Gegen zwei Uhr morgens hört es auf zu regnen und ich mache mich das erste Mal auf den Weg zur Toilette. Den Rest der Nacht schlafen wir ganz gut.
Heute heißt es bald aufstehen, denn wir haben gestern telefonisch noch die Fähre auf die Isle of Wight gebucht. Nach dem Frühstück brechen wir auf, der Himmel verspricht nichts Gutes. Es ist stark bewölkt und der Regen meint dauernd, er muss sich durchsetzen. Es ist für uns sehr irritierend, denn es kommen uns viele Autos entgegen, die ohne Licht fahren und das bei diesen Wetterverhältnissen! Auf dem Weg bis Lymington fahren wir durch viele kleine Dörfer mit Backstein- und Fachwerkhäusern mit ihren Reet gedeckten Dächern und kleinen Pubs und Inns. Zwischen den Ortschaften breitet sich ein dunkler Wald aus, dessen Boden dicht mit Farnen bewachsen ist. Immer wieder müssen wir die Geschwindigkeit reduzieren, weil Pferde, Perlhühner oder sonstiges Getier auf der Fahrbahn herumstehen. Erste Pilcher- Gefühle machen sich in uns breit – endlich dürfen wir in ihren Romanen mitspielen.
Kurz vor 10:00 Uhr befahren wir die Fähre zur Isle of Wight (£ 38,50 hin und retour). Der gesamte Hafen von Lymington ist voll von Yachten, eine imposanter als die andere. Da sehen die winzigen Boote der Kinder, die gerade Segelunterricht bekommen, wie Spielzeugboote aus. Früh übt sich, wer einmal ein Meister werden will. Aber die Kleinen stellen sich ganz gut an. Die entsprechende Brise ist ja vorhanden. Der Himmel ist bewölkt, aber die Temperaturen sind mit einem Jackerl erträglich. Die Überfahrt dauert nicht lange und gleich nach dem Anlegen fahren wir in Richtung der Needles.
Etwa eineinhalb Kilometer vor den Klippen ist vorerst Endstation. Ab hier geht es zu Fuß weiter. Ist aber eine lohnenswerte Kurzwanderung. Die Vegetation entspricht jener der Bergwelt mit vielen prächtigen Wiesenenzianen. Aber am meisten beeindruckt uns die Alum Bay, eine tief abfallende Steilküste aus Sandstein mit den vertikalen Farbschattierungen wie aus einer Farbpalette. Von rot über braun bis hin zu schwarz gibt es dort alle Farben zu finden. Wunderschön!
Wir können uns nur schwer loseisen, aber wir haben ein anders Ziel, nämlich die berühmten „Needles“ . Am westlichsten Teil der Insel liegen die drei etwa 30 Meter hohen Kalknadeln. Die äußerste Erhebung wird durch einen Leuchtturm geschmückt. Eine gute Aussicht auf diese Felsformation hat man von der ehemaligen Beobachtungsstation der Wehranlage.
Bevor wir aber diese besichtigen können, werden wir wieder zur Kasse gebeten. Um uns dieses und noch viele weitere Eintrittsgelder zu ersparen die wir sicher noch im Laufe unserer Reise zu bezahlen hätten entschließen wir uns Mitglieder des National Trusts zu werden. Wir sind zwar mit einem Schlag 72 Pfund los, aber dafür dürfen wir viele andere Sehenswürdigkeiten in ganz England ab jetzt ohne Bezahlung besichtigen.
Die Anlage selbst beeindruckt uns nicht so, aber die Aussicht auf die weißen Klippen zum Meer hinunter ist schon wunderschön. Wir sehen eine zeitlang zu, wie das Meer wie Milch aufschäumt, wenn das Wasser auf die Kalksteine peitscht. Bevor wir wieder aufbrechen, verzehren wir noch unsere Jause.
Die Straße, die wir danach fahren, ist der reinste Horror für mich, denn unsere Forstwege zuhause sind breiter. Als uns dann noch ein Autobus begegnet… Wir bleiben immer wieder stehen, nicht nur um Autos auszuweichen, sondern auch um die Eindrücke aufzunehmen. Wunderschöne Strände und Klippen, als auch schmucke Cottages mit reetgedeckten Dächern verzaubern uns gänzlich. Als wir dann am Mottistone Manor Garden ankommen und sich die Sonne zeigt, ist unser Glück perfekt. Inmitten des kleinen, aber hübschen Gartens steht ein schönes Herrenhaus – leider nicht zu besichtigen. Die Blüten räkeln sich in der Sonne und zeigen ihre schönen Farben. Wir schlendern entlang der Beete und genießen das friedliche Ambiente. Die ersten Samenkapseln verschwinden in unseren Hosentaschen. Mal sehen, vielleicht können wir uns diese Blütenpracht auch nach Hause holen. Es ist sehr schwül und leider zeigen sich wieder erste schwarze Wolken am Horizont.
