Nach der gestrigen Anstrengung treten wir heute etwas kürzer. Wir möchten die urigen Fischerdörfer ein wenig unter die Lupe nehmen. Der Reiseführer empfiehlt uns das kleine Örtchen São Jorge, das nur drei Kilometer von Santana Richtung Westen entfernt liegt. Nur – diese wenigen Kilometer haben es in sich; die reinste Bergwertung und dazu noch schmal und sehr  kurvig. Im Schneckentempo kriechen wir die Straße hoch, dass ich daneben Blumen vom Rand hätte pflücken können. Würde mich schon reizen, denn die Pracht ist unwiderstehlich.

In São Jorge gibt es laut Reiseführer die schönste Barockkirche der Insel. Sie liegt direkt am Platz und gleich daneben finden wir auch einen freien Parkplatz. Von außen wirkt die 1761 erbaute Kirche schon ein wenig heruntergekommen. Ein paar Kids sitzen vor der Kirche und spielen. Als wären wir Außerirdische erregen wir mit unserer Foto- und Filmkamera vollste Aufmerksamkeit. Das Tor steht offen und das ist auch gut so, denn es muffelt gewaltig. Die Barockelemente sind wirklich sehr beeindruckend, aber schön, das ist sehr subjektiv. Das düstere Innere wird durch den goldenen Altar aufgehellt, aber uns ist das alles zu wuchtig und protzig. Am linken Seitenaltar steht zudem noch eine Madonna, rundherum beleuchtet und mit reichlich Blumenschmuck verziert. Die Wandfliesen sind schon sehr angeschlagen und einen Frühlingsputz würde die Kirche auch dringend benötigen. Das einzige Highlight für uns sind die Kinder, die mit einer Pastoralassistentin einziehen, vor der Madonna Platz nehmen und zu singen beginnen. Sie blicken sich immer wieder nach uns um und wir lächeln ihnen zustimmend zurück. Nach dem Gesang ziehen sie sich in die Sakristei zurück. Wir verlassen die Kirche und nach einem letzten Blick zurück, fahren wir weiter.

Die kurvige Strecke findet ihre Fortsetzung bis Arco de São Jorge. Die Fahrt ist zwar anstrengend, aber das, was uns dafür geboten wird, ist Ausgleich genug. Berge neben uns, Berge hinter uns und Berge vor uns. Die seitlichen Terrassen sind bewachsen mit Felder und Blumenteppichen. Wahrlich eine Fahrt durch einen botanischen Garten! Das Örtchen selbst besteht aus ein paar Häusern neben der Straße und dem berühmten Rosarium. Mehr als 1.700 verschiedene Arten von Rosenstöcken, darunter auch sehr alte, sind hier zu bestaunen. Es handelt sich somit um eine der größten Kollektionen Portugals. Da die Öffnungszeiten mit jenen im Reiseführer nicht überein stimmen, müssen wir im wahrsten Sinn des Wortes eine Stunde totschlagen. Es gibt hier nämlich sonst nichts zu besichtigen. Wir schlendern die Durchzugsstraße auf und ab, gucken über die Gartenzäune und aalen uns ein wenig in der Sonne. Dann endlich kommt eine Dame und öffnet das Tor. Schon am Eingang empfangen uns der herrliche Duft und das farbenprächtige Blütenmeer. Rosen in allen Farben zeigen sich von der schönsten Seite, von weiß beginnend, über rosa, rot, orange, gelb bis hin zu lila. Wir sind hin und weg von der Vielfalt der Präsentation als Hecke, über Rosenbögen und dekorative Töpfe. Der Park wird noch von Statuen, Lauben und einem Brunnen aufgelockert. Die warme, duftende  Luft und das Gezwitscher der Vögel lassen uns die Zeit total vergessen. Und bevor wir das Rosarium verlassen, ruhen wir uns noch ein wenig im Schatten in gemütlichen Sesseln aus.

Auf dem Rückweg halten wir bei einem Miradouro, einer Aussichtsplattform, weil man von dort oben wunderbar auf Arco de São Jorge hinuntersieht. Der Ort liegt auf einer Landzunge, die weit ins Meer hineinragt. An der Schutzmauer wuchern die eleganten, weißen Madonnenlilien und viele Eidechsen genießen die Sonne. Ein Bauer steht mit seinen Kisten voll mit Obst am Straßenrand und lässt uns Anonas verkosten.

Mit etwas Mühe schaffen wir es, uns wieder in den Verkehr einzureihen. Das Fahren auf Madeiras Straßen ist zeitweise sehr abenteuerlich. Dass ein Auto Blinker besitzt, die man auch verwenden soll, das wissen sehr viele nicht. Auch von Abstand halten dürften sie noch nichts gehört haben. Und obwohl die Straßen oft sehr schmal sind, hindert dies viele nicht, ihr Auto auf der Fahrbahn zu parken. Am mörderischsten sind aber die Auffahrten auf die Autobahn. Die sind meistens so kurz, dass man anhalten muss, um keinen Unfall zu produzieren. Dann heißt es von Null auf Hundert in 5 Sekunden, um den flüssigen Verkehr nicht zu behindern!

