Die ganze Nacht hat es geregnet und deshalb ist in der Früh alles triefend nass. Wir nutzen die Situation, dass es gerade nicht regnet und packen schon sehr früh unser Hab und Gut zusammen. Die Fahrt nach Winchester verläuft reibungslos und wir finden recht schnell eine Parkgarage. Auf dem Weg zur Kathedrale kommen wir an der Guildhall vorbei.

Das aus viktorianischer Zeit stammende Rathaus beherbergt heute eine Gallery und die Tourist Information. Wir statten ihr einen kurzen Besuch ab und nehmen uns ein paar Prospekte mit. Nicht weit davon entfernt steht am östlichen Ende des Broadways die Bronzestatue von Alfred dem Großen, den Winchester seinen Aufstieg zur englischen Hauptstadt verdankt. Die Verlängerung des Broadways, die High Street, ist die einstige römische Hauptstraße.

Wir schlendern gemütlich durch die Altstadt und beobachten das rege Treiben. Viele Menschen tummeln sich hier und laufen von einem Geschäft ins andere. Wir kommen auch beim Buttercross vorbei, einem imposanten Marktkreuz aus dem 14. Jahrhundert.

Als wir an der Kathedrale ankommen, entschuldigt sich die Dame an der Kasse für den Lärm, der im Inneren herrscht. Schülergruppen proben für eine Schulaufführung und da geht es wirklich rund. Die Akustik in der Kirche tut das Ihrige dazu, dass der Schall in alle Ecken getragen wird.

Wir sitzen eine zeitlang auf einer Bank und hören und sehen den Mädels und Jungs zu. Eine junge Dame begeistert uns sehr, denn sie schafft ein Stimmvolumen, dass uns die Gänsehaut über den Rücken läuft. Dann widmen wir uns der Besichtigung des Innenraumes. Die Kathedrale beeindruckt alleine durch ihre Ausmaße, denn das Kirchenschiff ist mit 170 Meter Länge das zweitlängste in Europa. Die verschiedenen Baustile bilden eine harmonische Einheit und sie wirkt im Gesamteindruck sehr hell. Ein wunderschön geschnitztes Chorgestühl mit Baldachinen schmückt den Altarraum. Nicht weit davon entfernt existiert noch ein Boden mit mittelalterlichen Fliesen.

Fehlende wurden nachgeahmt und ergänzt. Darauf steht ein vergoldetes Denkmal des Heiligen Swithun. Seitlich im Kreuzgang befindet sich die heilige Grabkapelle mit Wandmalereien aus dem 12. und 13. Jahrhundert, die liebevoll restauriert wurden. Tiefe Harmonie strahlt die Krypta aus, die fast ausschließlich nur im Sommer zugänglich ist, da sie die restliche Zeit des Jahres unter Wasser steht. Die zwei Statuen aus dem 14. Jahrhundert und eine Bleifigur von 1992, die sich in der Krypta befinden, haben sozusagen die meiste Zeit nasse Füße. Die Kathedrale von Winchester ist auch die letzte Ruhestätte von Alfred dem Großen. Beim Verlassen der Kirche besichtigen wir noch die im seitlichen Teil des Innenraums befindende Fare Trade Ausstellung. Das Äußere der Kirche ist sehr schlicht, als hätte man auf alle Ornamente vergessen. Nicht eine Statue ist am ganzen Außenbau zu sehen, keine Steinmetzarbeiten und auch keine Turmspitzen sind sichtbar. Der Bau hat lediglich einen flach gedeckten Stumpf, als wäre seine Spitze abgebrochen.

Wir schlendern ins Zentrum zurück und überlegen erst, ob wir noch in Winchester oder auf der Strecke in den Süden zu Mittag essen. Da das Parkticket noch gültig ist, beschließen wir noch in der Stadt zu bleiben. Wir haben bald ein Pub gefunden. Nachdem wir uns erst im Gastraum an einem netten Tisch gesetzt haben, lockt uns dann doch die Sonne in den Gastgarten. Dort hätten wir eher einen Sonnenbrand bekommen, bevor ein Kellner gekommen wäre. Dass man an der Bar bestellen muss, um etwas zu bekommen, das wissen wir nämlich nicht. Das Essen kommt dann aber sehr schnell und das Henderl, das wir bestellt haben, schmeckt auch vorzüglich.

