An einem traumhaften Tag werden wir heute um 08:30 Uhr abgeholt, weil wie Milena sagt, die Fahrtstrecke ins Landesinnere sehr weit ist. Um uns bei Laune zu halten, erzählt sie uns unter anderem die interessante Geschichte und Infos zum Johannisbrotbaum. Er ist sehr anspruchslos, gedeiht auf lehmigen, sandigen, kalk- oder salzhaltigen Böden und benötigt wenig Wasser trotz Hitze und Trockenheit. Die Bäume stehen unter Schutz und wachsen überall an der Küste quer durchs Land. Der immergrüne Baum erreicht Höhen bis zu zwanzig Meter, blüht und produziert Früchte zum ersten Mal nach etwa sechs Jahren zwischen September bis November. Im darauffolgenden August sind dann die Schoten reif für die Ernte, sobald sie braun und trocken sind. Aus dem Fruchtfleisch wird durch Erhitzen Sirup gewonnen und die Kerne werden zu Mehl verarbeitet, das für die Herstellung von Brot, als Kaffee oder Kakao verwendet wird. Der dickflüssige Sirup ist leicht bitter, schmeckt wie Ahornsirup und ist aufgrund seiner Inhaltsstoffe wie Vitamine oder Eisen ein Wundermittel für vieles. So soll er die Verdauung unterstützen, bei Erkältungen helfen und den Cholesterinspiegel senken. Melina erzählt uns auch, dass jeder einzelne Kern genau 0,2 Gramm wiegt und deshalb früher als Gewichte zum Wiegen verwendet wurden. Das Fruchtmark des Johannisbrotbaumes nennt man auch Carob und das ins Griechische übersetzt ergibt „Keráton“, im Arabischen „Charrub“ und daraus hat sich das Wort Karat entwickelt. Der Name Johannisbrotbaum ist davon gekommen, dass sich Johannes der Täufer sich von dessen Früchten ernährt hat. Skurrile Infos hat Milena dann auch noch, „denn seit der Antike waren die Früchte des Baumes wichtigste Exportartikel, denn man hat daraus die Bänder für die Tonbandkassetten oder auch Babybrei gemacht. Es war somit seinerzeit das schwarze Gold Zyperns, heute wird noch viel nach Japan exportiert“.
Während wir gespannt den Erzählungen von Milena lauschen, sind wir inzwischen mitten im TROODOS GEBIRGE im Herzen von Zypern angekommen. Das Bergland ist vulkanischen Ursprungs und hier hat sich eine vielfältige Landschaft ausgebreitet mit 127 endemischen Arten an Bäumen. Aber auch verschiedenste Kiefernarten, Eichen, Zedern, Platanen und Pinien sind hier zu finden. Letztere werden für die Herstellung von Fässern verwendet und das sind die teuersten, worin auch die teuerste Flüssigkeit produziert wird, nämlich der Champagner Moet Brut. Auf den Ausläufern des Troodos Gebirges wird Obst kultiviert, unter anderen Kirschen, Pfirsiche oder Birnen, Mandeln und Weinstöcke.
Auf der Fahrt begegnen uns immer wieder kleine Bergdörfer, die inmitten der üppigen, grünen Vegetation auf den Hängen kleben. Milena sagt, „dass es Dörfer gibt mit einem Einwohner oder mit fünf Einwohnern oder mit 20 Einwohnern, hier ist jeder sein eigener Chef oder Direktor – 70% der Bevölkerung lebt aber in den großen Städten“. Im Dorf Troodos machen wir kurz Halt für eine Kaffeepause, einem Besuch in der Waldkapelle und uns ein wenig die Füße vertreten zu können. Es hat 7 Grad und wir haben Gott sei Dank mehrere Jacken übereinander angezogen, aber so manch anderem fröstelt sichtlich. Außer Cafés, Sportgeschäften und einem Spielplatz können wir hier sonst nichts anderes entdecken. Zu dieser frühen Jahreszeit herrscht noch Ruhe und Beschaulichkeit.
