wartet auf Menschen, die sich mit ihr fotografieren lassen. Auch der lustige Stadtbrunnen findet unser Gefallen. Er befasst sich mit der Sagenwelt und dem reichen Wasservorkommen in der Lüneburger Heide. Genug Kultur, jetzt müssen wir noch die Wirtschaft ein wenig beleben und widmen uns den Geschäften. Nach dem Shoppen in einer Wohnboutique machen wir es uns im Stadt-Café gemütlich und gönnen uns ein riesen Stück Torte und Cappuccino. Mmmh!
An der Ortsausfahrt statten wir der Eine-Welt-Kirche noch einen Kurzbesuch ab. Die 1999 erbaute Holzkirche war ein Teilprojekt für die EXPO 2000. Im Flügelaltar, der aus einem Stahlgerüst besteht, sollen einmal 7.000 durchsichtige Plexiglasbehälter Platz finden, die mit Erde aus aller Herren Länder gefüllt sind. Alle Menschen sind aufgerufen, Erde für den Altar mitzubringen, die ihnen etwas bedeutet. Die Herkunft wird auch im Internet unter www.eine-erde-altar.de dokumentiert.
Südöstlich von Schneverdingen liegt das Pietzmoor. Ein 4,5 km langer Rundweg führt auf einem Bohlensteg weit ins Hochmoor hinein. Dort kann man die faszinierende Landschaft mit ihren Besonderheiten und ihrer langen Geschichte kennen lernen. Die Stämme abgestorbener Bäume ragen bizarr aus dem Wasser und die Schäfchenwolken spiegeln sich auf der Wasseroberfläche. Schön anzusehen ist auch das sattgrüne Moos, das sich von den hellen Gräsern abzeichnet. Auch letzte Wollgrasbüschel schaukeln im Wind und Libellen jagen durch die Lüfte. Es herrscht eine ruhige, friedliche Stimmung und die saugen wir im wahrsten Sinn des Wortes in uns auf. Das ist Urlaub!