Es hat die ganze Nacht in Strömen geschüttet. Wir haben fast nichts geschlafen, weil das Prasseln des Regens auf das Zelt einen Höllenlärm gemacht hat. Wieder einmal packen wir im Regen das Zelt zusammen und suchen noch die Waschräume auf.
Die Strecke bis Falmouth schaffen wir schnell. Der Ort besitzt einen schönen Naturhafen. Na ja, richtig schön wäre er, wenn das Wetter nicht so grauslich wäre. Es ist durch den heftigen Nieselregen richtig diesig, sodass wir kaum hundert Meter weit sehen können. Also Falmouth selbst haken wir ab.
Nach einem kurzen Halt im Hafen fahren wir an der Küste weiter bis zum Pendennis Castle. Mehr als eine Stunde sitzen wir im Auto auf dem Parkplatz und sind deprimiert, rat- und lustlos. Wir lauschen im Radio den Wetternachrichten und es wird kein Ende des Regens angekündigt. Mit Bestürzung hören wir, dass im Gebiet um Gloucestershire bereits ganze Orte überschwemmt und viele Zufahrtsstrassen gesperrt sind. Echt schlimm, was sich da abspielt. Davon bekommen wir an der Küste nicht ganz so viel mit.
Eingepackt wie Mumien spazieren wir dann zum Eingang des Castles hoch. Wir sind heute die ersten Besucher und etwas unmotiviert gehen wir auf den runden Mittelturm zu. Pendennis Castle, Cornwalls größte Festung, ist umgeben von zwei Mauerringen. Dank der Lage hoch auf einem Hügel, von dem aus man die gesamte Bucht überblicken kann, erwies sich der Standort während mehrerer Kriege als strategisch äußerst günstig. Dreiundzwanzig Wochen trotzte die Besatzung der Festung lang den Angreifern. Erst als der Hungertod drohte, kapitulierte der Kommandant.
Alte Kanonen stehen nahe den Mauern und mystisch ankert in nicht weiter Entfernung ein Schiff im Dunst des Wassers. Wir aber suchen das Trockene und gehen in die Burg hinein. Die Innenräume im Untergeschoß sind sehr karg ausgestattet. Auf dem Weg nach oben stoßen wir uns beide einige Male den Kopf an den harten Mauern der engen Wendeltreppen.
Als wir den ersten Raum betreten, beginnen plötzlich die beiden Kanonnieren heftig miteinander zu schreien. Wir verstehen zwar kaum ein Wort, aber es sieht sehr spektakulär aus. Dann gehen Kanonenschüsse los und aus dem Abschussloch qualmt es heftig heraus. Da sind wir also mitten in einen Krieg geraten! Ein Bewegungsmelder löst diese Show aus und im Laufe unserer Besichtigungstour werden wir noch öfter erschreckt von plötzlich sprechenden Puppen. Sie machen aber die nüchterne Ausstellung sehr lebendig. Mehr als zwei Stunden stapfen wir sowohl in der Burg, als auch draußen im Regen herum. Das Mittagessen gönnen wir uns noch im angeschlossenen Tea Room. Als wir danach zum Auto zurück gehen, hat es fast aufgehört zu regnen. Die Regenhosen sind ordentlich versaut und die Jacken vom Wasser angesaugt.
Wir nützen die Regenpause und machen uns auf den Weg zu den Trebah Gardens. Die Straßen dorthin sind teilweise überflutet, weil die Kanalisation diese Regenmassen nicht mehr aufnehmen kann. Wir haben aber Gott sei Dank kein Problem und ohne Verzögerungen erreichen wir den Trebah Garden. Jahrzehntelang war der Garten sich selbst überlassen und wurde erst Ende der 80er Jahre wiederhergestellt. Das Markenzeichen sind die riesigen Baumfarne, Palmen und Bambus. Hier gedeiht der schnellstwachsende Bambus. Eine neue Pflanze wächst bis zu dreißig Zentimeter pro Tag in den ersten sieben Tagen. Bedingung ist die wolkenlose und windstille Lage. Dieser Bambus wird vorwiegend für die Küche verwendet.
Wir schlagen uns durch das Dschungeldickicht und jedes Mal, wenn wir einen Zweig streifen, ergießt sich ein wahrer Regenfall über uns. Die Palmen breiten ihre Blätter wie Fächer über die Spazierwege. Durch den Garten ziehen sich viele Wasserfälle und zudem ist fast nach jeder Kurve ein Teich zu finden. Darin tummeln sich viele Fische, unter anderen auch Unmengen von riesigen Kois in allen Größen und Farben. Eine Weile spielen wir mit ihnen, denn sie folgen uns, wenn wir von einem Ende des Teiches zum anderen gehen. Der Garten endet an einem Sandstrand, auf dem Besucher auch baden dürfen. Wir sehen eine zeitlang den anderen Menschen zu und dann spazieren wir gemütlich wieder in Richtung Eingang zurück. Es reicht gerade für den Rundgang im Garten, dann öffnet sich schon die nächste Wolke und es gießt wieder.
Es ist gerade mal kurz nach halb vier und daher beschließen wir, noch ein Stück in den Süden zu fahren. Wie sollte es auch anders sein, aber auf der Fahrt zur Lizard Halbinsel werden die Straßen wieder schmäler. Darum sind wir überrascht, als etwa acht Meilen vor dem Ziel die Straße sogar mit einem Mittelstreifen versehen ist. Der südlichste Punkt Großbritanniens ist Lizard Point. Der Ort besteht nur aus einigen Bauernhöfen, Cafés, Souvenirläden und vielen Touristen. Wir sind beeindruckt von den gewaltigen Felsformationen, die stark mit Lilien und Heidekraut bewachsen sind. Das Meer peitscht die weißen Wogen gegen die Klippen, sodass die Gischt aussieht wie aufgeschäumte Milch. Etwas weiter östlich steht ein gewaltiger, weißer Leuchtturm aus dem Jahr 1752 und er besitzt eines der stärksten Leuchtfeuer der Welt. Die Küste von Lizard war lange Zeit als Grab für Schiffe gefürchtet.
Auf der Wiese daneben tummeln sich viele Feldhasen. Beim Abzählen kommen wir auf siebzehn Stück dieser süßen, kleinen Geschöpfe. Die einen fressen in aller Ruhe, andere hetzen sich gegenseitig von einem Ende der Wiese zum anderen. Viel Spaß noch!
Wir fahren zurück nach Falmouth, huschen noch schnell in einen Store und dann nisten wir uns wieder im gleichen Campingplatz wie gestern ein. Die Wiese ist komplett durchnässt und wir hoffen, dass es jetzt mal eine Weile trocken bleibt. Erste blaue Flecken am Himmel sind ja schon zu sehen!