Strahlend blauer Himmel begrüßt uns morgens und nachdem wir unser „Haus“ verstaut haben, sitzen wir wieder bei Monika und Sepp im Campervan und frühstücken mit ihnen – es gibt köstlichen Filterkaffee!
Danach gehen wir wieder getrennte Wege; während die beiden nach Borge fahren, führt unser Weg nach Eggum. Der hübsche, kleine Fischerort liegt am Ende einer steinschlaggefährdeten Straße. Es leben dort ca. 200 Einwohner in bunten Holzhäusern. Hinter dem Ort führt ein holpriger Weg zum „Fort von Eggum“. Das burgähnliche Gebäude war im Zweiten Weltkrieg eine deutsche Radarstation. Einen Kilometer weiter steht inmitten einer Schafweide direkt am Meer die Skulptur „Der Kopf“ vom Schweizer Markus Raetz. Er steht auf einem etwa zwei Meter hohen Granitsockel und präsentiert von jeder Seite eine andere Silhouette. Angeblich sollen es 16 verschiedene sein, wir finden nur vier davon.
Borge ist unser nächstes Ziel, denn dort möchten wir das Wikingermuseum besuchen. Hier haben die Archäologen das bisher größte Gebäude der Wikingerzeit (83 Meter), den Hof eines der mächtigsten Herrscher in Norwegen, freigelegt. Und in diesem Gebäude fühlen wir uns wirklich in die Wikingerzeit zurück versetzt. Es riecht nach Holzteer, Handwerkskünste werden vorgeführt und viele Ausstellungsstücke veranschaulichen das Leben der damaligen Zeit. Im nächsten Raum hängen Kessel mit Hammelsuppe über offenem Herdfeuer, die mittags serviert wird.
Im Hafen liegt die Nachbildung des 23 Meter langen Gokstad- Wikingerschiffes aus dem 9. Jhdt. vor Anker. Im Sommer wird jeden Nachmittag eine Rudertour damit veranstaltet, aber auf diesen teuren Spaß verzichten wir. Wir belassen es dabei, im Schiff zu sitzen und dem Knarren des Holzes zu lauschen.
Auf einem Hügel hat man 1987 die Kirche neu errichtet. 1797 wurde eine Kirche vom Wind weggeblasen, zwei weitere brannten ab, die letzte im Jahr 1983. Von außen sieht sie ein wenig wie ein umgekipptes Schiff aus. Innen ist sie sehr modern eingerichtet mit einer wunderschön klingenden Orgel. Zufällig sind auch hier einige Jugendliche am Proben von verschiedenen Musikstücken.
Nach eineinhalb Stunden Wikingerzeit setzen wir unsere Reise fort und machen einen Abstecher nach Unstad. Diesen Umweg hätten wir uns jedoch sparen können. Der kleine Ort besteht aus wenigen Häuschen, hat irgendwie keinen Kern und auch nicht dieses schöne Flair, das wir von den vielen anderen Orten schon kennen! Damit wir keine Zeit unnötig vergeuden, ziehen wir eine Schleife nach dem letzen Haus und machen uns sofort wieder auf den Rückweg.
Bei Leknes verlassen wir die E10 und fahren auf der Straße 815 bis nach Stamsund. Ein romantischer Fischerort bezaubert uns mit seinen rot angestrichenen Rorbuer (Fischerhütten) und bunten Holzhäusern. Im klaren, türkisgrünem Wasser schaukeln kleine Holzboote und am Ufer sitzen ein paar Jugendliche und genießen ihren Kaffee. Wir schlendern gemütlich in Richtung Hafen, denn hier ist einiges los. Für ein Sommerfest werden Bühnen, Verkaufsstände und Tische aufgestellt. In Stamsund befindet sich die größte Trockenfischexportfirma Norwegens. Direkt am Meer stehen riesige Gebäude und durch die offenen Fenster sehen wir Stapel von getrockneten Stockfischen. Vom Geruch angezogen schwirren unzählige Möwen rund um das Gebäude. Wir genießen die Stimmung eine zeitlang und setzen dann unsere Reise wieder fort.
Das warme, sonnige Wetter, die wunderschöne Landschaft und die Freundlichkeit der Einwohner vermitteln uns ein Gefühl der Ruhe und Ausgeglichenheit. Und genau dieses Feeling brauchen wir, um nach dem Urlaub wieder erholt in den Alltag gehen zu können.
