Es ist wohl schon der vierte Versuch, die Palheiro Gardens zu finden.
Und heute verfahren wir uns auch nur einmal, bis wir schließlich vor den Toren stehen. Gleich neben dem Eingang begrüßen uns prächtige Kamelienblüten auf meterhohen Stauden. Meine Kamelie zuhause besteht mittlerweile nur noch aus einem 20cm hohen Stock mit vier Blättern und geblüht hat sie seit dem Kauf nie wieder! Da frisst mich schon der Neid, wenn man diese riesigen Büsche sieht. Vom Eingang führt ein 500 Meter langer Weg durch einen Landschaftsgarten. Violette Schmucklilien, höher als wir, säumen den Weg. Am Ende des Weges erreichen wir eine beeindruckende Protea-Sammlung. Verschiedene Arten von Nadelkissenproteas wechseln mit den großen Königsproteas. Ich dachte immer, dass die Blüten an langen Stengeln vom Boden weg wachsen. Dabei sind das Büsche, voll mit diesen mächtigen Blüten.
Wir kommen auf unserem Rundgang zu einem Garten im französischen Stil mit verschiedenen Abteilungen. Im Zentrum quaken Frösche in einem kleinen Teich und die Seerosen suchen die Oberfläche des Wassers. Aus Hecken wurden kunstvoll Figuren geschnitten. Ehrlich, manche sehen aus wie erigierte Penisse! Weiter geht es an einer gepflegten Rasenfläche vorbei, die von Blumenbeeten unterbrochen ist. Mittagsblumen in verschiedenen Farben, Rittersporn, Ringelblumen, Ziergräser und viele andere Sommerblumen bilden ein richtig harmonisches Bild. Auch von meinen Lieblingsblumen, den Mohnblumen, gibt es schöne Exemplare.
Die roten, gefüllten Blüten bestechen durch ihre Höhe. Schön, dass schon einige verblüht sind, denn so kann ich mir heimlich eine Blütenkapsel pflücken. Und nächstes Jahr haben wir dann in unserem Garten auch so herrliche Blüten. Gärtner sind verteilt zwischen den Beeten, zupfen Unkraut und lockern die Erde.
Eine Brücke führt über ein Bächlein und wir befinden uns in einem ganz anderen Bereich des Gartens. Hier dominieren Mammutbäume den Park. Riesengroße Mellalucabäume (Teebäume), mexikanische Pinien oder Araukarien (Südtannen) konkurrieren miteinander. Ein Stück weiter oben befindet sich eine barocke Kapelle. Außen hui, innen pfui – eine Renovierung würde ihr wirklich nicht schaden. Egal, wir sind wegen der Blumen und Pflanzen hier.
Eine Fülle an Blüten finden wir schon daneben. Auf Beeten mit Buchsbaumhecken eingefasst wachsen wieder Mengen von verschiedenen Blumen, unbeschreiblich schön. Zwei Meter hohe dunkelblaue Rittersporn, orange Lilien, gelbe Mohnblumen, rosarote Montbretien, riesige Engelstrompeten und viele, viele andere Sommerblüher begeistern uns. Man merkt, dass jedes Fleckchen Erde mit viel Liebe gestaltet wurde. Die Harmonie der schattenspendenden Bäume mit dem Blumenmeer darunter ist einmalig. Immer wieder laden gemütliche Bankerl darunter zum Verweilen ein.
Im unteren Teil des Gartens stoßen wir auf ein Tea House. Da sich die Sonne hinter einer Wolkenschicht versteckt und die sich wiederum ein wenig von ihrem Wasser entledigen, unterbrechen wir unsere Euphorie und gönnen uns Kaffee und Kuchen.
Mittlerweile hat der kurze Nieselregen wieder etwas nachgelassen und wir widmen uns wieder dem Garten. Inmitten dieser atemberaubend manipulierten Natur wird selbst der Rosengarten zum Ereignis. Umgeben von einem alten Gemäuer finden wir einen herrlichen Rosengarten. Schade, dass das Wetter nicht ganz mitspielt. Da fällt mir mein Opa ein, der mal gesagt hat, dass der Herrgott da oben alles hört und sieht. Regen habe ich schon immer gehasst und als Kind hab ich dann immer ein Lied von der Connie Froboess gesungen.
