Unweit von Gordes liegt das Village des Bories, in dem gut erhaltene Steinhütten restauriert und zu einem Museumsdorf zusammen gefasst wurden. Seit 1977 steht das Freilichtmuseum unter Denkmalschutz. Natürlich ist die Anfahrt für Busse und Campervans verboten. Daher müssen wir fast zwei Kilometer zu Fuß zum Eingang latschen – und das in der brütenden Mittagssonne.

Unbehauene Steine wurden ohne Beton so aufeinander geschichtet, dass tonnenförmige, fensterlose Behausungen entstanden. Solche Steinhütten wurden im gesamten Mittelmeerraum seit Jahrtausenden errichtet und befinden sich unter anderem auch in Italien, Spanien und Irland. Jene aus Gordes sind „erst“ aus dem 16. Jahrhundert und wurden bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts von Schafhirten bewohnt. Finster und eng ist es in den kleinen Hütten und manche davon sind mit Gebrauchsgegenständen und Werkzeugen bestückt, die Einblick in die ländliche Kultur und den Alltag längst vergessener Zeiten geben. Beschriftungen erklären die verschiedenen „Bauwerke“  und in gebückter Haltung betreten wir Ställe, Wohn- und Arbeitsräume. Mit ein wenig Phantasie sieht man sogar in den Backöfen das Brot liegen. Eine wirklich interessante Ausstellung.

Der leicht bergab gehende Rückweg ist schneller geschafft und bevor wir uns wieder auf die Straße begeben, plündern wir noch den Kühlschrank.

Auf einer schmalen rumpligen Straße fahren wir weiter zur Abbaye de Sénanque, die nur 4 Kilometer außerhalb von Gordes liegt. Von einer Aussichts-plattform hoch über dem Tal haben wir einen tollen Panorama-ausblick auf das Zisterzienser-kloster und die bekannten vorgelagerten – noch nicht blühenden – Lavendelfelder (berühmtes Fotomotiv).

Das Kloster wurde 1148 von den Mönchen nach fast einem Jahrhundert Bauzeit gegründet und wurde des öfteren auch wieder aufgegeben. So wurde z.B. bis in die 80-iger Jahre des vorigen Jahrhunderts das Kloster als Seminarheim verwendet. Erst seit 1988 wird es wieder von Zistersziensermönchen bewohnt und die jahrhundertealte Tradition wiederbelebt.

Ein Rundgang durch das Kloster ist nur im Rahmen einer Führung möglich, daher beschränken wir uns auf einen Blick in das Innere der romanischen Klosterkirche. Sie wurde 1160 als dreischiffige Basilika errichtet und besticht durch ihre schlichte und formvollendete Architektur. Die schmucklose Ausstattung ist eine Folge des bei der Ordensgründung proklamierten Grundgedankens, dass keine Verzierungen vom Gebet ablenken sollen. Gerade diese Schlichtheit gefällt uns, die sich auch in dem großen Kreuz des Altarraums, über das ein weißer Stoff geworfen wurde, wiederspiegelt.

Gegen die Besinnlichkeit der Abbaye wirkt der Touristen-auflauf in Gordes dagegen richtig hektisch – obwohl an diesem Sonntag nicht wirklich viele Besucherbusse hier Station machen. Auf der Terrasse direkt am Dorfplatzerl genehmigen uns erst einmal einen Café Gourmand (Espresso mit Crème brullée, Kokosbusserl mit Apfel und Nuss, sowie ein Waffelschälchen mit einem Kugerl Vanilleeis).

Unmittelbar gegenüber thront das Château de Gordes, das um 1540 errichtet wurde und seit 1931 unter Denkmalschutz steht. Das Renaissance-Schloss beherbergt ein Kunstmuseum der Malerei und die örtliche Tourist Information. Bei der Innenausstattung sind die zahlreichen offenen Kamine bemerkenswert, wovon der älteste auf das Jahr 1541 datiert wird.

Die kleinen Altstadtgassen laden mit ihren Kunst- und Handwerksläden wieder zum Flanieren ein – und so erliege ich in einem kleinen Geschäft dem Charme einer alten verspielten Jardinière (Blümenregal).

Zum Abschluss machen wir noch einen Abstecher zum teuersten Hotel am Platz, denn auf dessen Parkplatz haben sich acht rote Ferraris angesammelt. Beinahe jeder Tourist bleibt stehen und schießt ein Foto – selbst der Koch des Hotels eilt mit seiner kleinen Kamera herbei, um diese Pracht fest zu halten.

Bevor wir dem pittoresken Dorf au revoir sagen, bleiben wir nochmal auf einem Aussichtsplatzerl stehen und genießen ein letztes Mal den Blick auf das auf einer Anhöhe liegende Häusermeer. Auch Gordes gehört zu den schönsten Dörfern Frankreichs und hat aufgrund ihres reizvollen Erscheinungsbildes diesen Titel wahrlich verdient.

Weiter geht es zum nicht weit entfernten pittoresken „roten Dorf“ – Roussillon. Malerische Gassen und Häuser verleihen dem Ort ein Ambiente, wie es sonst nirgends zu finden ist. Die Fassaden sind in warmen Tönen gestrichen und spiegeln die gesamte Farbpalette der hiesigen Ockerbrüche wider. Sie sind vom Dorf aus in kurzer Zeit zu Fuß erreichbar und wir erleben hier ein grandioses Farbenspiel, das von Licht und Schatten noch verstärkt wird – noch viel beeindruckender, als das gestrige in Rustrel!

Pittoresk ragen die roten „Schornsteine“ in den Himmel und das Farbenspektrum streckt sich von grellem Safrangelb bis hin zu sattem Weinrot und Zinnober. Das grandiose Schauspiel der Farben nimmt uns total gefangen und wir sind wie verzaubert. Es scheint, als würde der azurblaue Himmel mit den smaragdgrünen Pinien um die Wette zu leuchten.

Ein ausgetretener Rundweg führt durch den stillgelegten Bruch, aufgelockert durch vereinzelte Informationstafeln. Mehr als eine Stunde spazieren wir durch die Brüche, immer wieder überrascht von bizarren Felsformationen und Farben.

Schweren Herzens reißen wir uns los und statten dem Dorf noch einen Besuch ab. Der eigentliche Ortskern ist nicht besonders groß und es herrscht hier reges Treiben. Künstlerateliers und kleine Lädchen säumen die Gassen und laden zum Flanieren ein. Wir betreten ein paar Antiquitätenläden und erstehen einige Dinge für unsere Terrasse zu Hause.

Gerne wären wir noch ein wenig hier geblieben, aber der Hunger ist mittlerweile groß geworden und leider essen die Franzosen erst so spät zu Abend.

Wir checken beim nahe gelegenen Campingplatz ein, mit Blick auf die färbige Umgebung. Wir machen es uns gemütlich und verdauen die vielen, schönen Eindrücke des Tages.

Ein Kommentar zu „17.05.09 – Gordes, Abbaye de Senanque, Roussillon

  • 15. Februar 2010 um 15:07 Uhr
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    Besonders Roussillon ist wirklich faszinierend, ich war schon zweimal dort. Was ich auch empfehlen kann ist, zumindest wenn es nicht zu warm ist, mal eine Wanderung z.B. zwischen Gordes und Sénanque.

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