Brighstone, ist unser nächstes Ziel, bekannt aufgrund seiner reetgedeckten Cottages und der Pfarrkirche St. Mary aus dem 12. Jahrhundert. Ein Nieselregen veranlasst uns dazu, dort ein kleines Museum zu besuchen.
Wir sind auf dem Weg nach Calbourne, als es zu schütten beginnt, dass unser Scheibenwischer überfordert ist. Wir bleiben am Straßenrand stehen und nach einer Viertelstunde ist der Spuk wieder vorbei. Calbourne gehört auch zu den Vorzeigedörfern der Insel. Vor allem die Winkle Street zieht die Touristen magisch an, die von liebevoll herausgeputzten Häusern geziert wird. Ein kleiner Bach, schon halb verwachsen mit Blumen, plätschert an den Häusern vorbei. Am meisten gefesselt hat uns aber der Ort Shanklin. Wie aus einem Bilderbuch entschlüpft präsentiert sich der Altstadtkern mit den pittoresken weißen, reetgedeckten Cottages. Wir spazieren die kleinen Straßen auf und ab und bestaunen die Häuser. Nach dem Regenguss ist es so schwül geworden, dass wir es uns im Garten eines Tea Rooms bequem machen. Irgendwie haben wir das Gefühl, dass hier jedes Haus ein Tea Room ist. Bei uns zuhause gibt es da schon Unterschiede zwischen einem Restaurant, Pub oder Kaffeehaus. Wir bestellen uns leckere Scones with cheese, clotted cream and red onion jam. So was Leckeres haben wir schon lange nicht mehr gegessen und ab diesem Zeitpunkt erkläre ich die Scones zu meinem Lieblingsgericht in England.
Pünktlich um 18:00 Uhr geht unsere Fähre zurück auf das Festland und dann machen wir Meter in Richtung Winchester. Nur wenige Meilen entfernt nehmen wir einen Campingplatz. Er liegt sehr idyllisch unter Bäumen an einen angrenzenden Wald. Einige Feldhasen sitzen gemütlich im Gras und lassen sich auch von uns nicht stören. Süß die Kleinen, denn sie sind nur halb so groß wie die bei uns. Wir sind mit dem Aufstellen unseres Zelts noch nicht fertig, beginnt es wieder zu regnen. Deshalb machen wir es uns einige Stunden im Auto „bequem und gehen dann bald schlafen.
Haben eigentlich den gleichen Urlaub geplant, leider verschieben wir ihn immer wieder. Das mit dem Leihauto kommt in England immer wieder vor..da wollen sie nochmals etwas Geld dazu verdienen..
LG
Rudi
Eine Besucherin hatte die Frage, wie man am Besten von London auf die Isle of Wight kommt. Hier unsere Antwort:
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Zuerst mal ein herzliches Danke für dein Kommentar auf unserer Webseite.
Zur Fähre auf die Isle of Wight: Wir sind mit dem Mietauto von London Heathrow Richtung Südengland / Cornwall gefahren. Vom Flughafen London nach Lymington sind es etwa 155 Kilometer. (Ruf mal http://www.map24.at auf und gibt als Startpunkt „London Gatswick“ und als Zielpunkt „Lymington“ ein. Dann wird der Weg und die Fahrtzeit gezeigt.)
Es gibt mehrere Häfen, von denen du Fähren nehmen kannst. Alles dazu findest du unter http://www.directferries.de/isle_of_wight.htm So gehen z.B. von Lymington 14 Überfahrten pro Tag im Halbstundentakt (laut deren Homepage).
Wir haben eigentlich ganz spontan am Vortag die Überfahrt telefonisch reserviert. Du brauchst dazu eine Kreditkarte, die du telefonisch durchgeben musst. Bekommst dann eine Reservierungsnummer, mit der du vorort das Ticket beim Schalter abholen kannst. War alles ganz easy. Musst halt nur wissen, um wie viel Uhr du dort sein wirst, sodass du die richtige Fähre buchst. Das „Einschiffen“ selbst ist ganz einfach – da sind ein paar Autoschlangen und Einweiser… man kann eigentlich gar nichts falsch machen.
Eins noch – wenn du Zugriff auf ein GPS Navigationssystem hast, dann mach Gebrauch davon. Erleichtert die Fahrt als Festlandeuropäer doch sehr, wenn man nicht zu all dem Stress mit dem Linksfahren auch noch Kartenlesen muss 😉
Viel Spaß bei den Briten
Wolfgang