Am frühen Nachmittag verlassen wir Winchester und unser nächstes Ziel, Mottisfont Abbey, ist schnell erreicht. Die ehemalige Augustinerabtei besitzt einen herrlichen Landschaftsgarten, der vor allem für seine umfangreiche Sammlung alter Rosen berühmt ist. 1972 übernahm der National Trust die Anlage, die damals aus einem großen Küchen- und Kräutergarten bestand. Mit Hilfe eines bekannten Gärtners wurde dieses Paradies von Rosen in Verbindung mit apart blühenden Stauden geschaffen. Der Garten ist durch Mauern in schöne abgeschlossene Nischen unterteilt und gemütliche Plätzchen laden zum Verweilen ein. Einige dieser Gelegenheiten nutzen wir auch und genießen die warme Sonne. Am Eingang an der Kassa haben wir von dem netten Herren eine deutsche und zusätzlich eine englische Beschreibung des Gartens bekommen mit den Worten: „Falls ihr das Deutsch nicht versteht…. Beim ersten Leseversuch der deutschen Beschreibung verstehen wir dann auch gleich den Hintergrund – die Übersetzung ist mehr als schlecht, sodass wir teilweise gar nicht verstehen, was dabei gemeint ist. Wir verwenden daher die original englische Version und die deutsche wandert beim Hinausgehen in den litter (Abfalleimer).

Um schneller vorwärts zu kommen, fahren wir ein großes Stück der Strecke auf der Autoroute. Und so schaffen wir es noch mehr als eine Stunde vor dem Schließen der Tore Corfe Castle zu besichtigen. Schon von Weitem sieht man die Überreste der Festung, da sie majestätisch auf einem Hügel erbaut wurde. Sie zählt zu den schönsten Burgruinen von England. Am Fuße des Hügels stellen wir unser Auto auf dem National Trust Parkplatz ab (wir dürfen ja schließlich als Mitglieder gratis parken!). Von dort folgt ein Fußmarsch durch einen Wald hinauf, wo wir von jeder Lichtung atemberaubende Aussichten auf die Ruine bekommen. So wird uns im Laufe des Aufstiegs bewusst, wie groß und gewaltig das Castle einst gewesen sein muss. Sie wurde im 11. Jahrhundert erbaut und später erweitert. Die Burg wurde nach sechswöchiger Belagerung im Bürgerkrieg 1646 zerstört, was zum heutigen Aussehen der Burganlage führte. Ein Teil der Ringmauer gleich neben dem Eingang hängt derartig schief, dass man glaubt, er könnte jeden Moment in die Tiefe stürzen. Mit einer Beschreibung ausgestattet erklimmen wir den letzten Anstieg zu den Ruinen. Von oben hat man eine wunderschöne Aussicht auf die Umgebung.

Zu Füßen der Burg liegt das nicht minder attraktive Örtchen Corfe. Es macht den Eindruck, als wäre es aus einem Bilderbuch entsprungen und zudem noch die Zeit stehengeblieben.

Die Kinderbuchautorin Enid Blyton lebte viele Jahre lang in der Gegend von Corfe. Die Kulisse des Ortes und die Atmosphäre, die es ausstrahlt, hat sie in ihren berühmten „Fünf Freunde Büchern mit einfließen lassen. Das Dorf wurde größtenteils aus grauem Kalkstein aus Purbeck erbaut und hat zwei Hauptstraßen. Ein Teil der Steinhäuschen hat so niedrige Türen, dass nur die Zwerge von Schneewittchen durchgehen können. Rund um den Marktplatz gibt es eine Ansammlung von mehreren Restaurants, Cáfes, Pubs und kleinen Läden. Wir besorgen uns noch Lebensmittel für das Abendessen und begeben uns dann auf die Suche nach einem Campingplatz. Wir finden gleich in der Nähe einen, der sehr romantisch gelegen ist. Umgeben von einem kleinen Wäldchen stellen wir unser Zelt auf. Kaum sind wir mit dem Essen fertig, da beginnt es auch schon wieder zu nieseln. Als hätten wir den Rasensprenger programmiert, werden wir beinahe jeden Tag mit dem Regen beglückt. Wir ziehen uns in unser „Haus zurück, hören noch eine zeitlang Musik und schlafen bald ein.

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