Über dem Hafen von Saintes Maries-de-la-Mer schweben in der Früh die Möwen, der Mistral bläst immer noch – zum Glück ist es aber nicht kalt.
Deshalb marschieren wir zu Fuß zur Notre-Dame-de-la-Mer, der berühmten Wallfahrtskirche der drei Marien und der schwarzen Sarah. Das Gotteshaus wurde als Wehrkirche errichtet und sieht von außen auch wie eine Burg aus. Das Besondere an dieser Kirche ist, dass man bei der Besichtigung sogar auf das Dach steigen kann. Und so klammern wir uns windgepeitscht am Dachfirst fest und blicken weit hinaus in die Camargue. Als es dann darum geht, wieder zurück auf die Ebene zu kommen, hab ich dann aber ordentlich die Hosen voll. Die Höhenangst und der Wind machen mir derartig zu schaffen, dass ich beinahe nicht mehr hinunter klettern kann. Mit zittrigen Knien landen wir dann doch wieder gut auf der Straße.
Das Innere der Kirche erschrickt uns zuerst durch seine Dunkelheit – einzig der Altarraum wird erhellt, da eine Gruppe von Wallfahrern gerade eine Messe feiert. Während sich die Gläubigen im vorderen Bereich der Kirche bei schönen mehrstimmigen Gesängen versammelt haben, erkunden wir den restlichen Kirchenraum. Die Reliquien der Marien werden in einer Ausbuchtung hoch über dem Altarraum aufbewahrt und nur für die alljährliche Zigeunerwallfahrt mittels eines komplizierten Seilzugs herunter gelassen. Alljährlich am 24. Und 25. Mai strömen die Roma und Sinti aus allen Teilen Europas zu Tausenden herbei, um ihre Schutzpatronin zu huldigen. Die Krypta der Kirche beherbergt die Figur der schwarzen Sarah, gekleidet in ein türkises Gewand (top aktuelle Trendfarbe). Die heilige Sarah war laut der Legende die Dienerin der Marien, als sie auf der Flucht an der französischen Küste an Land gingen. Da sie als dunkelhäutige Frau dargestellt wurde, haben sie die Zigeuner zu ihrer Schutzheiligen auserkoren.
Die Camargue ist unter anderem auch bekannt für seine einmalige Vogelwelt. Daher liegt die Idee nahe, dem ornithologischen Park – Parc Ornithologique de Pont de Gau – einen Besuch abzustatten. In der Camargue gibt es über 400 Flugvogelarten. Nirgendwo sonst können die berühmten frei lebenden flamants roses (Rosaflamingos) so gut aus nächster Nähe beobachtet werden und an keinem Ort in Europa brüten sie so regelmäßig. Entlang eines 4 Kilometer langen Rundweges auf einem 60 Hektar großen Geländes können wir die vielen Flamingos, Störche, Möwen, Enten, Nutrias,… in ihrer natürlichen Umgebung fast hautnah beobachten. Wir nehmen uns viel Zeit und schlendern gemütlich entlang der Wege und Stege und zu sehen gibt es wirklich genug. Uns ziehen natürlich die Flamingos in ihren Bann, denn wie Models stehen sie im Wasser, drehen sich mal auf die eine Seite, dann wieder auf die andere. Einige stolzieren im Wasser herum, andere stehen ruhend auf einem Bein. Auch eine Auseinandersetzung zwischen drei Tieren können wir live miterleben. Da wird als Abschreckung ordentlich gekreischt! Wie ein Strich am Himmel wirken die Flamingos, wenn sie fliegen. Über unseren Köpfen herrscht reger „Flugverkehr“ und wir staunen über die Eleganz der Tiere. In diversen Beobachtungsstationen können wir unter anderen auch Schwärme von Reihern, Stelzenläufern, Möwen oder Seeschwalben beobachten.
Nach einer kurzen Rast geht die Fahrt weiter nach Aigues Mortes – die Stadt Europas mit der besterhaltenen mittelalterlichen Stadtmauer. Mächtige Wehrtürme und Mauern umfassen die Altstadt, die zum Herumschlendern einlädt. Und wären da nicht so viele Touristen unterwegs, man würde das Gefühl haben, dass gleich ein Ritter aus der nächsten Gasse kommt! Der 34 m hoch aufragende Tour de Constance wurde von 1242 bis 1254 erbaut und als Wohn- und Leuchtturm genutzt. Er diente zur Zeit der Hugenottenkriege im 17. Jhdt. als Gefängnis für Frauen. Die berühmteste Gefangene war Marie Durand, die als 15-jährige erst nach 38 Jahren begnadigt wurde.
Unser erster Besuch gilt der kleinen von außen unscheinbaren Kirche Notre-Dame-des-Sablons. Im Inneren verzückt uns die Mischung zwischen Altem und Neuem, die hier sehr gut gelungen ist. Die Kirche besteht aus Stein mit einer niedrigen Holzdecke und enthält fast keine Verzierungen. Im Gegensatz dazu stehen die modernen bunt gestalteten Glasfenster, die sehr viel Licht in den Innenraum lassen. Einzig die Salatschüssel als Weihwasserkessel und die Plastiktischdecke am Altar stören das Ambiente.
Gleich nebenan öffnet sich der Dorfplatz, dessen Mitte ein Standbild von Ludwig dem Heiligen ziert. Aus seinem Sockel ragen beidseitig Kreuzfahrerschiffe heraus.
Wir lassen uns in einem der vielen Cafés nieder und genießen köstliches Eis. Außerdem verschicken wir hier kostenlos einen Teil unserer Internet-Reiseberichte, da wir endlich wieder ein freies W-LAN in Reichweite des Handys anzapfen können (nicht verraten!)
Das war’s für heute mit den Besichtigungen, denn nun steht die lange Fahrtstrecke nach Carcassonne an. Diese tolle mittelalterliche Stadt liegt zwar weit abseits unserer restlichen Route, wurde uns aber sehr empfohlen und daher nehmen wir die zwei Stunden Fahrt auf uns.
Wir erreichen einen Parkplatz auf einer Anhöhe knapp außerhalb der Cité, auf dem wir heute Nacht „wild“ campieren möchten. Während wir den grandiosen Ausblick auf die Wehrmauern bei untergehender Sonne genießen, herrscht leider reges Treiben auf dem Parkplatz. Nachdem das gleiche Auto nun schon zum vierten Mal „vorbeischaut“ und eine dunkle Gestalt unser Auto umkreist, wird uns etwas mulmig und wir beschließen, doch lieber einen Campingplatz aufzusuchen.
Da dieser aber bei unserer Ankunft leider schon seine Pforten geschlossen hat, „campen“ wir auf dem Parkplatz vor der Einfahrt.
hahahahhahahahahahahahaa cool