Dann setzen wir die Fahrt fort und Milena beginnt auch wieder zu erzählen. „Die höchste Erhebung des Troodos Gebirges ist der Berg Olympos mit 1.951 m und hier wachsen nicht nur Schwarzkiefern, sondern hier befindet sich auch das Schigebiet Prodromos mit vier Pisten, wo auch die Schüler der Schischule von Innsbruck trainieren. Stolze fünfhundert Meter ist die längste davon und es wird hier sogar ein einziges FIS – Rennen ausgetragen! Obwohl wir noch Anfang März haben, sind nur noch einige Schneefelder zu erblicken. Eigentlich sollte es um diese Jahreszeit viel regnen, denn es ist noch Winter, aber heuer ist das Wetter verrückt und viel zu warm. Normalerweise kommen hier ergiebige Regengüsse herunter und das Wasser wird in 21 Stauseen rund um das Troodos Gebirge gesammelt. Der größte der Stauseen war erst zweimal voll, seit er gebaut wurde. Der Osten der Insel bezieht das Wasser aus dem Stausee und Limassol holt es sich das aus dem Troodos Gebirge. Aber dieses Jahr ist es sehr schlimm, weil es sehr trocken ist und es herrscht schon 46 % Wasserknappheit. Daher hat jedes Haus einen Wasserbehälter, ein sogenanntes Solarsystem auf dem Dach, um die vielen Sonnenstrahlen zu nutzen. Die Behälter sind innen mit Kupfer beschichtet und erwärmen das Wasser, sodass zumindest am Strom gespart werden kann“.
Wir fahren mittlerweile den Berg in Serpentinen wieder bergab, der Nebel hängt stellenweise tief herunter und wir betrachten die Landschaft während der Fahrt. Auffallend sind die vielen Schilder für die unzähligen Wanderwege, wir haben eh gelesen, dass es hier viele Wasserfälle, Römerbrücken und historische Kirchen und Klöster gibt. Und in der üppigen Vegetation fühlen sich auch freilebende zypriotische Mufflons wohl, die es hier noch gibt. Sie waren schon mal vom Aussterben bedroht, daher wurde ein geschützter Bereich geschaffen und heute leben hier etwa dreitausend Tiere.
Langsam nähern wir uns dem Highlight des Tages und Milena hat dafür noch eine hübsche Legende auf Lager. „Es herrscht im 11. Jahrhundert eine große Dürre im Land und der Einsiedlermönch Isaias sitzt unter einem Purpurbaum und betet, dass Regen kommt. Da kommen zwei verirrte Wanderer vorbei und fragen nach dem Weg. Isaias will sich aber beim Gebet nicht unterbrechen lassen und gibt keine Antwort. Daraufhin gibt einer der Männer Isaias einen Fußtritt und sie setzen den Weg fort. Sie finden schließlich den richtigen Pfad und am Abend schläft einer der Männer schlecht. Die Mutter Gottes erscheint ihm und erzählt, dass es ein Fehler gewesen ist, was er heute gemacht hat. Er kehrt zu Isaias zurück und bittet ihn um Verzeihung. Daraufhin gibt ihm dieser einen Auftrag: du hast Beziehungen zum Kaiser in Byzanz, den musst du um die Ikone der Mutter Gottes bitten und diese nach Zypern bringen. Nur sie hat die Wunderkraft Regen zu bringen. Gesagt, getan, der Kaiser ist nicht erfreut über den Plan, ändert aber seine Meinung, als seine Tochter schwer krank wird. Außerdem lässt er eine Kirche errichten, wenn seine Tochter wieder gesundet. Die Ikone wird auf einer Prozession nach Zypern getragen und da geschah ein Wunder. Alle Cocobäume verneigen sich, als die Ikone vorbeigetragen wird. Der Kaiser hält sein Versprechen und das Kloster wird erbaut und nach den Cocobäumen Kykkos benannt. Aufgrund der Ikone wird das Kloster immer berühmter, bekommt eine Gabe nach der anderen und wird immer reicher. Heute strömen tagtäglich viele Pilger und Touristen hierher.“
Milena ist mit ihrer Erzählung zu Ende und zeitgleich erreichen wir das berühmte KYKKOS KLOSTER. Gegründet im 11. Jhdt. stammt das heutige Kloster aufgrund von mehreren Bränden und Erdbeben aus dem 19. / 20. Jhdt. und schon beim ersten Anblick ist zu erkennen, dass es nur so von Prunk und Reichtum strotzt. Auf dem Eingangsportal schmücken Mosaikbilder die Fassade und die Heiligen sind eingerahmt mit goldenen Hintergründen. Ehrfürchtig treten wir ein und schon im Eingangsportal zeigt ein imposantes Bild den Evangelisten Lukas, sitzend vor einer Staffelei, wie er die Muttergottes auf ein Holzbrett malt. Die echte Ikone ist beschlagen mit Gold und Silber, eingefasst mit einem wertvollen Rahmen und für den Besucher nicht zu besichtigen.