Doch als wir in Richtung Gravdal fahren, werden wir ruckartig aus dieser Stimmung herausgerissen, denn es kommt uns ein Auto auf unserer Straßenseite entgegen! Nur einer guten Reaktion und einem Dauerhupen verdanken wir es, dass der Lenker aufwacht und sein Auto zur Seite reißt. Das Herz pocht uns bis zum Hals und die Glieder zittern.
Auf dem Parkplatz vor der Buskenes-Kirche versuchen wir uns wieder zu beruhigen. Die rot- weiße Holzkirche wird auch Drachenkirche von Gravdal genannt. Ihr Baustil ist sowohl von der Architektur der Wikingerschiffe als auch von den Stabkirchen inspiriert und knüpft bewusst an altnordische Traditionen an. Die erste Kirche wurde gegen 1324 an dieser Stelle errichtet und war während der Reformation Hauptkirche für die Buskenes- Kirchengemeinde. In der Mitte des 17. Jhdts. wurden mehrere Nachfolgebauten vom Sturm weggeblasen. 1903 schlug ein Blitz in die vorletzte Kirche ein, die bis auf den Grund nieder brannte, weshalb in der heutigen Drachenkirche auch keine alten Gegenstände mehr zu finden sind. Zwischen 1965 und 1967 wurde die Kirche restauriert. Leider ist uns der Zutritt ins Innere auch zu dieser Kirche nicht gestattet, denn sie ist verschlossen.
Am späten Nachmittag verlassen wir wieder die E10 und fahren vorbei an schneebedeckten Bergen auf beiden Seiten, entlang des Meeres bis wir in Nusfjord ankommen. Dieses kleine malerische Fischerdorf, dessen rote Hütten hufeisenförmig um den Binnenhafen stehen, ist eines der beliebtesten Fotomotive auf den Lofoten. Der Ort steht auf der UNESCO-Liste der erhaltenswerten Kulturdenkmäler. Etwa 75 Menschen, Fischer oder in der Fischaufzucht Beschäftigte leben noch dort. Ein Teil der Hütten wird im Sommer an Touristen vermietet, die wie auch wir den Fischern beim Zerlegen und Waschen der frisch gefangenen Fische zusehen. Paletten mit hoch aufgestapelten getrockneten Stockfischen stehen am Hafen und der Geruch zieht viele Fliegen an. Irgendwie ekelig, wie sie sich auf den Fischen tummeln – und diese Fische werden als Spezialität verkauft! Auf einem felsigen Abhang brüten unzählige Dreizehenmöwen und kreischend fliegen Schwärme über unseren Köpfen umher. Wir fühlen uns wie in einem kitschigen Film, wären da nicht so viele deutschsprachige Touristen unterwegs, die mit ihrer Hektik die Ruhe zerstören.
Auf dem Weg zum Campingplatz fahren wir an Holzgerüsten vorbei, die vollgehängt sind mit aufgefädelten Fischköpfen. Das sieht vielleicht grauslich und makaber aus, aber auch die werden verarbeitet; als Fischmehl werden sie nach Afrika exportiert. Die zu den Köpfen gehörenden Fische finden wir zu unserer großen Freude ein paar Kurven weiter auf den Gerüsten hängen. Hurra!!!
Am Campingplatz in Sørvågen sind wir einer Invasion von französischen Jugendlichen ausgeliefert. Während die Gruppe mit den Burschen uns mit einem Lagerfeuer ausräuchert, sind die Mädels damit beschäftigt, die einzige Dusche zu blockieren!
Unsere Lebensmittel sind inzwischen etwas knapp geworden und deshalb müssen wir uns als Nachtmahl mit einem Grießbrei begnügen. Als kleine Geschmacksverbesserung gibt es noch eine Banane und Kiwis. Als die breiige Milch noch auf dem Kocher steht, ahnen wir schon Schlimmes, denn irgendwie riecht dieser Kleister nicht nach Grießbrei. Eine kleine Kostprobe bestätigt uns, dass der Geschmack nicht mit dem Bild auf der Packung zusammenpasst! Denn anstatt eines köstlichen Grießbreis dürfte es sich hierbei um eine Art Kartoffelbrei handeln, der auch schon ordentlich vorgesalzen ist. Vielleicht wäre dieser Brei zuvor auch essbar gewesen, wenn wir nicht zu Beginn schon so viel Zucker hineingegeben hätten – Pfui!