Viel vom Text weiß ich heute nicht mehr, aber einen Versuch ist es wert. „Ach lieber Gott, lass die Sonne wieder scheinen, für Mama, für Papa und für mich. Alle Kinder, die großen und die kleinen, haben Sehnsucht nach Sonne wie ich. Wenn die Wolken, die grauen wieder weinen, ja dann wein bestimmt auch ich…“ usw. Und wie bei kleinen Kindern verblasst der Frust in uns und wir genießen trotz allem das schöne Flair. Die Fotos mit den weinenden Rosen haben auch ihre Besonderheit.
Als hätte mich der liebe Gott wirklich gehört, zerreißt kurz darauf die Wolkendecke und der blaue Himmel macht sich wieder breit. Es hört auf zu regnen und die Luft wird innerhalb kurzer Zeit warm. Die laue Brise verteilt den Duft der Rosen. Nachdem ich die Aufnahmen noch einmal gemacht habe, setzen wir uns gemütlich auf ein Sonnenbankerl, schließen die Augen und hören dem Gezwitscher der Vögel zu. Wir sind ganz allein im Rosengarten und fühlen uns wie Adam und Eva im Paradies. Da kommt wieder richtiges Urlaubsgefühl hoch und so soll es auch sein!
Nachdem wir schon mehr als drei Stunden hier im Garten unterwegs sind, machen wir uns langsam auf den Weg in Richtung Ausgang. Hier wird das gelbe Herrenhaus, das nicht öffentlich zugänglich ist, schön sichtbar. Ursprünglich hieß der stattliche Besitz Quinta do Palheiro Ferreiro und ging 1885 in Besitz der Weinhändlerfamilie Blandy über. Sie verwandelten ihn in eine aufwändig bepflanzte Gartenanlage. Über Jahre hinweg wurde der Pflanzenreichtum durch Mitbringsel aus den verschiedenen Reisen erweitert und mit viel Aufwand und Liebe erhalten.
Wir müssen echt blind gewesen sein, denn nicht weit vom Eingang entfernt „stolpern“ wir über einen Blauglockenbaums. Letzten September haben wir zuhause auch einen gepflanzt, aber der braucht zum Wachsen noch ein wenig Zeit. Da ist dieser ein prächtiges Exemplar dagegen und voll mit den namensgebenden blauen Blüten – die übrigens unserer auch schon hat!
Wir verlassen mit einem Glücksgefühl diesen schönen Platz und machen uns auf die Reise weiter ins Landesinnere. Die abenteuerliche Serpentinenfahrt erweist sich aufgrund der verparkten Straße und den entgegen kommenden Busse als sehr mühsam. Lohnenswert ist sie aber allemal, denn entlang der Bergstraße wuchern Mimosen- und Eukalyptuswälder. Die Eukalypten verströmen einen Duft, als hätte jemand gerade einen Saunaaufguß gemacht. Die Blätter, deren Unterseiten fast weiß sind, glänzen in der Sonne. Lange Zeit müssen wir einem Lastwagen nachtrotten, dann aber klebt er sich an die Felswand und lässt uns vorbeifahren. Zeitweise fühlen wir uns wie zuhause in den Alpen. Die Steilhänge sind mit Ginster überwuchert und stellenweise plätschert das Wasser an den Steinen von oben herab.
Am östlichen Berghang des Tals erreichen wir schließlich den Aussichtspunkt Eira do Serrado auf ca. 1.000 Meter Höhe. Hier oben gibt es ein Hotel mit Restaurant, eine Bar und Souvenirläden. Hier werden neben allerlei Souvenir und anderem Kram auch Fenchelzuckerl und verschiedene Produkte von der Kastanie verkauft. Kastanienbäume wachsen hier genug und die Früchte sind eine Einkommensquelle (Kastanienlikör, Kastaniensuppe, Kastanienkuchen,…).
Wir halten uns aber hier nicht lange auf, sondern spazieren zum Miradouro, einer großen Aussichtsplattform. Der Rundumblick hier wird uns unvergesslich bleiben. Eingenistet zwischen gewaltigen Berghängen liegt das Dorf Curral das Freiras. Das Becken, in dem es liegt, ist vor langer Zeit durch Vulkanaktivität entstanden. Frei übersetzt heißt das kleine Dorf mit ihren ca. 1.700 Einwohnern, Nonnenstall. 1566 flüchteten Nonnen vom Santa Clara Kloster durch einen versteckten Bergpfad vor französischen Seeräubern, die in Funchal einfielen. Das Tal war bis 1959 abgeschnitten und nur äußerst beschwerlich zu erreichen.