Milena begleitet uns in den Innenhof, wo auch die Wände der Arkaden mit beeindruckenden Fresken überzogen sind. Die dürfen wir später in aller Ruhe bestaunen. Sie möchte aber zuerst mit uns gemeinsam in die Klosterkirche gehen und uns dazu einiges erzählen. Vor dem Eingang ziert ein wunderschönes Mosaik die Wand, die die Muttergottes zeigt. Die Sonne lässt die kleinen goldenen Steinchen des Hintergrunds schön erstrahlen und sie setzen einen Kontrast zum blauen Mantel. Milena macht uns darauf aufmerksam, „dass Maria auf dem Bild das Jesusking auf der linken Seite hält, denn Lukas hat das Bild von der Spiegelung im See abgemalt“. Gemeinsam betreten wir die Klosterkirche und sind schon beim ersten Anblick vom vielen Gold überwältigt. Der Duft des Weihrauchs füllt den Raum und wir werden sehr ehrfürchtig. Im Inneren der Kirche ist das Fotografieren leider verboten, da passen die Mönche akribisch auf. 24 karätiges Plattgold überzieht den Altar und dem Besucher wird der Reichtum vor Augen geführt. Die wertvollen Ikonen sind alle bedeckt. Milena erzählt uns, „dass den Menschen gesagt wurde, sie können alle Reichtümer, die sie besitzen hierherbringen und wenn das Land wieder befreit ist, bekommen sie alles zurück. Nichts wurde versteuert, was hierhergebracht wurde und nichts wurde je wieder zurückgegeben. Kykkos ist vom Erzbischof unabhängig und hortet seine Reichtümer, die aus aller Herren Länder stammen“. Imposant ist der Leuchter, der mit einer dicken goldenen Schicht überzogen ist, ein Geschenk von der letzten Familie der Zaren. Milena erklärt uns noch die Bewandtnis, was es mit dem Küssen der Ikonen auf sich hat. „In der orthodoxen Kirche küsst man die Ikonen, das besagt, dass man die Heiligen verehrt und man sich bedankt, dass die Gebete erhört wurden. Die Ikone ist die Brücke zwischen dem Gläubigen und dem Himmel. Man soll nicht mit dem Rücken davorstehen, denn das ist respektlos. Es gibt hier 82 Ikonen, das ist der größte Bestand auf der Insel und stammt größtenteils aus dem 18. Jhdt“. Eine Reiseteilnehmerin wollte eine Kerze entzünden, da kommt sofort ein junger Novize auf sie zugeschossen und erklärt ihr, dass sie das nicht allein machen dürfe. Bezahlen darf sie, aber verwendet wird dafür eine vorhandene Kerze, die von ihm entzündet wird. Wahrscheinlich brennt diese dann nur solange der Gönner anwesend ist und wird danach wieder gelöscht für die nächsten Besucher.
Jetzt entlässt uns Milena für eine halbe Stunde und wir rücken aus, um die restliche Klosteranlage auf eigene Faust zu entdecken. Man würde Tage brauchen, um alles zu sehen, denn die aufwendigen Mosaike und Fresken zeigen bis ins kleinste Detail Szenen und historische und christliche Geschichten. Um so viel als möglich festhalten zu können, machen wir nur noch Fotos, die wir zuhause dann genauer betrachten können. Meine Lieblingsbilder sind heute schon der Sämann und der brennende Dornbusch. Für das Museum, das seit 1997 unschätzbar wertvolle christliche Ausstellungsstücke und Reliquien zeigt, haben wir keine Zeit mehr, weil Milena zum Aufbruch ruft.
