Heute soll es ein gemütlicher Tag werden und daher fahren wir mit dem Fahrrad erst nach 10:00 Uhr nach Bozen. Es ist wieder herrliches Wetter, wir sind gut drauf und uns gefällt es hier einfach! Die Südtiroler Hauptstadt ist heute belebter als am Samstag und es wuselt nur so von Menschen. Es herrscht eine so harmonische Stimmung, dass wir uns von diesem Sog mitreißen lassen. Gemütlich schlendern wir durch die autofreien Straßen und Gassen und schmökern ein wenig in den Geschäften. Und heute erliegen wir dem Einkaufsrausch, denn kaum zwei Gassen gegangen, zücken wir bereits unsere goldene Card.
Wieder erregen auch die herrlichen, alten Fassaden unsere Aufmerksamkeit. Leider ist das Licht nicht sehr gut zum Fotografieren….
Als sich Hungergefühl meldet, fallen wir in das erstbeste Gasthaus ein – mit dem wohlklingenden Namen „zum weißen Rößl“. Auf den ersten Blick ein sehr uriges Lokal, aber auf den zweiten Blick o la,la! Durch die Gaststube durch, im hinteren Teil des Lokals, gibt es einen Garten – etwas karg, aber geschützt von der Sonne. Wir bestellen wieder einheimische Kost und werden echt überrascht – riesige Essensladungen und voll lecker!
Wie wir feststellen, dürften wir hier zufällig auf ein In-Lokal gestoßen sein, denn es strömen Menschenmassen herein, vom Einheimischen, über den Arbeiter in der Kluft, bis zu uns Touristen. Und ein Wahnsinn, wie das Personal aufeinander abgestimmt ist. Obwohl innerhalb von Minuten die Hütte bis auf den letzten Platz voll wird, haben die Mädels und Burschen alles im Griff. Das tut meinem Gastronomieherz richtig wohl. Kaum haben wir unser Essen bestellt, wird es auch schon gebracht.
Wir verdrücken also das schmackhafte Mittagsmahl. Um die Kalorien wieder ein wenig abzubauen, spazieren wir danach die „Lauben“ auf und ab und gehen wieder shoppen. Uns fällt auf, dass die alten eingesessen Geschäfte Mittagspause machen und zugesperrt haben.
Wir bummeln weiter und am Waltherplatz angelangt, machen wir es uns hier auf einem Bankerl bequem und gehen niiiiiicht mehr weg! Bei jedem Glockenschlag des Doms schaun wir uns an und jedes Mal sagt einer von uns „noch 5 Minuten“.
Mehr als eine dreiviertel Stunde später widmen wir dann doch noch dem Dom unsere Aufmerksamkeit. Das Innere erscheint anfänglich etwas düster, aber bei genauerem Betrachten sehr natürlich und elegant. Eine Kirche, die wirklich Ruhe vermittelt und nicht durch irgendeinen Schnick-Schnack, wie rosa Engerl, aufgemotzt ist.
Hier dominiert einfach nur der Stein; eine tolle, gotische Kanzel und Steinfiguren. An der Ostfassade befinden sich noch Teile alter Fresken, die dem Kirchenraum ein wenig Farbe verleihen. Es gibt hier nämlich auch keine bunten Glasfenster. Bevor wir den Platz der Besinnung verlassen, entzünden wir noch ein Kerzerl entsprechend den Gedanken, die wir auf einer Tafel daneben lesen:
Herr, diese Kerze soll ein Licht sein, durch das du mich erleuchtest in meinen Schwierigkeiten und meinen Entscheidungen. Es soll ein Feuer sein, durch das du meinen Stolz, meinen Egoismus und alle Unreinheit verbrennst, durch das du mein Herz erwärmst und mich lieben lehrst. Herr, ich kann nicht länger in deiner Kirche weilen. Mit dem Brennen lassen dieses Lichtes soll ein Stück von mir selbst hier bleiben, das ich dir schenken möchte. Hilf mir, mein Gebet im Tun und in der Arbeit dieses Tages fortzusetzen.
Nur einige Schritte weiter auf dem Waltherplatz zieht uns das Domino-Café wieder zu sich, um dort – wie schon am Samstag – wieder einen köstlichen Eiskaffee zu genießen.
Wir verstauen unsere Einkäufe in den Rucksäcken, im Radkoffer und am Gepäckträger und dann geht es schwer bepackt ab zum Campingplatz. Dort machen wir es uns noch im Freien bequem und trinken Wasser, Schnaps, Wein, Espresso – die Reihenfolge mit Vorbehalt.
Um 20:00 Uhr sehen wir uns noch den Film „Geheimnisvolles Südtirol“ an, der in einem gemütlichen Stüberl des Campingplatzes angeboten wird. Es wird über das Schicksal der Südtiroler zu Zeiten Hitlers erzählt und es steigt so viele Jahre danach in uns noch Mitgefühl auf. Kaum vorstellbar, wenn wir von heute auf morgen das Nötigste packen und ins Ungewisse weg gehen müssten.