Wir genießen die Aussicht, die Ruhe und die warme Sonne. Das Rauschen des Windes und das Zwitschern der Vögel werden aber leider bald gestört von einer Busladung Franzosen. Wir haben schon mehrmals festgestellt, dass Madeira von diesem Volk wahrlich überfallen wird (nur kommen die Franzosen diesmal in friedlicher Mission!). Überall trifft man sie in Massen und dort, wo sie sind, schlagen sie kurz Radau und dann verschwinden sie wieder. Sie sind halt keine Genießer, so wie wir. Nachdem wieder Ruhe eingekehrt ist, bleiben wir noch eine Weile, bis uns der Hunger zurück treibt.
In der Bar genießen wir dann einen erfrischenden Salat, während wir uns auf einem Monitor eine DVD über Madeira ansehen.
Als wir wieder in unser Auto einsteigen, fahren schon die nächsten Busladungen auf den Parkplatz.
Aufgrund des Bilderbuchwetters machen wir auf der Heimfahrt noch einen Abstecher beim Aussichtspunkt Cabo Girão. Sie ist mit 580 Metern die zweithöchste Steilklippe der Welt und nur mit einem Panoramalift zu erreichen. Wir ziehen es aber vor von oben hinunter zu blicken. Es ist mittlerweile nach 17:00 Uhr und die Abendsonne eröffnet uns einen atemberaubenden Blick auf die Küste mit ihrem schwarzen Strand und die Felder der Bauern. Der vulkanische Boden ist sehr fruchtbar und im Schutz der Felsen herrscht ein nahezu tropisches Klima. Dort werden Maracujas, Mangos, Papayas, aber auch die Malvasiertraube kultiviert. Die Terrassenfelder auf den Steilwänden sind nicht weniger beeindruckend. Keine Ahnung, wie die Bauern da hinkommen, um diese zu bepflanzen! Plötzlich sehen wir jemanden mit langen Stangen dort herum klettern. Uns wird schon beim Zusehen mulmig. Obwohl der Aussichtsplatz mit einer Mauer geschützt ist, habe ich echt Schwierigkeiten, mich weit genug nach vorne zu beugen, um Fotos zu machen. Die Überwindung lohnt sich aber, denn ich kann diese schönen Bilder als Erinnerung einfangen. Riesige Opuntien und Aloen haben auf der anderen Seite den Steilhang vereinnahmt.
Ein erlebnisreicher Tag geht dem Ende zu – zumindest was die Ausflüge betrifft. Jetzt müssen wir schnell zum Hotel zurück, denn um 18:30 Uhr ist eine Verkostung des Madeiraweins. Und die wollen wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Doch kurz vor der Küstenstraße, die zur Autobahn führt, beginnt unser Auto zu piepsen. Nein, bloß keine Panne so kurz vor Ende des Urlaubes. Nach einem Blick in das Handschuhfach sind wir auch nicht klüger, denn eine Betriebsanleitung für das Auto gibt es nicht. Nach Interpretation des Lamperls öffnen wir die Motorhaube und kontrollieren mal das Kühlerwasser – Bingo: laut Anzeige ist das Wasser wirklich am Limit. Nur, woher jetzt welches nehmen? Alle unsere Vorräte haben schon wir verbraucht. Außerdem haben wir doch keine Zeit – wir müssen doch zur Weinkost! Das Auto hat Erbarmen mit uns, denn die Alarmleuchte erlischt nach einiger Zeit, nachdem wir den Druck verringert haben. Ohne weitere Probleme können wir dann zum Hotel zurück fahren. Na ja, unseren täglichen LKW haben wir natürlich auch heute wieder vor uns.
Wir verstauen den ganzen Kram im Kofferraum und los geht es direkt in die Adega. Ein Wahnsinnsduft steigt uns in die Nase schon nach den ersten Schritten in den Weinkeller. Außer einem jungen Pärchen ist niemand da. Fein, dann bleibt uns mehr. Der Kellner stellt für jeden vier Gläser in einer Reihe vor uns auf und schenkt uns auch gleich das erste voll. Vom trocken Aperitif bis zu den süßen Digestifs, sie schmecken uns alle! Dazwischen bekommen wir Käse, Crackers und Oliven zum Neutralisieren der Geschmacksnerven. Mit dem Tempo, wie wir die Proben hinunter gekippt haben, genauso schnell kommt auch der Schwips. Gutes Timing – wir genießen gerade den Inhalt des letzten Glases, als eine Horde – ja wieder – Franzosen einfällt. Wir kaufen noch vier Bottles für zuhause – nein, nicht alle für uns – Geschenke für unsere Taxifahrer zum und vom Flughafen (Hubert und Helga).