Aufgrund der kleinen Gruppe sind alle schnell wieder im Bus versammelt und Tasos fährt uns nach PEDOULAS, wo er uns in der Straße Michali Stivarou 4, vor dem Restaurant Stavros auslädt. Hier dürfen wir uns vom Buffet bedienen, wo authentische, zypriotische Gerichte angerichtet sind. Hummus, Salate mit Granatapfelkerne und Walnüssen, gegarte Kartoffel und Gemüse, Tomatenreis, Okra Schoten, Fisch, Hendl und Ziegenfleisch, es ist für jeden etwas dabei. Das Ziegenfleisch wird traditionell für 8 – 10 Stunden in einem Tongefäß im Backofen langsam gegart, das Gericht heißt Kleftiko und ist eine zypriotische Delikatesse. Wolfgang ist begeistert davon, ich hab es probiert, aber Ziege ist nicht mein Fall.
Während der Rest der Gruppe noch gemütlich beisammen sitzt, spaziere ich los, den Fidkias-Hügel hinauf, denn am Gipfel befindet sich die Heilige-Kreuz-Kapelle. Schon von Weitem haben wir das 25 m hohe, weiße Kreuz gesehen und jetzt steh darunter und komme mir wie eine Ameise vor. Die Mauern des tonnengewölbten Gebäudes sind weiß getüncht und würden einen Neuanstrich dringend benötigen. Die Kirche wurde 1986 erbaut und zieht jährlich am 14. September viele Pilger an, die hier das Fest zu Ehren des Heiligen Kreuzes feiern. Das ist im Christentum ein wichtiges dreitägiges, religiöses Ereignis, wo um die Gnade gebetet wird. So schlicht das Gebäude außen auch aussieht, bin ich im Inneren überwältigt von der Farbenpracht der modernen Fresken. Kein Zentimeter wurde ausgelassen und so wandert mein Blick von einer Seite zur anderen, über die Rundung auf der Decke wieder hinunter bis zu den schönen, geschnitzten Stühlen. Das Sonnenlicht strahlt durch die bunten Fenster und sättigt die Farben der Fresken und die typischen dreidimensionalen Ikonen aus Metall. Ich verlasse die Kapelle wieder durch das imposante Tor, das mit einer Metallfläche mit Blumenmuster überzogen ist. Noch ein kurzer Blick auf das Troodos Gebirge, wo einzelne Häuserdächer des Dorfes herausragen, das auf 1.100 m liegt und dann trete ich den Rückweg an. Am Rand des Weges fotografiere ich noch schnell einige Blüten des Portugiesischen Tragants, dessen weißen Blüten stolz emporragen.
Vor dem Restaurant wartet schon ein Teil der Reisegruppe und bis alle versammelt sind und wir abfahren können, erkunden wir noch die nähere Umgebung. Da entdecken wir neben der hübschen rosa blühenden Zypriotischen Gänsekresse noch elegante Blüten des Knabenkrauts. Milena hat uns auf der Fahrt hierher schon erzählt, dass in dieser Gegend wilde Orchideen wachsen. Neben gelbem Ginster stehen auch schon die ersten Kirschenbäume in Blüte, die einen hübschen Kontrast zum vielen Grün der Kiefern und anderen Nadelbäumen setzen. Die kühle Bergluft ist angenehm und das Zwitschern der Vögel zaubert eine märchenhafte Stimmung.