Am Ortsrand von Santana befindet sich der relativ neu errichtete Parque Temático Madeira. Wir kennen solche Freiluftparks schon von anderen Ländern und waren bisher immer voll begeistert. Es erscheint uns hier aber etwas komisch, dass schon am Parkplatz nichts los ist. Aufgrund eines Gutscheines, den wir von Hertz bekommen haben, bezahlen wir „nur“ acht Euro Eintritt. Gleich neben dem Eingang gibt es auf dem 7 ha großen Gelände einen Teich, auf dem Bootsfahrten angeboten werden.

Davor hat man zwei Santanahäuschen zur Besichtigung aufgebaut. In mehreren Ausstellungsgebäuden wird über die Entstehung der Insel informiert oder man kann auch per 3D-Animation einen Vulkanausbruch nachvollziehen. In kleineren Gebäuden werden alte Arbeitsgeräte ausgestellt. Eigentlich sollten laut Prospekt da Handwerker sitzen und ihr Können vorführen, aber anscheinend sind ausnahmslos alle in der Mittagspause. Wir erkennen bald, dass wir da auf einen Touristennepp reingefallen sind. Dementsprechend uninteressiert setzen wir unsere Runde fort. Für die Kinder gibt es Spielplätze, ein Labyrinth, einen Bimmelzug und einen Bungee-Jumping-Platz. Also ein überteuerter Kinderspielplatz! Selbst die Lasagne für zehn Euro, die wir uns in einem Restaurant gönnen, schmeckt überhaupt nicht. Gleich nach dem Essen beschließen wir den Park zu verlassen und versuchen ihn  so schnell als möglich aus unserem Gedächtnis zu streichen.

Was machen wir jetzt mit dem angebrochenen Nachmittag? Wir blättern im Reiseführer und entscheiden uns dann für Machico, der ältesten Stadt Madeiras. Nicht weit von der Altstadt entfernt finden wir auf Anhieb einen Parkplatz. Machico ist ein nettes Städtchen zum Bummeln und Flanieren durch die schmalen Gassen. Blöd nur für uns, dass heute Sonntag ist und von den vielen, kleinen Geschäften kein einziges offen hat. Einzig an der Strandpromenade gibt es ein paar Cafés und fahrende Kioske. Wir setzen uns gemütlich auf eine Bank und beobachten die Menschen und das Treiben rundherum. Ein junges Pärchen sonnt sich auf dem Strand, der aus großen, bunten Steinen besteht. Da diese schönen Steine bei mir großen Gefallen finden, packe ich mir ein paar Exemplare davon in den Rucksack. Die passen sicher – neben denen vom Tessin – wunderbar  in unseren Steingarten.

Von unserem Platz aus haben wir gute Sicht auf einige Fischer, die ihr Glück versuchen. Machico wurde zum Fischerdorf, nachdem der Zuckeranbau nicht mehr lukrativ war. Am Hafengelände befindet sich eine kleine Werft. Direkt daneben wurde eine hypermoderne Brückenkonstruktion errichtet. Passt irgendwie nicht in dieses alte Zentrum, auf der anderen Seite verleiht es ihr aber einen modernen Touch. Auch der Fortaleza do Amparo (1708), einer von drei Festungen, die errichtet wurden, um die Stadt gegen Piratenangriffe zu schützen, hat man einen modernen gelben Anstrich verpasst. Sie ist umgeben mit einem kleinen, aber schönen Seerosenteich. Eine Zeitlang sehen wir den Jungs zu, wie sie sich mit den Fröschen spielen. Die Festung wird auf der anderen Seite von einer wunderschönen Platanenallee flaniert und die spendet herrlichen Schatten. Heute beherbergt die Festung die Tourist Information, die aber geschlossen ist. Es scheint heute nicht unser Tag zu sein und daher werden wir langsam etwas lustlos.

Wir schlendern noch ein wenig durch die Straßen, sehen schöne Flammenbäume und einen Baum mit roten Blüten und die Äste voll mit gefährlich wirkenden Stacheln. Mal sehen, ob wir noch herausfinden, wie der heißt und woher der kommt!

Das Zentrum der Altstadt ist die Pfarrkirche aus dem 17. Jahrhundert mit ihrer barocken Ausstattung. Obwohl es im Reiseführer heißt, dass sie meistens verschlossen ist, sind die Tore einladend offen. Ein komischer Geruch steigt uns schon am Eingang entgegen – vielleicht kommt das vom Mittel zum Einlassen der Kirchenbänke. Apropos Bänke, sie sind nur für sehr schlanke Leute gedacht, denn zwischen den Sitzflächen sind Armlehnen angebracht und die sind so eng, dass ein 100-Kilo-Mensch stecken bleiben würde! Das Innere ist dunkel, aber die hölzerne Decke ist bunt bemalt. Der Altar ist cremefärbig-golden gehalten, sodass man dadurch ein paar helle Akzente geschaffen hat.

Also, man braucht nicht wirklich lange, um Machico zu besichtigen, aber der Ort ist gemütlich mit seinen netten Sträßchen und Plätzen. Lohnenswert ist es allemal dem Ort einen Besuch abzustatten.

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