Nach mehrmaligem Umräumen des Autos schaffen wir es doch, dass wir gegen 09:30 Uhr abfahren können. Eine halbe Stunde später nehmen wir bei Bellinzona die autostrada – wir fordern unser Glück wieder heraus, denn eine Vignette haben wir immer noch nicht!

Bei Biasca verlassen wir sie aber wieder und fahren über den Passo del Lucomagno. Es hat 27°, die Sonne scheint und wir sind gut drauf. Es ist hier so was von romantisch, wie die Dörfer in den Talkesseln liegen, umgeben von teilweise schneebedeckten Bergen und umrandet von wunderschönen Blumenwiesen. Auf dem Pass (1.914m) befinden sich ein Gasthof, eine große Marienstatue und eine Kapelle. Er bildet den niedrigsten Straßenübergang zwischen den Kantonen Tessin und Graubünden und wies schon im Mittelalter einen lebhaften Verkehr auf.

Nach einem kurzen Halt, damit wir uns eine wenig die Füße „vertreten“ können, geht die Reise weiter. Die Bergvegetation bietet uns eine wahre Pracht an Blumen: Bergprimeln, Vergissmeinnicht, Frauenschuh und als Höhepunkt sehen wir auch ganze Felder von prächtigen Enzianen. Wir können die Fahrt richtig genießen, denn es herrscht wenig Verkehr. Hin und wieder verirrt sich eine Kuh auf die Straße.

Dann sehen wir ihn; den Alm-Öhi von der Heidi. Er sitzt vor der Alm und raucht seine Pfeife und der graue Rauschebart verdeckt seinen Mund.

Bei Disentis / Muster biegen wir Richtung Andermatt ab. Die Landschaft hier ist nicht minder schön, denn weiße Margariten, gelber Hahnenfuß und lila Knopfblumen färben hier die Wiesen bunt.

Nicht weit vom Oberalppass fahren wir an Selva vorbei. Der gesamte Ort ist integriert in einen Golfplatz. Das sieht aus der Entfernung recht lustig aus. Witzig finden wir auch die Matterhorn-Gotthard-Bahn, die pfeifend wie eine Modelleisenbahn, ständig neben uns oder an einigen Stellen sogar über uns fährt. Dann hält der Winter wieder Einzug, denn am Oberalppass (2.046 m) reichen die Schneefelder noch bis an die Straße. An einigen Stellen sieht man noch die Spuren der letzten Schifahrer im Schnee.

Es hat nur mehr 12° und der Himmel ist grau bewölkt. Dennoch verbringen wir hier unsere Mittagspause.

Wenige Kilometer weiter verändert sich die Landschaft wieder. Bunte Blumenwiesen kommen wieder zum Vorschein und auch das Wetter wird wieder freundlicher.

Bei Andermatt zocken wir wieder und fahren auf die Autobahn. Es geht zügig voran und wir lassen erst denVierwaldstättersee und danach auch Luzern hinter uns. Kurz vor Zürich ist die Autobahn dann zu Ende und wir müssen uns im Stau durch die Stadt quälen. Diese riesige Stadt besitzt keine Umfahrung und im Nu haben wir uns auch schon verfahren. Nach ein paar Runden finden wir uns auf der Autobahn Richtung Winterthur wieder. Wir wollten zwar etwas anders fahren, aber macht nichts, kommen wir schneller vorwärts.

Bald erreichen wir Neuhausen, vier Kilometer von Schaffhausen entfernt. Wir bleiben auf dem rechten Ufer und gelangen durch das Schloss Laufen zum Rheinfall. Durch den Schlosspark gelangt man zu den verschiedenen Aussichtspunkten. Am untersten ragt ein Metallgerüst bis fast in den Sturz der Wogen. Das ist der mächtigste Wasserfall in Mitteleuropa.

  • Breite des Falles: 150 Meter
  • Höhe des Falles: 23 Meter
  • Tiefe des Beckens: 13 Meter
  • Alter des Falles: 14.000 – 17.000 Jahre
  • Durchschnitt. Sommerabflussmenge: 600 m³/s
  • Durchschnitt. Winterabflussmenge: 250 m³/s
  • Minimalste Abflussmenge: 1921 – 95 m³
  • Maximalste Abflussmenge: 1965 – 1.250 m³
  • Momentane Abflussmenge: 562 m³

Ein Wahnsinn, was uns da für ein Spektakel geboten wird. Es sieht aus, als würden Unmengen Liter Milch auf uns zudonnern. Wie kleine Kinder vor dem Weihnachtsbaum stehen wir da und bestaunen das Naturschauspiel. Der kräftige Wind peitscht uns die Gischt ins Gesicht, sodass wir am Ende ganz ordentlich nass sind. Bei Schaffhausen fahren wir Richtung Stein am Rhein und weiter entlang des Untersees (mündet bei Konstanz in den Bodensee). Wir genießen die Fahrt entlang des Sees. Denn die Landschaft und die kleinen Orte verzaubern uns gänzlich. Weite Getreide- und Kartoffelfelder wechseln sich ab mit Obstplantagen. Ein Ort ist schöner als der andere.

Besonders beeindruckt haben uns Steckborn und Ermatingen mit ihren wunderschönen Fachwerkhäusern. Einige davon haben zudem noch prächtige Malereien an den Außenfassaden. Über die bunt bemalten Holzzäune hängen gewaltige Rosenbüsche und viele andere Arten von Blumen. Ein wahrlich pittoreskes Bild.

Bei Kreuzlingen, die Schwesterstadt von Konstanz, überqueren wir die Grenze nach Deutschland.

Mittlerweile ist es fast 19:00 Uhr geworden und deshalb checken wir in Litzelstetten in einem kleinen, aber netten Campingplatz ein. Er ist eingesäumt von riesigen Birken und Trauerweiden. Wir sind die einzigen Touristen, die im Zelt übernachten und haben eine große Wiese für uns allein. Nach dem Zeltaufbau sitzen wir gemütlich beim Essen. Einen Teil des Salates müssen wir an die drei Enten abgeben, die uns dauernd anbetteln. Das deutsche Bier, das wir uns hier kaufen, schmeckt nicht sonderlich gut. Macht nichts, der Rest kommt der Wiese zugute.

Die Abendsonne ist noch so halbwegs warm und außer dem Vogelgezwitscher gibt es keinen Lärm. Das Schauspiel der zwei balzenden Vögel, die unter unseren Sesseln durchhüpfen, ersetzt uns den Fernseher. Wir können dann noch einige Seiten lesen, bis das natürliche Licht nicht mehr ausreicht. Na dann – gute Nacht!

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