So, es ist 13:45 Uhr, wir sitzen wieder im Bus und Milena beginnt wieder zu erzählen. „Die Menschen, die hier lebten, waren Bauern und brauchten viele Lederwaren. Hier in der Gegend wächst der Essigbaum und die Flüssigkeit des Baumes wurde für die Verarbeitung des Leders verwendet oder es schwarz zu färben. Es entstanden erste Gerbereien und von da her hat das Dorf, durch das wir gerade fahren, seinen Namen, denn Pedila bedeutet Schuhe“. Neben den zahlreichen Essigbäumen gedeihen in diesem Tal auch 40.000 Zedern bestens und Milena gibt uns ein wenig Botanik-Unterricht. Die ausladenden Äste sind ein typisches Zeichen dieser Bäume und hier wachsen unter anderem die Libanon-Zeder und eine andere endemische Sorte. Auch die Goldeichen sind nur hier endemisch, die Blätter leuchten golden, wenn sie sich im Wind bewegen. Mitten im bewaldeten Dickicht entdeckt Milena plötzlich das Hotel Berengaria, das nach der Eröffnung 1931 ein luxuriöses Hotel gewesen ist. Hier verbrachte der Faruq, der letzte König von Ägypten jedes Jahr seinen Sommerurlaub. Im Hotel gab es ein eigenes Casino und es kamen viele berühmte Schauspieler und aristokratische Familien hierher. Seit mehr als hundert Jahren ist es aber verlassen und vergammelt langsam vor sich hin. Erst vor kurzem wurde es von einem Investor gekauft und soll für 150 Millionen aus dem Dornröschenschlaf aufgeweckt, restauriert und in ein prunkvolles Boutique-Hotel umgewandelt werden. „Im Sommer ist es hier im Troodos Gebirge nicht so heiß und feucht wie in den Städten und an der Küste und viele Menschen flüchten hierher. Die anderen verbringen die meiste Zeit im Meer, um die Hitze auszuhalten“. Milena erzählt von einem Dorf, wo zu den 50 Einwohner übers Jahr im Sommer 2.000 dazukommen.
Wir nähern uns OMODOS, eines der berühmtesten Weindörfer Zyperns im Süden des Troodos Gebirges. Das Dorf liegt auf 810 m und ist aufgrund des Wein- und Obstanbaus sehr touristisch geworden. Es gibt auf Zypern drei große Weinanbaugebiete und im Laufe der Jahrhunderte gab es ca. 200 Sorten Weintrauben, wobei nur 10 – 15 endemisch sind. Die bekannteste davon ist die säuerliche Sorte Xynisteri, eine Weißweintraube und eine der beliebtesten Sorten der Zyprioten. Außerdem wird sie mit vielen anderen Sorten, wie Chardonnay oder Sauvignon Blanc vermischt. Bevor wir ins Dorf fahren, kehren wir noch kurz beim Weinbauern Ktima Gerolemo ein. Die Besitzer, zwei Brüder haben die Kunst der Herstellung von Wein geerbt. Einer ist Professor, der andere Apotheker, aber das, was sie mit Leidenschaft machen, ist das Weinpressen von jährlich 200.000 Flaschen Wein. Dabei wird Wert daraufgelegt, dass die lokalen Sorten gefördert werden und Produkte von bester Qualität hergestellt wird. Dafür ernten sie jedes Jahr Auszeichnungen für die verschiedenen Weinsorten. Das Gebäude des Weinguts ist mit Steinen verkleidet und fügt sich so schön in die Umgebung ein. Wir durchqueren das Gittertor und sind schon fasziniert von den mächtigen, glänzenden Metalltanks, die sich entlang der Mauer reihen. Beim Eintreten in den Verkostungsraum wird Milena überschwänglich von einem der Brüder empfangen. Für die Weinkost stehen auf dem Tresen schon die Flaschen bereit. Im Nu haben wir die Gläser in der Hand und los geht´s. Umwerfend köstlich finden wir beide den Maratheftiko Roséwein, der eine wunderschöne Farbe und ein fruchtiges Bouquet aus Zitrusfrüchten hat. Natürlich sind wir alle gespannt auf den Dessertwein, der acht Jahre reift und wir werden nicht enttäuscht. Zum Schluss gibt es noch den Zivania zu verkosten, das ist ein Tresterschnaps mit 43 % und ähnelt ein wenig dem Raki. Er hat eine schöne goldene Farbe, die er von den Eichenfässern bekommt, in denen er mindestens sechs Monate reifen muss. Vom Dessertwein und dem Roséwein nehmen wir je eine Flasche mit und aus dem Shop wandern auch noch zwei Dosen Olivenöl als Mitbringsel in unseren Rucksack. Dann verlassen wir den Raum und machen Platz für eine zweite Gruppe, die gerade einfällt.
