Die Regenschauer, die in der Nacht niedergegangen sind, halten auch am Vormittag an. Daher machen wir das, was man in einem Campervan so macht, wenn es regnet: wir lesen und kugeln herum.
Zu Mittag kochen wir uns noch Essen und dann gehen wir los. Der Regen hat seine Tätigkeit mittlerweile eingestellt und kalt ist es ja ohnehin nicht.
Das Zentrum erreichen wir schnell und die Talstation für die Seilbahn auf den Küchelberg finden wir auch auf Anhieb. Mit einsitzigen Sessellifts schweben wir behäbig und leise über die Weinberge hinweg. Von einzelnen Feigenbäumen grinsen die blauen Früchte – sie sind zum Greifen nahe, aber es geht sich grad nicht aus. Ist auch besser so, denn nur nicht zu viel hinunter schaun, dann geht´s!
Von der Bergstation geht es direttissima etwa eine halbe Stunde aufwärts und wir erreichen Dorf Tirol. Das bekannte, gut besuchte, unbedingt sehenswerte Bergdorf. Wir haben viel erwartet, aber wirklich nicht das! Hier reiht sich ein Hotel an das andere; daneben ein Restaurant oder ein Café. Nicht zu vergessen die Gschäftln mit dem touristischen Ramsch. Das ist schlimmer, als die Polizei erlaubt. Das einzige, was hier sehenswert gewesen wäre, ist Schloss Tirol, das aber leider heute geschlossen ist. Als Trost lassen wir uns im Dorf Café nieder und gönnen uns Kaffee und Kuchen. Wolfgang bestellt für sich eine Topfentorte, die wir zuvor aus der Vitrine ausgesucht haben. Darauf sagt die Kellnerin, dass sie keine habe. Was habt ihr denn sonst? Erdbeerroulade, Apfelstrudel, Käse-Sahne-Torte, Tiramisu,… Wir können uns kaum halten vor Lachen. Na, dann halt eine Käse-Sahne-Torte.
Um uns unseren Hochzeitstag nicht zu vermiesen, kehren wir dem Dorf schnell den Rücken und machen uns auf den Rückweg nach Meran. Schon etwas müde von den Anstrengungen und dem Schlecht-Schlafen, machen wir es auf die gemütlichere Art und spazieren nach Meran hinunter. Beginnend auf dem „Weinweg“, durch die mit den reifen Trauben behangenen Weingärten, mündet der Weg später in den Gnaidweg. Die Trauben grinsen uns frech an und rufen „koste mich“. Das tun wir dann auch. Die Öchsle-Grade passen schon, das wird ein guter Wein! Der Weg hinunter ist gesäumt von Feigen-, Rosskastanien- und Walnussbäumen und wir haben von einigen Stellen eine tolle Sicht auf Schloss Tirol, die daneben liegende Brunnenburg und ganz weit entfernt die Almen.
Schließlich mündet der Pfad in den berühmten Tappeinerweg. Der Weg ist nach dem damaligen Kurarzt Dr. Franz Tappeiner benannt, der die Meraner Kureinrichtung gründete. Finanziert wurden die notwendigen Investitionen für den Kurbetrieb aus Tappeiners Stiftungen. Zum 50-jährigen Promotionsjubiläum (1893) stellte er fast 30.000 Gulden zur Verfügung, die für die später nach ihm benannte Promenade oberhalb Merans verwendet wurden.
Kaum losgegangen, kehren wir auch schon beim ersten Restaurant ein und genießen frisch gepressten mosto d´uva, den roten Traubenmost – lecker! Danach geht´s aber ohne größere Unterbrechung, vorbei an Bacherl, Brunnen und vielen, vielen Sonnenbankerl, hinunter nach Meran. Auf beiden Seiten wachsen Bäume, Büsche oder Blumen, die liebevoll gepflegt – einiges ist sogar beschriftet.
Als wir das Ende des Tappeinerweges erreichen, kochen unsere Füße und in den Oberschenkeln zieht es. Daher machen wir nur kurz Halt in einer Bäckerei und gehen dann zum Campingplatz.