Sobald Milena alle Schäfchen beisammenhaben, rollen wir mit dem Bus weiter den Berg hinunter und erreichen in wenigen Minuten das Dorf Omodos. Tasos lädt uns am Ende der Oktovriou Straße aus, Milena stapft uns voraus und wir wie Entenküken hinterher. Weit kommen wir nicht, denn in der George´s Bakery trifft sie auf eine Verkäuferin und dann geht das Geschnatter schon los. Sie zeigen uns Produkte aus Johannisbrotkernmehl und natürlich den dickflüssigen, schwarzen Sirup aus der Schote des Johannisbrotbaums. Milena sagt, wir können später alles probieren, sie möchte uns aber zuerst zum Kloster des Timiou Stavrou bringen, weil das in Kürze die Pforten schließt. Dafür spazieren wir ans Ende der Gasse und biegen dann rechterhand in den Timios Stavros Square. Am Ende des länglichen Platzes liegt die Klosterkirche des Heiligen Kreuzes und Milena erzählt uns kurz noch die geschichtlichen Hintergründe dazu. Im Jahr 210 n. Chr. befand sich hier ein Tempel und im 19. Jhdt. entstand dann die Klosterkirche. Bekannt wurde sie, als die Kaisermutter, die Heilige Helena ein Stück des Seils hierließ, mit dem Jesus vor der Kreuzigung gefesselt war. Wir haben vorhin schon vom 14. September gehört, an dem viele Pilger ins Troodos Gebirge kommen und natürlich begutachten die dann auch diese Reliquie. Und das tun wir jetzt auch und treten durch die schwere Holztür. Der Innenraum ist sehr hell, auffallend sind sofort die Holzschnitzereien und die goldene Wand mit den alten Ikonen. In einem goldenen verschnörkelten Rahmen finden wir schließlich das Kreuz mit einem kleinen Guckloch, wo sich das Seil befindet. Durch die Seitentür verlassen wir die Kirche wieder und landen im Arkadenhof.
Nach einem Rundgang schlendern wir noch kurz in den Gassen herum und landen schließlich wieder am kopfsteingepflasterten Dorfplatz. Einige unserer Reisekollegen sitzen in einem Kafenion, einem traditionellen Kaffeehaus oder einer Taverne und lassen sich kühle Getränke schmecken. Wir spazieren zurück zur George´s Bakery und verkosten die einheimischen Köstlichkeiten. Verschiedene Sorten an Gebäck und Brot, einheimische Süßigkeiten, Granatapfelsirup, Honig, Rosenlikör, Obst und vieles mehr wird hier angeboten. Wir sind aber neugierig auf den Johannisbrot-Sirup und nur weil er so gesund sein soll, kaufen wir dann ein Flascherl. Die Verkäuferin bietet uns auch eine Kostprobe vom Sousoukos an, das ist ein einheimisches Konfekt, das eine lange Herstellung benötigt. Mandeln oder Walnüsse werden mit einem Sirup überzogen, der aus Traubensaft, Mehl und Rosenwasser gekocht wird. Die Nüsse werden zu einem zwei Meter langen Gebinde gereiht und das dann mehrmals Male in den Topf mit dem Sirup getaucht. Der Vorgang wird einige Tage lang wiederholt und dann die Kette getrocknet. Uns schmeckt das Konfekt nicht, dafür aber die Cashewnüsse, die mit Granatapfelsirup karamellisiert sind und von denen nehmen wir auch zwei Sackerl mit.
Es wird Zeit für den Rückweg zum Bus und eine lustige Begegnung machen wir da noch, als vor einem Geschäft zwei Katzen Liebe machen. Die Verkäuferin verjagt den liebestollen Kerl und erzählt uns, dass der Kater gerade kastriert wurde und dass er das nur noch nicht weiß.
Um 17:30 Uhr ist der Bus wieder geladen und wir treten die Rückfahrt zum Hotel an. Es ist sehr ruhig im Bus und einigen sind nach dem anstrengenden Tag die Augenlider schon zugefallen. Ich genieße den Blick aus dem Fenster und lasse die Landschaft an mir vorbeigleiten, die von der Abendsonne in ein goldenes Licht getaucht ist.
Plötzlich reißt Milena uns aus den Gedanken, weil ihr gerade einfällt, dass sie uns die Info geben möchte, dass ab heute bis Sonntag Karneval ist und die Leute teils verkleidet sind und auf den Gehsteigen Party gefeiert wird. Wenn wir Lust haben, dann sollen wir uns in das Getümmel mischen.
Wir sind aber sehr geschafft, als wir beim Hotel ankommen, genießen dann noch eine lange Dusche und nach dem Abendessen lassen wir den Tag faulenzend auf dem Bett ausklingen.